Statt ins Pflegeheim in die ambulante betreute Wohngemeinschaft - in Rottendorf, nahe dem Ortszentrum, entstehen gerade zwei solcher Senioren-WGs für jeweils zehn pflegebedürftige Bewohner. Das Angebot schließt die Lücke zwischen ambulanter und stationärer Betreuung alter Menschen und könnte zum Modell für den gesamten Landkreis werden, sagt Landrat Thomas Eberth. Auch deshalb hat Bauträger Peter Greiner schon während der Planungsphase eng mit dem Kommunalunternehmen des Landkreises (KU) und Pflegefachleuten zusammengearbeitet.
Die beiden Wohngemeinschaften sind Teil einer Seniorenwohnanlage mit 26 Eigentumswohnungen. Eine der beiden WGs hat die Gemeinde Rottendorf gekauft, die zweite will Greiner selber behalten. Jeweils zehn Ein-Zimmer-Appartements mit Naßzelle gruppieren sich um den großzügigen Gemeinschaftsbereich. Vor dem Haus wird ein Garten sein. Das Kommunalunternehmen organisiert die Vermietung der Appartements und begleitet den laufenden Betrieb, beispielsweise mit Veranstaltungen.
Die Bewohner leben gemeinsam und entscheiden selbst über ihren Alltag, sagt Alexander Schraml, Vorstand des Kommunalunternehmens. Ein Gremium, in das auch die Angehörigen einbezogen sind, entscheidet beispielsweise über das Haushaltsgeld und darüber, ob selbst gekocht oder ein Lieferservice in Anspruch genommen wird. Unterstützt werden die Bewohner von einer Betreuungskraft. Pflegerische Leistungen werden von einem ambulanten Dienst erbracht, über den jeder Bewohner frei entscheiden kann. Durch die Verzahnung von Pflege und Betreuung stehe nahezu rund um die Uhr eine Hilfsperson zur Verfügung, so Schraml.
Uwe Kinstle, Mitglied im Regionalvorstand der Johanniter-Unfallhilfe, sieht in Senioren-WGs eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Angeboten, die sich vor allem an Menschen mit geringem Pflegebedarf richtet. "Wohngemeinschaften schließen die Lücke, die zwischen ambulanter und stationärer Pflege noch klafft", sagt er. Zielgruppe seien beispielsweise ältere Menschen, die mit den Alltagsanforderungen ihrer häuslichen Umgebung überfordert sind, aber noch keiner intensiven Betreuung in einer stationären Einrichtung bedürfen. In der häuslichen Gemeinschaft der WG finden sie darüber hinaus Anschluss an die Gemeinschaft und können ihr Leben frei gestalten. Selbst ihre eigenen Möbel können sie in die WG mitbringen.
Bauträger Peter Greiner ist überzeugt von dem Konzept. "Es reicht weit in die Fähigkeiten eines Pflegeheims hinein, ohne dass es eine große klinikähnliche Einrichtung ist", sagt er, "es ist eine menschliche Form der Betreuung." Auch von Fachkräften werde diese Form der Pflege geschätzt, sagt Uwe Kinstle. "Trotz des allgemeinen Mangels an Pflegekräften hatten wir kein Problem, Mitarbeiterinnen für die WGs zu finden."
Rottendorfs Bürgermeister Roland Schmitt begrüßt die Einrichtung als Ergänzung zum ambulanten Pflegedienst, dem benachbarten Pflegeheim und den Service-Wohnungen in der Gemeinde. "Es ist uns wichtig, alle Wohn- und Betreuungsformen für Senioren anzubieten."
Als Adressaten des Angebots sieht Landrat Thomas Eberth aber vor allem kleinere Gemeinden, in denen es bislang solche Angebote nur in unzureichender Form gibt. "Für uns ist es spannend zu erfahren, ob das ein Zukunftsmodell ist, das wir gemeinsam mit einem Bauträger auch in anderen Gemeinden ausrollen können", so Eberth. Mehrere Anfragen dazu gebe es bereits.
Inzwischen habe auch der Gesetzgeber die Vorteile von ambulant betreuten Wohngemeinschaften erkannt, so Alexander Schraml, und gewähre den Bewohnern einen monatlichen Zuschlag zum Pflegegeld von 214 Euro. Wie teuer ein Wohnplatz pro Monat sein wird, lasse sich gegenwärtig noch nicht exakt beziffern. Der Preis liege aber in jedem Fall unter dem eines stationären Pflegeplatzes. Außerdem könnten auch Bewohner von Senioren-WGs Leistung der Sozialhilfe in Anspruch nehmen, wenn Rente und Pflegegeld nicht ausreichen.
Im kommenden Frühjahr sollen die beiden Wohngemeinschaften bezugsfertig sein. Die ersten Bewerbungen lägen bereits vor, so Tobias Konrad von der Stabsstelle Senioren des Kommunalunternehmens.