Der gebürtige Aschaffenburger Jörg Jaegers arbeitet in Mainz als selbständiger Therapeut mit traumatisierten Menschen – vor allem mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs. Der Experte plant derzeit ein Buchprojekt und hat bereits vor Jahren bei einem Besuch in Würzburg über seine Arbeit mit Betroffenen gesprochen. Aufgrund seiner Erfahrungen als Heilpraktiker in Psychotherapie ist er überzeugt: Es gibt Menschen, deren Traumatisierung auf rituellem Missbrauch beruht. Dieser Vorwurf wird auch den Erlöserschwestern in Würzburg gemacht, die bis in die 1990-er Jahre in der Wickenmayerschen Kinderpflege Mädchen und Jungen betreut haben. Dass es rituellen Missbrauch gibt, ist jedoch umstritten.
Im Gespräch erzählt der 61-Jährige, was ihm Betroffene von ihrem Leidensweg berichtet haben, etwa im früheren Hänsel-und-Gretel-Heim in Oberammergau. Kinder wurden dort von den Niederbronner Schwestern betreut, die auch in Speyer tätig waren. Sie sind durch ihre gemeinsame Gründerin Elisabeth Maria Eppinger mit den Würzburger Erlöserschwestern verbunden. Jaegers geht von einem Netzwerk zwischen Schwestern und Geistlichen aus.
Jörg Jaegers: Es gibt eindeutig rituellen Missbrauch!
Jaegers: Es gibt verschiedene Definitionen, ich würde sagen: Jeder sexuelle Missbrauch, der in wiederholter Weise nach einem bestimmten Muster und in Verbindung mit bestimmten Ritualen einhergeht, ist ritueller Art.
Jaegers: Ein Beispiel: Ein Mädchen wird in einen Raum geführt. Dort stehen schwarz gekleidete Männer mit Strumpfmaske über dem Kopf. Das Mädchen muss sich auf einen Tisch legen, wird festgebunden und darf keinen Ton von sich geben. Dann werden bestimmte Dinge gesagt. Das können Gebete sein, aber auch andere Sprüche. Und dann wird das Kind einer bestimmten Abfolge entsprechend sexuell missbraucht – auch mit Gegenständen.
Jaegers: Das sind die Berichte von Betroffenen. Mit der Nutzung des Konzeptes des Teufels wurden die ehemaligen Kinder des Hänsel-und-Gretel-Heims in Oberammergau oder des Heims in Feldafing indoktriniert. Dort soll der Gemeindepfarrer Kinder missbraucht haben – im Heim und in der Sakristei. Die Betroffenen, die ich betreue, schildern verschiedenste Szenarien und wurden systematisch für solche Missbrauchsformen abgerichtet.
Jaegers: Die Kinder wurden regelrecht programmiert. Es wurde ihnen immer wieder Schmerz zugefügt, sodass sie in einen Schockzustand geraten. Es wurden zum Teil Drogen eingesetzt, sodass sie alles nur in einem Trance-Zustand erlebten. Sie wurden nicht als Menschen behandelt, sondern zu einem Etwas entwertet.
Jaegers: Das betraf auch nur Kinder, die schutzlos waren, also ohne Verwandte, und die nie oder kaum Besuch hatten. Diese Kinder sind extrem bedürftig und leicht zu manipulieren. Für Täter war es leicht, diese Opfer für perfide Sachen abzurichten und für ihre Zwecke auszubeuten.
Jaegers: Das ist immer noch ein Tabuthema. Aber Betroffene erzählen von Ordensschwestern, die sie ebenso missbraucht hätten wie Mönche und Priester. Und oft seien sie gemeinsam daran beteiligt gewesen. Oder von Schwestern, die es wussten und billigten.
Jaegers: In meiner langjährigen Laufbahn hatte ich etwa mit zehn Betroffenen zu tun. Die Begleitung ist sehr aufwändig. Man muss genau wissen, was man wann wie überhaupt ansprechen kann. Denn auch Gefühle können programmiert sein. Ebenso Gedanken oder Handlungen.
Jaegers: Diese Menschen sind sehr stark dissoziiert. Es gibt starke Abspaltungen. Therapeuten müssen ein Bewusstsein für dieses Thema haben und wissen, welche Implikationen ritueller Missbrauch hat, also wie sehr jemand von sich selbst entfremdet werden kann.
Jaegers: Als Therapeut kann ich nicht wissen, ob das, was der Klient mir sagt, wahr ist oder nicht. Ich kann das authentisch finden oder nicht. Für mich ist das Entscheidende, wenn ich mit Menschen traumatische Dinge aufarbeite, dann muss ich in seiner gelebten Wirklichkeit etwas verändern. Ich muss ihm die Möglichkeit geben, in einem neuen Selbstverständnis Dinge anzugehen, die vorher gar nicht möglich waren. Beispielsweise, wenn sich jemand immer einen Partner gewünscht hat und das bislang nicht ging. Solche nachhaltigen Zugänge zu einer neuen Lebensweise, zu neuem Verhalten oder Gestaltungsmöglichkeiten, die vorher nicht da waren, so etwas ist nur möglich, wenn ich Wahrheit bewege. Wenn ich nur Illusionen berühre, also 'False Memory', dann würde das nicht stattfinden. Ich kann keine nachhaltige Veränderung im Leben bewirken, indem ich eingebildete Dinge bewege. Das funktioniert nicht.
Jaegers: Viele wurden sogar zu Schwachsinnigen erklärt und auch als solche behandelt und so in eine Ohnmachtssituation hineingetrieben. Deshalb gaben viele auf, haben sich umgebracht oder landeten in der Kriminalität.
Jaegers: Nein, mit den beiden Würzburger Betroffenen stehe ich nur in losem Kontakt.
Jaegers: Es gibt Betroffene aus Oberammergau oder Speyer, die erst mal gar nichts miteinander zu tun hatten, die aber sagen, dass sie von den gleichen Nonnen missbraucht wurden. Ob es Verbindungen von Würzburger Heimkindern nach Oberammergau gibt, muss noch verifiziert werden. Es gibt aber Hinweise aus dem Betroffenenkreis.
Darum geht es hier doch schließlich!
Es sollte doch so laufen, dass nach genauen juristischen Regeln alle Fälle aufgenommen und beurteilt werden. Ebenso muss den "Täternj", also den Beschuldigten erlaubt sein alle - auch juristische Möglichkeiten - zu ergreifen, um sich selbst verteidigen zu können.
Beschuldigte werden einer Art Schweigegelübde unterworfen, während "Opfer" alle Möglichkeiten - auch alle Medien - ergreifen können, um sich und ihre Meinung nach außen zu tragen. Zu diesem >Verhalten tragen Medien bei und wollen es wohl auch im Sinne der für sie bezahlt machenden Meinungsäußerung. Das Gesamt des Kindesmissbrauches das bei ca. 14.000 Fällen pro Jahr liegt und damit jede Vorstellungskraft sprengt wird seitens der der Medien nur sehr gering wahrgenommen. Bleibt die Frage nach dem Warum???
Zu den Zahlen: es werden pro Jahr ca. 13 ooo Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche polizeilich angezeigt und verfolgt. Die bilden sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik ab und werden Hellfeld genannt. Das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches höher. In Deutschland leben laut Dunkelfeldrechnungen 1 Million Kinder und Jugendliche, die im strafrechtlichen Sinne Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, viele davon werden fortwährend sexuell missbraucht. Die Dunkelfeldraten unterlagen über Jahrzehnte keinen großen Schwankungen. Insofern ist jede 8. erwachsene Person in unserem Land ein Missbrauchsopfer (knapp 13 %).
2018 erstellte ein Fachkreis im Auftrag des Bundesfamilienministeriums eine Stellungnahme, die unter dem Titel "Expertise zu sexualisierter Gewalt in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen" frei im Netz abgerufen werden kann.
Und das Ganze im Namen der Kirche.
Abschlussbericht, Abschnitt „Beschuldigte mit höherem Kirchenamt bei Ersttat – Diskussion“ S. 274)
D.h. wir sollten bei in der Hierarchie aufgestiegenen Klerikern mit einer erhöhten Rate an Missbrauchstätern rechnen. Es werden auch solche darunter sein, die es bevorzugen, ihre sadistische Sexualorientierung in der Gruppe in Form ritueller Gewalthandlungen auszuleben.