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Aub
Restaurierungsprojekt mit Herz: Handwerker-Paar rettet ehemalige Synagoge in Aub vor dem Abriss
Mehr als 30 Jahre stand das Haus an der Hauptstraße leer. Doch Anna-Maria und Andreas Heck wollen dem Gebäude wieder Leben einhauchen. Was die neuen Eigentümer vorhaben.
Anna-Maria und Andreas Heck wollen die einsturzgefährdete ehemalige Synagoge in Aub wieder auf Vordermann bringen.
Foto: Daniel Peter | Anna-Maria und Andreas Heck wollen die einsturzgefährdete ehemalige Synagoge in Aub wieder auf Vordermann bringen.
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 09.04.2025 02:38 Uhr

Die Fenster zur Straße hin sind verrammelt. Auf der anderen Seite des Hauses fehlt die komplette Wand und gibt den Blick frei auf das Innenleben – wie bei einem riesigen maroden Puppenhaus. Die sogenannte "Alte Synagoge" in Aub ist in einem miserablen Zustand, das ist unschwer zu erkennen. Eisenstützen bewahren das alte Gebäude vor dem Einsturz. "Das ist schon ein riesiges Projekt", gibt Andreas Heck zu. 

Der 38-Jährige und seine Frau Anna-Maria lassen sich davon nicht einschüchtern. Sie wollen aus dem historischen Gebäude, das bis ins Jahr 1743 der jüdischen Gemeinde als Synagoge diente, zu ihrem Wohnhaus machen.

Die ehemalige Synagoge in Aub  befindet sich seit Jahren in einem schlechten Zustand und sollte eigentlich abgerissen werden. 
Foto: Daniel Peter | Die ehemalige Synagoge in Aub  befindet sich seit Jahren in einem schlechten Zustand und sollte eigentlich abgerissen werden. 

Bisher braucht es viel Vorstellungsvermögen, sich das alte Haus als gemütliches Heim vorzustellen. Das Gebäude, das die Hecks im vergangenen Jahr gekauft haben, stand seit mehr als 30 Jahren leer und ist im Laufe der Zeit zusehends heruntergekommen.

Die Alte Synagoge sollte abgerissen werden

Die Folie, die den Dachstuhl des historischen Gebäudes überspannt und das Haus vor Regen schützt, taucht die Innenräume in gedämpftes grünes Licht. Erst seit wenigen Wochen kann es gefahrlos betreten werden, davor galt die Alte Synagoge als einsturzgefährdet. Der Freistaat Bayern, der das Gebäude vorher besaß, wollte es abreißen lassen.

Mittlerweile ist die Notsicherung abgeschlossen. "Der Dezember war ganz schön kritisch. Da hat es richtig gestürmt und der obere Teil war noch gar nicht gesichert", sagt Heck. "Vor der Notsicherung mussten wir quasi eine Not-Notsicherung machen."

Das Ehepaar Heck will so viel wie möglich von der alten Bausubstanz erhalten.
Foto: Daniel Peter | Das Ehepaar Heck will so viel wie möglich von der alten Bausubstanz erhalten.

Für die Hecks ist die alte Synagoge nicht das erste Restaurierungsprojekt dieser Art, aber wohl das umfangreichste. Das Ehepaar, das ursprünglich aus Sonderhofen stammt, ist selbst beruflich im Handwerk verwurzelt. Andreas Heck ist gelernter Holzbildhauer und Metallbaumeister, Anna-Maria Heck ist ebenfalls Holzbildhauerin und Musikerin. Beide verbindet eine Leidenschaft für Altbauten und traditionelle Materialien.

Eine Leidenschaft für traditionelles Bauen

"Wir haben uns das immer mehr angeeignet", sagt der 38-Jährige. Die Begeisterung ist ihm anzumerken, wenn er von Kalkputz, Kaseinfarben und Lehm spricht. Allesamt Materialien, die kaum noch zum Einsatz kommen. "Mittelalter wird oft belächelt. Aber es steht halt immer noch", sagt Heck. Noch dazu seien traditionelle Baustoffe oft nachhaltiger und brächten ein gutes Wohnklima mit sich. "Es ist einfach schön, wie viel man mit einfachen Mitteln erreichen kann", erklärt er seine Leidenschaft.

Zwei andere alte Häuser – eines in Bad Königshofen, eines in Kitzingen – hat das Paar ganz alleine wieder instand gesetzt. Diesmal ist das anders. "Ohne Zimmermann wäre der Dachstuhl nicht gegangen und auch die Lehmarbeiten später einmal sind ein größeres Projekt", sagt der Handwerker und betont, welch großes Glück es sei, dass er und seine Frau auf die richtigen Leute getroffen seien.

Vor Andreas und Anna-Maria Heck liegt noch jede Menge Arbeit. Das Ehepaar verbringt jede freie Minute auf der Baustelle.
Foto: Daniel Peter | Vor Andreas und Anna-Maria Heck liegt noch jede Menge Arbeit. Das Ehepaar verbringt jede freie Minute auf der Baustelle.

Und noch etwas ist für die Hecks diesmal neu. Die vorherigen Male haben sie Häuser für andere saniert, das Gebäude in der Auber Hauptstraße hingegen wollen sie einmal selbst bewohnen. Wohnräume, eine Werkstatt und ein Musikstudio sollen entstehen.

Entrümpelung und Sicherungsarbeiten haben im Juni begonnen

Bis es so weit ist, sind allerdings noch viel Geduld und vor allem viele Stunden Arbeit gefragt. Er rechne mit etwa sieben Jahren, bis das Gebäude einmal fertig ist, sagt Heck. Denn dafür bleiben nur die Wochenenden und die Zeit nach Feierabend. "Das ist schon nicht ganz leicht, sich immer wieder aufzuraffen", sagt er. Die letzten Monate hätten einem wahren Marathon geglichen.

Mit ersten Entrümpelungs- und Sicherungsarbeiten haben die beiden im Juni begonnen. "Hier waren Baumaterialien, Schutt und ein paar Möbel", zählt Heck auf, was sie im Inneren des Hauses vorgefunden haben. Mittlerweile ist davon nicht mehr viel zu sehen. Glücklicherweise hätten die Vorbesitzer kaum selbst provisorisch Hand angelegt, sagt der Bauherr. Denn Ausbesserungsarbeiten etwa mit Gipskarton- und Pressspanplatten könnten langfristig der alten Bausubstanz schaden.

Dass das Haus früher als Synagoge diente, ist ihm ebenfalls nicht anzusehen. Bislang hätten sie auch bei den Arbeiten noch keine Hinweise auf die Vergangenheit gefunden, sagt Heck. "Das wird sich über die ganze Bauphase Stück für Stück noch zeigen." Als Nächstes soll das Fundament gemeinsam mit dem Auber Archäologen Markus Schußmann näher untersucht werden, bevor es an die Planungsphase geht. 

Mit etwa sieben Jahren rechnet Andreas Heck, bis die Sanierungsarbeiten fertig sind.
Foto: Daniel Peter | Mit etwa sieben Jahren rechnet Andreas Heck, bis die Sanierungsarbeiten fertig sind.

Denn bislang stehen viele Details, wie etwa die Raumaufteilung, noch nicht fest. Das hänge unter anderem davon ab, welche Balken und Decken sich noch in einem guten Zustand befinden, sagt Heck. "Wir versuchen immer, so viel es geht zu erhalten und darauf dann aufzubauen." Ein Neubau komme für ihn deshalb nicht infrage. "Das ist langweilig", sagt er und grinst.

Ehepaar ist durch Zufall auf die Alte Synagoge gestoßen

An die Alte Synagoge sind Anna-Maria und Andreas Heck quasi per Zufall gekommen. Eigentlich habe ihr Interesse einem anderen leerstehenden Gebäude gegolten, das die Stadt Aub über das Projekt "Auf.Mass" zu vermitteln versuchte, berichtet der Handwerker. Doch der Eigentümer habe kurzfristig seine Meinung geändert und beschlossen, doch nicht zu verkaufen.

Noch bis vor kurzem galt das Gebäude als einsturzgefährdet. Mittlerweile sind die Sicherungsarbeiten abgeschlossen.
Foto: Daniel Peter | Noch bis vor kurzem galt das Gebäude als einsturzgefährdet. Mittlerweile sind die Sicherungsarbeiten abgeschlossen.

Also musste die Suche weitergehen. Da sei er zufällig beim Vorbeifahren auf die Alte Synagoge aufmerksam geworden, so Heck. "Das Haus hat mich von dem Zeitpunkt an nicht mehr losgelassen." Doch am Ende gehe es ihm nicht nur darum, sich selbst zu verwirklichen. "Das soll ein Projekt mit Mehrwert sein", sagt er. Schließlich bleibe Aub mit der Alten Synagoge ein historisches Gebäude erhalten, das sonst wohl für immer verschwunden wäre.

Denkmalbörse in Aub

Die Stadt Aub hat vor einigen Jahren das Projekt "Auf.Mass" gestartet, um leerstehende historische Gebäude an den Mann oder die Frau zu bringen. Durch das Projekt sollen potenzielle Käufer auf einfachem Weg alle nötigen Informationen über ein Haus bekommen und erfahren, was realistisch damit anzufangen ist.
Bei der Denkmalbörse am Sonntag, 6. April, können sich Interessierte über die Gebäude informieren, die Teil des Projekts sind. Um 12 Uhr werden in der Alten Schule, Kirchplatz 4, abgestimmte Planungsideen vorgestellt. Von 13 bis 17 Uhr sind folgende Gebäude zur Besichtigung geöffnet: 
  • Etzelstraße 15, Aub
  • Alte Schule, Kirchplatz 4, Aub
  • Marktplatz 19, Aub
  • Marktplatz 19, Aub
  • Altes Rathaus, Kirchgasse 2, Baldersheim
Quelle: Stadt Aub
 
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  • Fabian König
    Ich kann gar nicht zum Ausdruck bringen, wie sehr mich dieser Artikel freut! Die Bauherren sind ein echtes Vorbild - genau solche Leute bräuchte jede Stadt und jedes Dorf, damit auch in Zukunft der Charme und das charakteristische Ortsbild in den Städten und Dörfern landauf, landab erhalten bleibt. So ein Engagement gehört ausgezeichnet! Es dient als Beispiel und Ansporn, dass JEDES Haus erhalten werden kann, wenn man will.

    Allzu oft entledigen sich leichtfertig die Gemeinden ihrer eigenen Geschichte und die Hauserben der mitunter einzig verbliebenen Hinterlassenschaften ihrer Vorfahren. Ein Bravo und ein dickes Dankeschön an das junge Ehepaar Heck, die genau dies verstanden haben und etwas dafür tun, dass die Erbauer nicht auf ewig gestorben sind. Danke! <3
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