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Würzburg
Die Gas-Preise in Würzburg steigen vermutlich noch höher
Wie regionale Gasversorgungsunternehmen in Stadt und Landkreis Würzburg mit den explodierenden Energiepreisen umgehen und was sie ihren Kundinnen und Kunden raten.
Erdgas-Kunden in der Region Würzburg werden auch in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Preisen rechnen müssen.
Foto: Patrick Pleul (dpa) | Erdgas-Kunden in der Region Würzburg werden auch in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Preisen rechnen müssen.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:56 Uhr

"Wir haben alle von steigenden Energiepreisen gelesen, aber wenn du einen Brief von deinem Versorger kriegst, bist du trotzdem erst mal geschockt", erzählt ein Leser aus dem Landkreis Würzburg der Redaktion. Seinen Gasversorger hat er über ein Vergleichsportal im Internet gefunden und so über Jahre hinweg von Preisen profitiert, die unter denen der regionalen Grundversorgung lagen. Jetzt hat der Energiediscounter den monatlichen Abschlag von 150 Euro auf 450 Euro erhöht und damit in Aussicht gestellt, dass sich auch der Gaspreis verdreifachen wird.

"Ich bin aus allen Wolken gefallen", sagt der Besitzer eines Eigenheims, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. "Ich kann mir das noch leisten, aber stellen Sie sich einen Rentner vor oder eine Familie mit geringem Einkommen", meint er, "das war's dann mit dem Urlaub".

Nicht erst der Krieg in der Ukrainehat den Gasmarkt durcheinandergebracht. Schon die Vorboten der Krise hatten Ende vergangenen Jahres zu einem drastischen Preisanstieg auf den sogenannten Spotmärkten geführt, auf denen sich vor allem die Discountanbieter bedient hatten. Viele der Anbieter kündigten deshalb ihren Kundeninnen und Kunden oder gingen insolvent. Doch auch die regionalen Versorger mit längerfristigen Lieferverträgen sind von dem Preisanstieg betroffen, vor allem deshalb, weil sie gesetzlich verpflichtet sind, Kundeninnen und Kunden aus ihrem Grundversorgungsgebiet aufzunehmen.

"Die historisch hohen Marktpreise wirken sich massiv auf unsere langfristige Beschaffungsstrategie aus."
Kerstin Fellenzer, Sprecherin von N-ERGIE

"Die historisch hohen Marktpreise wirken sich massiv auf unsere langfristige Beschaffungsstrategie aus", sagt Kerstin Fellenzer, Pressereferentin des Nürnberger Versorgers N-ERGIE. Um die hohe Anzahl von Kundinnen und Kunden bedienen zu können, die infolge von Lieferstopps der Energiediscounter zu N-ERGIE gewechselt sind, müsse man die zusätzlich benötigten Mengen zu Tagespreisen einkaufen.

Zum Jahreswechsel hat N-ERGIE die Gaspreise für ihre Kundinnen und Kunden deshalb bereits um rund 15 Prozent erhöht, so Fellenzer. Außerdem nimmt der Versorger aktuell nur noch Neukundinnen und Neukunden aus seinem Grundversorgungsgebiet auf. Ein Vier-Personen Haushalt mit einem durchschnittlichen Gasverbrauch von 20 600 Kilowattstunden zahle damit aktuell 6,34 Cent pro Kilowattstunde brutto, oder monatlich 124,73 Euro. Nicht auszuschließen sei, dass der Preis im Jahresverlauf weiter angehoben werden muss.

4000 neue Kundinnen und Kunden bei der Gasuf

Die Gasversorgung Unterfranken (Gasuf) musste seit Oktober 2021 rund 4000 Neukundinnen und Neukunden aufnehmen, sagt Geschäftsführer Thomas Merker. Für den zusätzlichen Bedarf, der deshalb auf den Spotmärkten eingekauft werden muss, werden derzeit Preise bis zu 30 Cent pro kWh aufgerufen, so Merker, dreimal so viel wie noch vor einem Monat. Deshalb erhöht auch die Gasuf ihre Preise zum 1. April und nimmt aktuell keine Neukinnen und Neukunden aus fremden Versorgungsgebieten mehr auf. "Es nutzt uns doch nichts, wenn wir woanders Kunden gewinnen, und damit die Preise nach oben ziehen", sagt der Geschäftsführer, "wir wollen den Bestandskunden in dieser schwierigen Zeit beistehen."

Die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH WVV hat ihre Gaspreise letztmalig Anfang 2021 um rund fünf Prozent erhöht. Die Anpassung um 0,42 Cent auf 6,30 Cent pro kWh lag unter dem zum gleichen Zeitpunkt eingeführten CO2-Zuschlag, so Sprecherin Cornelia Wagner. Lange sei dieser Preis allerdings nicht mehr zu halten. Tarife ohne Preisgarantie während der Laufzeit werden zum 1. Mai steigen. Zum Jahreswechsel 2023 werden auch die übrigen Verträge nachziehen, so Wagner. Aus heutiger Sicht sei es sogar wahrscheinlich, dass die Preise im Jahresverlauf 2023 erneut angepasst werden müssen.

"Wir wollen den Bestandskunden in dieser schwierigen Zeit beistehen."
Thomas Merker, Geschäftsführer Gasuf

Vor allem unter den Geschäftskundinnen und -kunden beobachtet Cornelia Wagner derzeit eine Abkehr von Verträgen mit festen Laufzeittarifen. Die Kundinnen und Kunden hoffen auf eine Beruhigung des Marktes und auf sinkende Preise, sagt sie. "Wir gehen davon aus, dass wir einen ähnlichen Trend im Privatkundenbereich sehen werden", so Wagner weiter. Doch wie sollen sich Hausbesitzerinnen und -besitzer und vor allem Mieterinnen und Mieter in der gegenwärtigen Situation verhalten?

"Weder die Mieter noch die Vermieter können derzeit etwas gegen die hohen Preise tun, beide sitzen im gleichen Boot", sagt Jürgen Kirchner, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins Würzburg und Umgebung. Wichtig sei es, offen und frühzeitig über einen möglichen Anstieg der Mietnebenkosten zu sprechen, rät der Jurist. So sollte die monatliche Vorauszahlung rechtzeitig angepasst werden, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden. "Die meisten Mieterinnen und Mieter zahlen lieber übers Jahr mehr, um später keine böse Überraschung zu erleben", sagt Kirchner.

Vorauszahlungen sinnvoll anpassen

N-ERGIE-Sprecherin Kerstin Fellenzer rät Kundinnen und Kunden ebenfalls, ihre monatlichen Abschlagszahlungen anzupassen, um so hohen Nachzahlungen vorzubeugen. Etwaige Guthaben werden bei der nächsten Jahresabrechnung angerechnet. Grundsätzlich empfiehlt Fellenzer, den eigenen Energieverbrauch zu optimieren und dabei die Energieberatung in Anspruch zu nehmen, die das Versorgungsunternehmen ihren Kundinnen und Kunden kostenlos zur Verfügung stellt.

Auch aus Sicht von WVV-Sprecherin Cornelia Wagner ist Energiesparen kurzfristig das einzige Mittel gegen explodierende Gaspreise. Für Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer könnte langfristig eine Photovoltaikanlage mit angeschlossener Wärmepumpe die beste Lösung sein, um sich unabhängig von den globalen Energiemärkten zu machen.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Beitrags war fälschlicherweise zu lesen, dass die Gasversorgung seit Oktober 2002 rund 4000 neue Kundinnen und Kunden aufgenommen hat. Richtig ist Oktober 2021. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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