
Mindestens 1259 Beschuldigte, fast ausschließlich Männer, 2225 betroffene Kinder und Jugendliche: Das ist das Ergebnis der Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Lange Zeit wurde sexualisierte Gewalt als Problem der katholischen Kirche angesehen.
Unsere Autorin hat zu diesem Thema einen "Samstagsbrief" an Gisela Bornowski, Regionalbischöfin des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg, geschrieben. Bornowski schreibt in Ihrer Antwort: "Viel zu lange ging es nur um unsere Institution, anstatt das Leid der Betroffenen ernst zu nehmen."
Sehr geehrte Frau Jeske,
die am 25. Januar veröffentlichte und von Ihnen angesprochene unabhängige Studie über Missbrauch in evangelischer Kirche und Diakonie seit 1945 erschüttert mich zutiefst. Ich stehe fassungslos vor jedem Fall einer betroffenen Person. Sexualisierte Gewalt widerspricht der christlichen Grundhaltung, auch und gerade wenn sie von christlich auftretenden Personen ausgeübt worden ist.
Sie sprechen mich in Ihrem Samstagsbrief als Regionalbischöfin des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg und als Mitglied der Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an. Auf diesen Ebenen bin ich rechenschaftspflichtig. Die besagte Missbrauchsstudie hat darüber hinaus Akten von 19 weiteren Landeskirchen im Kirchenbund der EKD und vom gesamtdeutschen Diakonieverband ausgewertet. Für diese Ebenen bin ich als Regionalbischöfin nicht zuständig und kann hier keine Verantwortung übernehmen.
Ich bedauere sehr, dass wir in der EKD so lange gebraucht haben, um diese Studie gemeinsam in Auftrag zu geben. Unsere föderalistischen Strukturen haben da auch manches erschwert. Längst hätten wir hier tätig werden sollen. Und viel zu lange ging es nur um unsere Institution, anstatt das Leid der Betroffenen ernst zu nehmen. Wichtig ist bei dieser Studie vor allem die Sicht der Betroffenen, ihre Expertise, ihre Erfahrungen wahrzunehmen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Sie sollen uns helfen, künftig solche schlimmen Taten zu verhindern.
Weil Sie unser Interview ansprechen, das am 8.12. in Ihrer Zeitung erschienen ist: Die Gegenüberstellung von evangelischer und katholischer Aufarbeitung war nicht von mir ausgegangen. Niemals habe ich mich von der katholischen Kirche in irgendeiner Weise abgesetzt.
Meine Antwort zielte eher darauf, dass auch wir in der Evang.-Luth. Kirche in Bayern schon lange an dem Thema arbeiten. Seit 2010 ist es ständig auf der Tagesordnung. Es gibt z.B. unterstützende Hilfssysteme für Betroffene und eine Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt. Seit 2015 arbeitet die "Anerkennungskommission zur Gewährung von Leistungen in Anerkennung erlittenen Unrechts an Betroffene sexualisierter Gewalt". 2020 hat die Landessynode ein Präventionsgesetz beschlossen, das alle kirchlichen Mitarbeitenden zur Schulung und zur Meldung von Übergriffen verpflichtet.
Ich sagte nie, dass wir als evangelische Kirche besser dran wären, so wie es Ihr Samstagsbrief suggeriert. Als Evangelische haben wir enormen Aufholbedarf.
Aus der Unabhängigkeit der Studie folgt, dass ich genauso wie die anderen Mitglieder der Kirchenleitung erst am 25. Januar von den Ergebnissen erfahren habe; beim Interview Ende letzten Jahres kannte ich noch keine Resultate. Die hohe Zahl der betroffenen Personen sowie der Täterinnen und Täter hat mich sehr erschreckt. Aber es geht nicht um Zahlen: Jede Person, die sexualisierte Gewalt erlitten hat, leidet viele Jahre darunter und verdient unsere Zuwendung und Unterstützung.
Die Studie nennt keine Orte und Regionen. Ich schließe nicht aus, dass Übergriffe in unserer Region stattgefunden haben, von denen wir noch nichts wissen. Ich bitte Betroffene, denen Leid zugefügt worden ist, sich bei uns bzw. der Ansprechstelle (ansprechstellesg@elkb.de) zu melden.
Die Frage nach spezifisch evangelischen Risikofaktoren für sexualisierte Gewalt treibt mich jetzt um, etwa, dass eine vermeintlich progressive Enttabuisierung von Sexualität im Raum der Kirche das dahinter liegende Machtgefälle unsichtbar und damit Grenzüberschreitungen möglich gemacht hat. Die Studie schildert detailliert, wie eine starke Führungsrolle narzisstischer Persönlichkeiten, eine unreflektierte Machtausübung und der Aufbau manipulativer Beziehungen den psychischen und sexuellen Missbrauch ermöglicht hat. Diese Themen müssen nun aufgearbeitet werden.
Dass die Studie zu so erschütternden Ergebnissen geführt hat, zeigt auch, dass die durchgeführte Untersuchung der Disziplinarakten eine aussagekräftige Grundlage für die Analyse geboten hat. Die jetzigen Resultate sind kein Schlussstrich, sondern nur die Basis nachfolgender Forschungen, weiterer Studien und künftiger Aufarbeitungen.
Mit freundlichen Grüßen,
Gisela Bornowski
Menschen mit solchen Veranlagungen sind einfach nur krank und gehören vor der Allgemeinheit in Sicherheit gebracht. Vorallem aber müssen alle Hauptverantwortlichen
für diese Greueltaten bestraft werden, auch ihre oberen Bosse!
egal was hinterher dann für die Betroffenen dabei herauskommt.
Aber: man bricht in diesem Zusammenhang jetzt nicht mehr nur auf die katholische Kirche zu schauen, anscheinend ist es bei der evang. Kirche nicht besser. Ich frage mich eigentlich warum: dort haben die Männer doch alle die Möglichkeit zu heiraten. Jeder Missbrauchsskandal ist einer zuviel, und wenn es sich in diesen Höhendimensionen bewegt, ob bei ev. oder kath. Kirche, ob in Sportvereinen oder sonstigen öffentlichen Räumen, wie so können sich Männer nicht selbst