
Es ist noch mitten in der Nacht und stockdunkel, als Winzermeisterin Elke Röder aufsteht. Bereits um fünf Uhr sind alle Vorbereitungen getroffen und die achtköpfige Truppe aus Freunden und Familie steht im Weinberg. Alle seien "ganz wild drauf", bei der seltenen Eisweinlese mitzumachen – trotz der Temperatur von unter minus sieben Grad. So kalt muss es mindestens sein, damit der Eiswein gelingen kann.
Ausgerüstet mit Rebscheren und warmer Kleidung machen sich die Helfer daran, die 1800 Quadratmeter große Fläche mit Spätburgunder-Trauben abzuernten. Nur die Beeren, die noch am Stock hängen, werden verwendet. Mit besonderer Vorsicht schneidet das Team die Trauben ab. Es passiere schnell, dass nur durch die Berührung mit der Schere ein paar der hart gefrorenen Beeren herunterfallen, sagt Röder.
Eine Hand wäscht die andere
Um ausreichende Sicht kümmert sich die Freiwillige Feuerwehr. Die hat das Problem, dass viele ihrer Mitglieder auswärts arbeiten und im Fall eines Einsatzes erst anfahren müssen. Man verlasse sich deshalb auf die Winzer unter ihnen, die ihre Arbeitsstellen im Ort haben, sagt Elke Röder. Im Gegenzug helfe die Feuerwehr den Winzern, ganz nach dem Motto: Eine Hand wäscht die andere. Zwei Fahrzeuge, bestückt mit Lichtmasten, erleuchten die Weinberge, bis die Lese um sieben Uhr beendet ist. Mindestens sieben Minusgrade muss es auch beim Pressen der Trauben haben. Dann bleibt das Wasser als Eis in den Beeren zurück. Nur das süße Konzentrat fließt aus der Presse. Die Kelter hat man deshalb in den Hof gestellt.
Ob es kalt genug wird für den Eiswein, ist Glückssache. Den süßen Wein gebe es hier nur alle zehn bis 15 Jahre, sagt Elke Röder. "Die letzten beiden Male hat es leider nicht funktioniert." Alles muss ins kleinste Detail passen. Außerdem erfreuen sich auch Rehe, Wildschweine und Vögel – deren Futtersuche in der kalten Jahreszeit erschwert ist – an den Beeren. Deshalb wurde der Weinberg mit Netzen und einem elektrischen Zaun geschützt.

Auf die Frage, ob sich die Produktion von Eiswein denn lohnt, antwortet Elke Röder mit einem Lachen: "Eiswein ist nie wirtschaftlich. Das macht man, um diese Besonderheit auf seiner Karte zu haben. Die bestmögliche Qualität da raus zu kitzeln, ist das, was es für den Winzer so spannend macht, Eiswein zu produzieren." 168 Grad Öchsle hat der Most erreicht. Aufgrund des hohen Restzuckergehalts kann ihn die Hefe nur schwer vergären. Deshalb schätzt Elke Röder, dass der Eiswein – ein Rosé – am Ende nur acht bis zehn Prozent Alkohol enthalten wird. Optimalerweise sollte er mindestens ein Jahr lang im Stahltank lagern. Ein Holzfass würde das Aroma beeinflussen.
"Ganz klassisches" Familienweingut in Franken
Schon viele Jahrhunderte reicht die Geschichte des Weinanbaus in der Familie zurück. Den Grundstein für das heutige Weingut legten in den 1950er Jahren die Großeltern der Winzermeisterin, Alfred und Berta Sauer. Elke Röders Eltern Leo und Rosa Sauer entschlossen sich, die Trauben nicht mehr an eine Winzergenossenschaft abzugeben, sondern den Wein selbst auszubauen. Nach dem frühen Tod ihres Vaters übernahm Elke Röder im Alter von 20 Jahren den Familienbetrieb. Mutter Rosa ist ihr dabei noch immer eine große Unterstützung, sowie ihr Mann Werner, eigentlich ein gelernter Binnenschifffahrtskapitän.
Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern. Sohn David Rützel schloss seinen Bachelor Agrarwirtschaft mit Schwerpunkt für Weinbau und Önologie ab und ist nun ebenfalls im Betrieb tätig, der insgesamt acht Hektar bewirtschaftet. Eine richtige Winzerfamilie also. Heute bestehen die Rebflächen der Familie zu grob 75 Prozent aus Weißweinsorten und zu 25 Prozent aus Rotweinsorten.