Als das letzte Lied verklungen, die letzte Konfetti-Kanone abgefeuert ist und ein paar Gardemädchen noch für Fotos auf der wohl berühmtesten Faschingsbühne Bayerns posieren, bleiben die meisten Gäste noch eine Weile ungläubig staunend im Saal zurück: Fasching mit Publikum und einer irren Stimmung – das hatten viele seit zwei Jahren nicht mehr erlebt.
Am Mittwoch wurde in den Veitshöchheimer Mainfranken-Sälen die 35. Ausgabe der "Fastnacht in Franken" aufgezeichnet. Eine Live-Sendung war wegen Corona nicht möglich, statt wie gewohnt 600 waren aber immerhin 170 Gäste im Saal. Zu sehen war das Spektakel am Freitagabend im Bayerischen Fernsehen.
Veitshöchheim als Balsam für die Seele der Narren
"Das ist Balsam für meine Seele", sagt Klaus-Ludwig Fess, Präsident des Bund Deutscher Karneval. "Konfetti für die Seele", pflichtet ihm Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) nach der Aufzeichnung bei. Und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht von einem glänzenden Comeback. Er habe an diesem Abend erst so richtig gemerkt, was ihm in den vergangenen zwei Jahren gefehlt habe. Dabei musste der Ministerpräsident ob seiner Corona-Politik und der gescheiterten Kanzlerkandidatur kräftig einstecken. Er nahm es gelassen und mit Humor.
Vom ersten bis zum letzten Auftritt – die Künstler brannten regelrecht darauf, endlich wieder vor Publikum auf der Bühne zu stehen. Wobei sich im Vorfeld einige Sorgen gemacht hatten, dass bei nur 170 Zuschauerinnen und Zuschauern – unter Corona-Abstand im großen Saal verteilt – die Stimmung leiden könnte. Martin Rassau verglich den spärlich besetzten Saal bei der Aufzeichnung gar mit einem Single-Treff, der aber wohl schon vorbei sei. Nur die Übriggebliebenen seien noch da.
Die Sorgen einiger Künstler aber bestätigte sich nicht. Zwar jubelten und klatschten die 170 Gäste nicht für 7000, wie Michl Müller es vor der Sendung forderte. Aber immerhin so kräftig, als säßen 700 im Saal.
Für die Künstlerinnen und Künstler war das nur verdient. Denn "Fastnacht in Franken" 2022 dürfte nicht nur wegen der reduzierten Zuschauerzahl lange im Gedächtnis bleiben. Den Verantwortlichen und den Akteuren auf der Bühne gelang der Spagat, sowohl an Brauchtum und Traditionen festzuhalten, als auch neue und moderne Töne einzustreuen. Diese Mischung mache Mut für die Zukunft des Faschings, lobte die ehemalige Landtagspräsidentin und Fastnacht-in-Franken-Urgestein Barbara Stamm. Die junge Generation sei in Veitshöchheim angekommen und begeistert dabei.
Inhaltlich war es dann sogar weniger Corona, das die Beiträge dominierte. Klar, der Ministerpräsident und sein Vize, Hubert Aiwanger, bekamen ihre nicht immer so gut abgestimmte Corona-Politik vorgehalten. Der Freie-Wähler-Chef hatte vielleicht ja schon aus Vorahnung seine Teilnahme abgesagt.
Markus Söder als "Ronaldo aus Schweinau"
Markus Söder und Aiwanger-Vertreter Michael Piazolo aber amüsierten sich prächtig. Und Söder bewies durchaus Nehmerqualitäten: Ob seiner wechselnden Corona-Politik nannte ihn Michl Müller die "schnellste Drehtüre Bayerns", Martin Rassau machte ihn ob der vielen Teams – Team Vorsicht, Team Vernunft, Team Verantwortung – , in denen Söder spiele, zum "Ronaldo aus Schweinau".
Nilpferddame Amanda hatte sogar ein Lied auf ihn gedichtet: "Weine nicht, wenn der Söder spricht". Die 25 Prozent Publikums-Auslastung bei Kulturveranstaltungen seien für Künstler genau so eine Zumutung wie 25 Prozent Wähleranteil für die CSU bei der nächsten Wahl, ließ Sebastian Reich Amanda schimpfen. Die überhaupt in diesem Jahr wieder ziemlich politisch kalauerte und erneut mit dem grünen Fraktionschef Ludwig Hartmann schäkerte. Wird er am Ende der neue Seehofer für Amanda?
Ein neuer Sitzungspräsident wird auf den Thron gehoben
Fastnacht-in Franken-Neuling Christoph Maul aus dem mittelfränkischen Schillingsfürst hatte als erster Büttenredner die schwierige Aufgabe des Eisbrechers. Die löste er als etwas aus dem Leim geratener Radler mit kritischem Verbraucherblick richtig gut. Und weder die Gäste im Saal, noch die Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer konnten da ahnen, dass er im Laufe des Abends noch eine sehr wichtige Rolle spielen sollte.
Denn nachdem Waltraud und Mariechen alias Martin Rassau und Volker Heißmann vergebens nach Sitzungspräsident Bernd Händel gesucht hatten, übernahm spontan Mariechen – "Endlich mal eine Frau hier oben" – den Sitzungsvorsitz. Freilich ohne zu wissen, wer denn als nächstes auf die Bühne kommen würde.
Und so ging es bis fast bis zur Hälfte der Sendung weiter. In Ermangelung eines Sitzungspräsidenten hatten abwechselnd – mal mehr, mal weniger geschickt, aber immer sehr lustig – Oliver Tissot, Martin Rassau und Sebastian Reich mit Amanda den Platz eingenommen. Bernd Händel erschien nur in einer kurzen Einblendung, in der er seine Narrenkappe zurückschickte.
Schließlich wurde der Umschlag mit der Narrenkappe gefunden und Christoph Maul zum neuen Sitzungspräsidenten gekürt. Der bewies mit einigen gekonnten Bonmots sogleich, dass die Schuhe von Bernd Händel zwar groß sind, er aber durchaus das Zeug hat, in sie zu schlüpfen. Und geordneter als bei Amanda, Rassau und Tissot lief die Sitzung unter seinem Vorsitz allemal.
Ines Procter hat sich als Putzfrau hochgeschrubbt
Als "Lachwacht" nahm Oliver Tissot die Kostüme der Politprominenz aufs Korn. Passend sei das Kleopatra-Kostüm der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze. Denn nach dem Ampel-Koalitionsvertrag hätten sich viele Grüne gefragt: "Ägypt das einen Sinn?" Triumphierend erhob sich FDP-Fraktionschef Martin Hagen, als Tissot behauptete, eher werde ein FDP-Politiker zum Sozialisten, bevor sich in der katholischen Kirche etwas ändere. Hagen war als Che Guevara verkleidet.
Von der Putzfrau hat sich Ines Procter inzwischen zur "Facility-Managerin" hochgeschrubbt. Allerdings sei dabei auch die Figur etwas aus dem Leim gegangen. Doch wenn der Elastan-Anteil in der Jeans immer wichtiger werde, gelte das Motto: "Über Gewicht spricht man nicht, Übergewicht hat man." Dabei bekam die Erlabrunnerin Konkurrenz vom Bad Kissinger Michl Müller, der seine Hausmann-Fähigkeiten entdeckte und mit dem Lied "Männer, die bügeln, sind sexy" die Stimmung im Saal wie sein Dampfbügeleisen zum Brodeln brachte.
Peter Kuhn beackerte als Gärtner die Berliner Blumenampel
Einer, der schon immer für besondere Momente bei Fastnacht in Franken sorgte, ist Peter Kuhn von der Schwarzen Elf in Schweinfurt. Doch in diesem Jahr wuchs er noch einmal über sich hinaus. Als Gärtner beackerte Kuhn die Blumenampel nach der Bundestagswahl und schenkte nicht nur der anwesenden Politprominenz kräftig ein – meist ohne sie beim Namen nennen zu müssen. So entsorge der neue Chefgärtner selbst den Schmutz, indem er ihn zum "Weiher karrt". In seinem Garten fließe ein lauter Bach, das Gendersternchen breite sich wie Unkraut aus.
Überhaupt, die gendergerechte Sprache zog sich wie ein roter Faden durch etliche Beiträge dieses Abends. So fragte Martin Rassau, der mit Volker Heißmann eine Witzprüfstelle für den Fasching einrichtete, wie man denn ein "herrenloses Damenrad mit Ständer" gendere.
Als Baron Münchhausen hatte der Oberschwappacher Oti Schmelzer nicht nur das originellste Kostüm aller Büttenredner, sondern auch ganz praktische Alltagstipps. So sei die Kanonen-Kugel angesichts der Spritpreise nun mal das günstigste Fortbewegungsmittel. Leiden musste hingegen Klaus Karl-Kraus aus Erlangen als Spielertrainer, als er konstatierte: Ein Achtjähriger denke heute, dass der FC Bayern Deutscher Meister wird, gehöre einfach so.
Gesangseinlagen heben die Stimmung
Ein ganz neues Format war das Narrenspiel, das in der Redaktionsstube des "Veitshöchheimer Tagblatts" spielte. Dort bemühten sich Peter Kuhn (der das Stück auch geschrieben hatte), Ines Procter, Sebastian Reich und Michl Müller darum, die Existenz der Heimatzeitung gegen die Konkurrenz der digitalen Medien zu sichern. Und nachdem der Vorschlag, die Reichweite zu erhöhen, indem man Konfetti draus macht, nicht überzeugen konnte, beschloss man, Familien- und Kleinanzeigen zu vertonen. So entstand ein lustiges Singspiel mit David Lugert von Viva Voce und Matthias Walz sowie Fastnachts-Ehrenpräsident Bernhard Schlereth.
Überhaupt die Musik: Ohne Viva Voce mit ihrem A-cappella-Gesang, den Dorfrockern und dem Pavel-Sandorf-Orchester wäre das Stimmungsbarometer bestimmt langsamer gestiegen. Und dann war da Matthias Walz mit seiner Musik-Bütt am Klavier. Der auf Markus Söder umgedichtete Jailhouse Rock von Elvis Presley erfreute nicht nur den Ministerpräsidenten selbst. Die eingespielten Film- und Tonpassagen von einem jugendlichen rockenden Söder oder von Hubert Aiwanger und Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer – das war moderne und richtig gut gemachte Unterhaltung.
Heißmann & Rassau als Feierwehrkapell'n
Und selbst Garden fehlten trotz Corona nicht. Obwohl sie seit zwei Jahren unter erschwerten Bedingungen trainieren mussten, keine Wettbewerbe und so so gut wie keine Auftritte hatten, merkte man das der Besenbinder Tanzsportgarde aus Erlangen genau so wenig an wie den Tanzmariechen Aenne Rebhan aus Coburg und Emilia Castaneda und Lorena Ruthardt aus Nürnberg. Das Tanzpaar Lena Meyer und René Skopura aus Marktredwitz setzten einen eindrucksvollen tänzerischen Schlusspunkt.
Abgesagt hatte in diesem Jahr die Altneihauser Feierwehrkapell'n. Doch dann kam sie doch. Martin Rassau und Volker Heißmann imitierten mit drei Bläsern der Pavel-Sandorf-Bigband die Oberpfälzer täuschend echt. Nur das Franken-Bashing wollte nicht so recht klappen, dafür bekamen die Oberpfälzer ordentlich ihr Fett weg. Wären sie doch mal lieber selbst gekommen.
Diese persönliche Meinung hat in einer Faschingssendung nichts verloren, zumindest muss man es nicht dauerhaft erwähnen.
Er sollte sich um den Posten des Stadionsprechers beim 1. FC Nürnberg bewerben, dort finden seine einseitigen Beiträge breite Zustimmung.
Die Zeit dieser Person ist vorbei, er hat seinen Zenit längst überschritten.
" Respekt ALLEN "Künstlern." von Innen und Aussen ! Runde tolle Auftritte ....
mit im voraus nicht geglaubten und für möglich gehaltenen Darbietungen.
Es war * Vollmond * Helau.... !
" Flau " war grösstenteils der Saal....., so ist es nun mal wie auf der Strass, zum
Lachen braucht man Spass !"