zurück
Würzburg
Prozessauftakt: Warum filmte Kickboxer beim Sex heimlich mit?
Die Frauen, um die es bei diesem Fall vor Gericht geht,  sollen Intimitäten nicht freiwillig mitgemacht haben. Die Anklage spricht von Vergewaltigung im Würzburger Ringpark.
EIn 30-jähriger Würzburger soll heimlich beim Sex mit verschiedenen Frauen gefilmt habe - auch dann, wenn sie sich gegen bestimmte Intimitäten sträubten. Die Anklage geht auch von  Vergewaltigung aus.
Foto: Julian Stratenschulte, dpa | EIn 30-jähriger Würzburger soll heimlich beim Sex mit verschiedenen Frauen gefilmt habe - auch dann, wenn sie sich gegen bestimmte Intimitäten sträubten. Die Anklage geht auch von  Vergewaltigung aus.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:10 Uhr

Wenn an diesem Dienstag der "Gong zur ersten Runde" ertönt, steht dem Kickboxer Ilker A. ein schwerer Kampf bevor - nicht im Ring, sondern auf der Anklagebank: Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der heute 30-jährige Würzburger Frauen mit Gewalt zu Intimitäten gezwungen und ohne ihr Wissen beim Sex gefilmt hat.

Im Vorfeld abgestempelt

Wegen der öffentlichen Fahndung nach einem der mutmaßlichen Opfer ist der Sonnyboy mit dem gewinnenden Lächeln von Boulevard-Medien schon vor Prozessbeginn als "Serien-Vergewaltiger" abgestempelt und vorverurteilt worden. Der Lehramtsstudent ab Dienstag kämpft vor dem Würzburger Landgericht deshalb nicht nur um seine Freiheit, sondern auch gegen Vourteile und Klischees. Ein Kampfsportler mit Migrationshintergrund, der sich mit Gewalt nimmt, was ihm gefällt? 

Auch ohne die Sex-Videos wäre der 30-Jährige laut Anklage wegen des Verdachts der Vergewaltigung vor Gericht gelandet. Mit den Aufnahmen lieferte er den Ermittlern viel Material - und das Fahndungsfoto machte ihn bekannter als all seine Kämpfe, die im Internet zu sehen sind, seine Auftritte als Model auf dem Laufsteg oder seine ungewöhnlichen Tätowierungen, die er früher gerne präsentierte.

In diesem Frühjahr bat die Würzburger Polizei die Öffentlichkeit um Hilfe bei der Suche nach einer Frau, von der die Ermittler Bilder, aber keinen Namen hatten. Sie ist eine von rund einem Dutzend Frauen, die der Verdächtige bei intimen Begegnungen zwischen 2015 und 2018 insgeheim gefilmt haben soll.

Mit körperlicher Kraft den Widerstand gebrochen

Den Ermittler stellte sich nicht nur die Frage, was Ilker A. mit den Aufnahmen bezweckte. Die Aufnahmen nähren laut Staatsanwalt Tobias Knahn auch den Verdacht, dass sich manche der Frauen gegen bestimmte Sexpraktiken wehrten, aber A. mit seiner körperlichen Überlegenheit  ihren Widerstand brach.

Eines der Opfer, dessen Identität sie nicht kannte, suchte die Polizei deshalb öffentlich. Ilker A. musste als Verdächtiger das  Fahndungsfoto mit seinem Gesicht hinnehmen - trotz Unschuldsvermutung und Persönlichkeitsrechten. Inzwischen meldete sich die gesuchte Zeugin bei der Polizei. Ermittlern zufolge soll sie noch immer angegriffen wirken von der vier Jahre zurück liegenden Begegnung - und sie soll ausgesagt haben.

Viele Filme und einige Zeugen

Für den Prozess sind 17 Verhandlungstage angesetzt - ein Hinweis darauf, das der Angeklagte schweigt oder die Taten bestreitet. Laut Anklage zeigen zwei Filmsequenzen, wie Frauen sich wehrten, hörbar „nein“ sagten oder um Hilfe riefen. Eine der Frauen soll der 30-Jährige zu ungeschütztem Verkehr gezwungen haben.

Von dem gravierendsten Fall der Anklage gibt es keinen Film, aber Zeugen: A. soll im Sommer 2018 gegen 3 Uhr morgens eine Frau von einer Bar aus nach Hause begleitet haben. Unterwegs, im Ringpark, soll er laut Anklage Lust auf Sex gehabt haben, seine alkoholisierte Begleiterin angeblich  nicht. Andere Kneipen-Heimkehrer hörten in der Nähe des Kriegerdenkmals Hilferufe, die dann unterdrückt wurden. Verletzungen am Hals legen die Vermutung nahe, dass A. die Frau gewaltsam am Schreien hinderte.

Zeugen ließen sich nicht abwimmeln

Als sich die Passanten näherten, soll A. den Eindruck erweckt haben, sie würden das Paar beim einvernehmlichen Sex stören. Doch die Zeugen ließen sich nicht abwimmeln. Der Streit eskalierte, der  Angeklagte soll  einer störenden Passantin ins Gesicht geschlagen haben und davon gerannt sein. Zwei Zeugen verfolgten ihn und riefen die Polizei, die Ilker A. schließlich festnahm - auf einer Parkbank sitzend.

Für seinen Mandanten gelte  die Unschuldsvermutung, sagt Anwalt Martin Reitmaier. Zu Details will er erst vor Gericht Stellung nehmen. Möglicherweise findet der erfahrene Strafverteidiger einen Weg, zumindest einem Teil der Frauen den öffentlichen Auftritt vor Gericht zu ersparen.

Der Prozess beginnt am Dienstag um 13 Uhr.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manfred Schweidler
Angeklagte
Ermittlerinnen und Ermittler
Fahndungen
Kickboxer
Polizei
Schlägereien
Sex
Sexpraktiken
Sexvideos
Vergewaltigung
Zeugen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Unschuldsvermutung?
    Bei dem Anklagekatalog???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. T.
    Ja, auch da!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    @Coladeris, Unschuldsvermutung - Gericht - psychatrisches Gutachten - schwere Kindheit - Geldstrafe - Täter- vor Opferschutz
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. T.
    Die Unschuldsvermutung gilt so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist. Und das ist auch gut so.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Sie sind für die Kommentarfunktion gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten