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Würzburg
Prozess um Zwangsprostitution am Landgericht Würzburg: Wie "Bruder Hong" Geschäfte machte
Die Schilderung einer Zeugin zeigte am Mittwoch vor Gericht, warum viele Frauen in Unterfranken einer illegalen Tätigkeit nachgingen. Angeklagt: ein 52-Jähriger aus China.
Am Landgericht Würzburg läuft das Verfahren um illegale Prostitution von Frauen aus China. Angeklagt ist ein 52-Jähriger - in der Verhandlung bleibt vieles im Unklaren.
Foto: Thomas Obermeier | Am Landgericht Würzburg läuft das Verfahren um illegale Prostitution von Frauen aus China. Angeklagt ist ein 52-Jähriger - in der Verhandlung bleibt vieles im Unklaren.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:37 Uhr

Der Angeklagte, den die Prostituierten offenbar als "Bruder Hong" kannten, schweigt während dieses Prozesses am Landgericht Würzburg meist. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hat er den Vornamen "Xing", vom Gericht wird er anders angesprochen. Im falschen Pass des Beschuldigten findet sich keiner dieser Namen. Und er selbst lässt in der Verhandlung fast ausschließlich seine beiden Verteidiger reden. 

"Hong" hält den Kopf meist gesenkt, als schäme er sich ein wenig, sein heimliches Leben hier in Deutschland durch die illegale Tätigkeit von Frauen aus seiner Heimat China finanziert zu haben. Die Anklage wirft dem 52-Jährigen vor, zwischen 2021 und 2023 mindestens elf Frauen mit Hilfe von Schleusern nach Deutschland gebracht zu haben - teils mit dem Versprechen, sie würden hier in Massagestudios arbeiten. Tatsächlich sollen die Betroffenen in angemieteten Wohnungen quer durch Süddeutschland notgedrungen der illegalen Prostitution nachgegangen sein, fünf von ihnen alleine in Würzburg.

Frauen zur illegalen Sexarbeit nach Deutschland gebracht

Der 52-Jährige steht für eine Schattenwirtschaft, die inzwischen in Dutzenden von deutschen Städten registriert wird: Der Chinese führte offenbar selbst seit dem Erlöschen seiner Aufenthaltserlaubnis 2011 hier ein Leben im Halbschatten - und kümmerte sich um Frauen, die aus China mit der Aussicht auf lohnende Jobs nach Deutschland gelockt wurden.

Ein Zuhälter oder Mitläufer einer mafiaartigen Mädchenhändlerbande aus China ist der Angeklagte den Ermittlern zufolge nicht: "Wir gehen davon aus, dass es keine übergeordnete Person gibt", sagte ein Mitglied der "Ermittlungskommission Panda", die monatelang im Milieu recherchiert hatte, an diesem Mittwoch im Zeugenstand. Für die heimlich eingereiste Frauen, die in Deutschland niemand kennen, die kein Wort deutsch sprechen und illegal arbeiten, "bietet er einfach die Infrastruktur".

Schwierige Ermittlungen: Nur eine Chinesin erzählt ihre Geschichte

Die meisten der Frauen kennt die Polizei nur aus der Telefonüberwachung und aus Chats, in denen sie Kontakt mit "Hong" hielten. Vor Gericht ist nur die Schilderung einer Betroffenen zu hören - und auch das nur im Video ihrer Vernehmung bei der Polizei vor neun Monaten. 

Die dreifache Mutter sagt, ihre Familie sei im China der Kulturrevolution verfolgt worden und arbeitslos gewesen. Sie habe sich hoch verschuldet, um von Schleusern erst nach Marokko, dann nach Serbien gebracht zu werden, um schließlich in einer Würzburger Landkreisgemeinde in einer von "Bruder Hong" gemieteten Wohnung zu landen.

Abhängigkeit: Sexuelle Dienstleistungen statt Job als Masseurin

Er habe davon gesprochen, dass sie hier als Masseurin arbeiten könne. Dann habe er ihren Pass in Verwahrung genommen und die wahre Tätigkeit offenbart: sexuelle Dienstleistungen mit mehreren Kunden am Tag. Zwang habe er nicht ausüben müssen, sagt die Zeugin auf Nachfrage im Video. Sie spreche ja kein Deutsch, und ohne Geld hätte sie rasch auf der Straße gestanden. Also habe sie sich gefügt. 

Öffentlich vor Gericht auftreten will keine der Frauen, und so bleibt in diesem Verfahren vieles im Dunkeln: Wer den Kontakt zu den Schleusern herstellte, wie viel Geld tatsächlich über verborgene Kanäle nach China überwiesen wurde und wie viele andere Fälle es in Süddeutschland noch gibt. 

Bei Kontrolle mit falschen Pässen und Schlüsseln für Terminwohnungen erwischt

Der Angeklagte selbst hatte falsche Pässe für die Frauen und Schlüssel für "Terrminwohnungen" dabei, als er am Würzburger Hauptbahnhof im Februar in eine Kontrolle geriet. Der 52-Jährige habe angegeben, nur der Laufbursche für andere zu sein, sagt ein Kriminalpolizist. Nach monatelangen Ermittlungen sei er sicher: "Was er erzählt hat, waren alles Lügen."

Am Mittwoch sicherte der Angeklagte über seine Verteidiger Thomas Steur und Norman Jacob ein Geständnis zu, um mit einer kurzen Haftstrafe und schneller Abschiebung davonzukommen. Doch seine Aussage blieb beschränkt auf das Nötigste. Noch im Dezember will das Gericht zu einem Urteil kommen - mindestens zwei Monate schneller als geplant.

 
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