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Würzburg
Prozess um Sexualstraftaten geplatzt: Kommt Würzburger Verdächtiger im Fall Maddie bald frei?
Christian B. aus Würzburg war wegen fünf Sexualstraftaten in Braunschweig angeklagt. Doch die dortige Justiz ist für den Fall gar nicht zuständig.
Das Landgericht Braunschweig: Hier hätte ein Prozess gegen Christian B. beginnen sollen, der auch im Fall Maddie als Verdächtiger gilt.
Foto: Moritz Frankenberg, dpa | Das Landgericht Braunschweig: Hier hätte ein Prozess gegen Christian B. beginnen sollen, der auch im Fall Maddie als Verdächtiger gilt.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:18 Uhr

Überraschende Entwicklung bei Ermittlungen gegen den vielfachen Sexualstraftäter Christian B. aus Würzburg: Der Mann, der auch Verdächtiger im Vermisstenfall Maddie ist, sollte demnächst wegen fünf neuer Sexualstraftaten in Braunschweig erneut vor Gericht kommen. Das hätte den Ermittlern auch Zeit gegeben, weitere Beweise im Fall Maddie zu sammeln, der nach 16 Jahren noch immer ungeklärt ist.

Braunschweig ist im Fall der fünf Sexualstraftaten nicht zuständig

Doch nun hat sein Verteidiger den Prozess wegen eines juristischen Formfehlers zum Platzen gebracht: Christian B. hatte seinen letzten deutschen Wohnsitz nicht in Braunschweig, sondern in Sachsen-Anhalt. Deshalb ist das Landgericht Braunschweig - unabhängig von der Substanz der Anklage - nicht zuständiger Gerichtsort. Das bestätigte das Gericht nach einer Anfrage dieser Redaktion in einer Pressemitteilung.

Vor dieser Tatsache kapitulierte am Donnerstag das Landgericht Braunschweig mit einem Beschluss auf der Zielgeraden des bevorstehenden Verfahrens: Der Haftbefehl gegen Christian B. ist aufgehoben, wie das Landgericht dieser Redaktion mitteilt.

B., der wegen Vergewaltigung einer Touristin derzeit eine andere Haftstrafe absitzt, könnte deshalb bald auf freien Fuß kommen. Denn zwei Drittel seiner aktuellen siebenjährigen Haftstrafe hat er bereits hinter sich. 

Christian B. hatte schwierige Kindheit im Landkreis Würzburg

Christian B. war im Landkreis Würzburg unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen und bereits als Jugendlicher mehrfach straffällig geworden. Weil er sich 1993 in sexueller Absicht auf Spielplätzen im Landkreis Würzburg Kindern genähert hatte, stand er bereits 1994 vor dem Amtsgericht Würzburg, floh vor Verbüßen seiner Haftstrafe aber nach Portugal.

2020 geriet er wegen einer Reihe von Indizien unter Verdacht, für das Verschwinden der dreijährigen Maddie McCann aus einer Ferienanlage in Portugal im Jahr 2007 verantwortlich zu sein. 

Die Eltern der dreijährigen Britin Madeleine McCann hoffen noch immer, dass sich das Schicksal ihrer seit 2007 verschwundenen Tochter klärt. Die Ermittlungen in dem Fall gegen Christian B. gehen weiter.
Foto: John Stillwell, dpa | Die Eltern der dreijährigen Britin Madeleine McCann hoffen noch immer, dass sich das Schicksal ihrer seit 2007 verschwundenen Tochter klärt. Die Ermittlungen in dem Fall gegen Christian B. gehen weiter.

B. bestreitet das. Allerdings belasten ihn Aussagen mehrerer Bekannter, darunter einer Ex-Freundin, denen gegenüber er verdächtige Bemerkungen machte, die auf seine Täterschaft hinweisen. Auf dem Grundstück bei Magdeburg, wo er zuletzt gemeldet war, hatten Ermittler bereits in der Vergangenheit mehrfach nach Spuren im Fall Maddie gesucht.

Dabei hatten sich auch Indizien für drei Fälle von Vergewaltigung mit jeweils ähnlicher Vorgehensweise verdichtet, die Teil der aktuellen Anklage sind. In zwei weiteren Fällen war er bei sexuell motivierten Annäherungen an Kinder - beispielsweise an einem Spielplatz - in flagranti erwischt worden.

Kein ersatzweiser Prozess in Würzburg gegen Christian B.

Wo ein solcher Prozess nun ersatzweise stattfindet, ist offen. Sicher ist aber: Das Landgericht in Würzburg, wo Christian B. früher seinen Lebensmittelpunkt hatte, muss den Fall nicht übernehmen. Denkbar ist das Landgericht Magdeburg. Auch Frankfurt kommt in Frage, weil B. dort nach seiner Festnahme in Italien der deutschen Polizei übergeben worden war. Ob die dann zuständige Staatsanwaltschaft den Fall genauso bewertet wie ihre Braunschweiger Kollegen - und die Anklage aufrecht erhält - ist offen.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die seit Jahren gegen B. ermittelt, war überrascht von der Entscheidung des Gerichts, den Haftbefehl aufzuheben. Heißt das, dass sie nun auch den Fall Maddie an eine andere Staatsanwaltschaft abgeben muss? Ihm sei der Beschluss des Gerichts nicht gleichzeitig zugestellt worden, sagt der zuständige Staatsanwalt Christian Wolters. Deshalb könne er noch nicht sagen, "ob wir dagegen Rechtsmittel einlegen".

 
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