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Würzburg/Braunschweig
Fall Maddie: Wie die Staatsanwaltschaft versucht, den verdächtigen Würzburger am Untertauchen zu hindern
Der wegen anderer Straftaten inhaftierte Christian B. feilscht aktuell darum, wo ihm sein nächster Prozess gemacht wird. Das kostet Zeit - und das nutzt dem Würzburger.
Erneut sorgt der Würzburger Verdächtige im Entführungsfall Maddie für Schlagzeilen. In einem Prozess wegen mehrerer Vergewaltigungen und dem sexuellen Missbrauch von Kindern will er bestimmen, wo der Fall vor Gericht kommt.
Foto: Main-Post Screenshots | Erneut sorgt der Würzburger Verdächtige im Entführungsfall Maddie für Schlagzeilen. In einem Prozess wegen mehrerer Vergewaltigungen und dem sexuellen Missbrauch von Kindern will er bestimmen, wo der Fall vor Gericht ...
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:49 Uhr

Neuer Wirbel um Christian B. aus Würzburg, der im Entführungsfall der dreijährigen Madeleine McCann in Portugal als Hauptverdächtiger gilt. Noch reichen die Beweise im Fall Maddie nicht für eine Anklage gegen den 46-Jährigen. Die federführende Staatsanwaltschaft Braunschweig will Zeit gewinnen: Sie ist schon jetzt bemüht, zu verhindern, dass B. erneut untertaucht - obwohl er sich gerade in Haft befindet.

Aktuell sitzt der Mann noch bis 2026 eine siebenjährige Freiheitsstrafe wegen der Vergewaltigung einer Touristin im Jahr 2005 in Portugal ab. Der Tatort liegt unweit des Ortes, von dem zwei Jahre später auch Maddie verschwand.

Was die Staatsanwaltschaft Christian B. jetzt vorwirft

Drei Jahre bis der Würzburger wieder auf freiem Fuß sein könnte - in juristischen Dimensionen keine allzu lange Zeit. Daher hatte die Staatsanwaltschaft bereits die nächste Anklage gegen den vielfach vorbestraften Mann nachgeschoben: Wegen drei Vergewaltigungen und zwei Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, die einem Vorfall im Jahr 1993 ähneln, als B. im Landkreis Würzburg seine lange kriminelle Karriere begonnen hatte. Der damals 16-Jährige hatte auf einem Spielplatz eine Sechsjährige missbraucht.

Die Straftaten, um die es jetzt geht, soll Christian B. zwischen Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal begangen haben. Die Opfer waren Mädchen und Frauen zwischen etwa zehn und rund 70 bis 80 Jahren. In einigen Fällen verweisen die Ermittler auf Videoaufnahmen, die der Beschuldigte selbst anfertigte. In einem Fall wurde er vor Ort von der Polizei gestellt. 

Welches Gericht ist für B. zuständig?

Aber nun verzögert B. einen Prozessbeginn in Braunschweig, der ihn über 2026 hinaus hinter Gitter bringen könnte: Die dortige Staatsanwaltschaft hatte die Anklage vorbereitet, ist in alle Details des Falles eingearbeitet. Aber Verteidiger Friedrich Fülscher sagt: Der Prozess müsse, ebenso wie später ein möglicher Prozess im Fall Maddie, an einem anderen Gericht stattfinden – an dem sich Richter und Staatsanwalt erst mühsam in die Fälle einarbeiten müssten. Das Landgericht Braunschweig sei nämlich gar nicht zuständig.

Das Landgericht bestätigt auf Nachfrage der Redaktion einen entsprechenden Bericht der "Braunschweiger Zeitung". In Braunschweig hatte Christian B. 2016 seinen letzten in Deutschland gemeldeten Wohnsitz. Doch sein Anwalt sagt, dies sei nicht wesentlich für die Frage, welches Gericht zuständig ist. Entscheidend sei, wo er sich tatsächlich zuletzt aufhielt.

Würzburg scheidet als Verhandlungsort aus

Laut dem Anwalt wohnte der Beschuldigte vor seiner Festnahme im Ausland zuletzt auf einem Grundstück in Sachsen-Anhalt. Zuständig wären damit Staatsanwaltschaft und Gericht in Magdeburg. Denkbar wäre auch Frankfurt, "da der Beschuldigte dort im Rahmen der Auslieferung an die deutschen Behörden übergeben wurde", so Fülscher.

Die Braunschweiger Behörden prüfen das derzeit. Die Prüfung der Zuständigkeit und das womöglich notwendige Einarbeiten einer neuen Staatsanwaltschaft und eines neuen Gerichts an einem anderen Standort dürften einen Prozess um Monate verzögern.

In einem Brief seine Unschuld beteuert

Sicher ist bereits: Würzburg - wo er bei Pflegeeltern und dann in einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche lebte - kommt für einen Prozess nicht in Frage. Von dort verschwand Christian B. schon 1995 auf Nimmerwiedersehen nach Portugal, wo er zeitweise mit einer Frau aus Schweinfurt zusammenlebte. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes lebte er zwischen 1995 und 2007 "mehr oder weniger dauerhaft" an der Algarve.

Aussagen zahlreicher Bekannte von ihm nähren - auch mit angeblich von ihm selbst stammenden Äußerungen - den Verdacht, B. habe 2007 die kleine Maddie beim Einbruch in das Ferien-Appartement ihrer Eltern in Praia da Luz entführt und getötet. Er selbst hatte in einem handgeschriebenen Brief aus der Haft an die Medien im vorigen Jahr seine Unschuld beteuert.

 
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