Kurz vor Weihnachten 2020 kam es in einer Wohnung im Landkreis Würzburg zu einer heftigen Explosion. Ausgelöst hatte sie ein 45-Jähriger - offenbar als Reaktion auf einen Polizeieinsatz. Deutlichen Hinweisen zufolge leidet der Mann seit längerem an einer Psychose. Wegen einer möglichen Selbst- und Fremdgefährdung ist er derzeit in einer geschlossenen Abteilung der Psychiatrie in Lohr untergebracht. Am ersten Verhandlungstag vor dem Würzburger Landgericht zeigte der 45-Jährige sich jetzt geständig und beantwortete ausführlich und bereitwillig alle Fragen. Er habe Medikamente bekommen, sie wirkten, er fühle sich gut.
Spektakulärer Vorfall hatte sich angebahnt
Ein Jahr vor dem spektakulären Polizeieinsatz im vergangenen Dezember hatte sich der psychische Zustand des Angeklagten zugespitzt. Spätestens im Herbst soll er sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben. Nur wenige Tage vor dem Vorfall hatte die behandelnde Psychiaterin versucht, für den 45-Jährigen eine stationäre Unterbringung zu erreichen.
Sie hatte befürchtet, dass von ihm Gefahr ausgeht. Der Mann fühlte sich offenbar "gehetzt und verfolgt", führte Gespräche mit einem unbekannten Gegenüber, Einsicht in seine Krankheit ließ er nicht erkennen. Schon 2013 war bei dem Angeklagten eine manische Depression und eine bipolare Störung diagnostiziert worden, vor fünf Jahren war er bereits einmal in stationärer Behandlung.
Nachricht der Mutter erreichte zunächst Polizei in Lohr
Am Morgen des betreffenden Tages Mitte Dezember hatte die Mutter des Angeklagten versucht, die Polizei mit einer Sprachnachricht über den akuten Zustand ihres Sohnes zu informieren. Die Nachricht war jedoch zunächst auf dem Schreibtisch der Polizei in Lohr (Lkr. Main-Spessart) gelandet, weil die Eltern des Beschuldigten in Main-Spessart leben.
Auslöser für den Polizeieinsatz im Landkreis Würzburg war schließlich ein Schuss des Mannes mit einer Armbrust auf das Garagentor des Nachbarn. Laut den Aussagen der vier Polizisten der Direktion Würzburg-Land, die das Haus umstellten, muss der Einsatz rasch und massiv eskaliert sein: Beim Rauchen auf dem Balkon beobachtet der 45-Jährige, wie sich die Beamten dem Haus nähern. Er verbarrikadiert sich in der Wohnung, schießt mit einer Zwille Stahlkugeln von innen auf das geschlossene Fenster und setzt Benzin aus einem Fünf-Liter-Kanister in Brand. Es gibt mindestens eine weitere heftige Explosion, die vermutlich von einem selbstgebauten Brandsatz stammt.
Erklärung des Angeklagten: Sprengsätze zum eigenen Schutz gedacht
In einer Erklärung, die Verteidiger Hanjo Schrepfer zu Beginn der Verhandlung am Freitag vortrug, verweist der Beschuldigte darauf, sich einen "irren Schutzmechanismus" aufgebaut zu haben. Er habe aber nicht das Ziel gehabt, damit auf Menschen zu schießen. Die selbstgebauten Sprengsätze in der Wohnung seien zum eigenen Schutz gedacht gewesen.
Vor Gericht wurde bekannt, dass der Angeklagte seit seinem 18. Lebensjahr regelmäßig Marihuana konsumiert sowie Speed oder Amphetamine. Er habe die Droge genommen, um seine "Stimmungsschwankungen" auszugleichen und "dem Leistungsdruck" bei der Arbeit gewachsen zu sein. Er sicherte zu, sich psychiatrisch behandeln zu lassen. Er wolle wieder arbeiten und sein Leben so gestalten, "dass es derartige Exzesse nicht mehr gibt".