Für sie als Fußgängerin war das optische Signal eindeutig: Die Ampel zeigte "Grün" auf der breiten Mergentheimer Straße in Würzburg-Heidingsfeld. Sie setzte den Fuß auf die Fahrbahn, ihr Hund folgte. Der Motor des PS-starken Wagens, der heranraste, muss protzend laut gewesen sein. Doch die Fußgängerin ist gehörlos, konnte das Fahrzeug also akustisch nicht wahrnehmen.
Das Auto raste auf sie zu, streifte sie und schleuderte sie mehrere Meter weit, samt ihrem Hund. Die heute 44-Jährige kam mit Prellungen davon, auch das Tier erlitt nur leichte Verletzungen. Nur ein paar Zentimeter mehr - und die beiden hätten wohl nicht überlebt.
Ungeklärte Frage: War es ein illegales Rennen?
Fast zwei Jahre sind - auch Corona-bedingt - seit dem Vorfall im Dezember 2019 vergangen. Von diesem Freitag an muss sich der junge Fahrer vor dem Landgericht Würzburg verantworten: Der 22-Jährige ist angeklagt wegen versuchten Mordes. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat er mit seiner rücksichtslosen Fahrweise den Tod der gehörlosen Fußgängerin in Kauf genommen.
Das Gericht muss jetzt klären, ob der Angeklagte mit zeitweise 150 "Sachen" allein unterwegs war, um mit dem geliehenen PS-starken Wagen zu protzen. Oder ob er mit einem anderen Wagen ein illegales Rennen fuhr. Ein zweiter Raser soll beteiligt gewesen sein, die Ermittler konnten ihn bislang aber nicht ausfindig machen.
Straftat statt Ordnungswidrigkeit: Seit vier Jahren verschärfte Gesetzeslage
Die Justiz sieht solche Fälle, bei denen Fußgänger zu Opfern teilweise alkoholisierter, teilweise zu schneller Autofahrer werden, nicht mehr als Kavaliersdelikt und Ordnungswidrigkeit. Seit Oktober 2017 gelten illegale Auto- und Motorradrennen als Straftat. Seitdem kann schon die Teilnahme an solchen Rennen mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Der neue Paragraf 315d im Strafgesetzbuch sieht zudem bis zu zehn Jahre Gefängnis vor, wenn der Tod eines anderen Menschen durch ein "verbotenes Kraftfahrzeugrennen" verursacht wird.
Demnächst wird in Würzburg auch der Prozess gegen einen betrunkenen Autofahrer weitergehen, der bei Eisenheim (Lkr. Würzburg) eine junge Fußgängerin totgefahren hatte - und in erster Instanz mit einer Geldstrafe davon gekommen war, was für heftige Kritik sorgte. Und in diesem Juli erst musste sich ein 18-Jähriger wegen Raserei und des Todes einer 47-Jährigen bei Burggrumbach (Lkr. Würzburg) verantworten - ein Prozess, der ebenfalls für heftige Diskussionen sorgte. Der Unfallfahrer wurde schuldig gesprochen und erhielt eine Haftstrafe mit Bewährung.
Gutachter soll belegen: kein Autorennen
Für den anstehenden Prozess um die Raserei in Heidingsfeld haben die Verteidiger Peter Möckesch und Norman Jacob - wie in dem Fall bei Burggrumbach - erneut einen renommierten Sachverständigen verpflichtet. Sie wollen beweisen, dass der Unfall im Dezember 2019 kein Rennen war, wie die Staatsanwaltschaft annimmt. Den 2017 vom Gesetzgeber verschärften Paragrafen hat der Gutachter entscheidend mitgeprägt. Und im Burggrumbacher Fall hatte er keine ausreichenden Indizien für ein Rennen gesehen - im Gegensatz zum Gericht.
Vergebliche Suche nach zweitem Wagen
Der Fall des "Rasers von Heidingsfeld" hat seine Tücken. Der 21-Jährige, der bereits vorher mehrfach durch rücksichtslose Fahrweise aufgefallen war, wurde unter dem Verdacht des versuchten Mordes festgenommen. Doch so sehr die Ermittler wochenlang im Bekanntenkreis des Fahrers, bei seinen Mitfahrern und in eine angeblich keimenden Szene junger "Rennfahrer" suchten: Ein zweites beteiligtes Auto konnten sie nicht ausmachen. Das Oberlandesgericht ließ den Verdächtigen schließlich wieder frei. Weder das Unfallopfer noch die Zeugen, die in jener Dezembernacht in der Nähe des Unfallortes waren, standen, hätten ein zweites Auto bemerkt, betonen die Verteidiger.
Laut Oberstaatsanwalt mit 150 km/h durch die Stadt
Es bleibt das lebensgefährliche Tempo, mit dem der junge Fahrer unterwegs war. Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach ließ bei den Ermittlungen das Navigationsgerät an dem beschlagnahmten Unfallwagen auswerten. Offenbar hat der 22-Jährige kurz vor der Ampel rücksichtslos noch stärker Gas gegeben. Demnach war er vier Sekunden vor dem Aufprall mit etwa 150 Stundenkilometern unterwegs – bei erlaubten 50. Etwa 1,5 Sekunden vor Aufprall hätte die Geschwindigkeit noch immer 100 Kilometer pro Stunde betragen.
Wer mit 150 Km/h durch eine Stadt rast, der nimmt billigend Tote in Kauf!
Das ist erstens Vorsatz! Denn er will das ja! Wenn er sich deswegen ein PS-Starkes Auto geliehen hat um das in einer Stadt auszufahren, dann erst recht, denn er bedient sich in dem Fall gemeingefährlicher Mittel (ein weiteres Mord-Motiv!).
Außerdem sind hier niedrige Beweggründe anzuführen: Er will einfach, zu seinem Vergnügen, durch eine Stadt rasen, ohne Rücksicht auf Verluste...
Das sind alles Merkmale, die mit Totschlag nicht mehr zu rechtfertigen sind, und ganz klare Mord-Motive!!!
Wann endlich schreitet hier der Gesetzgeber so radikal ein, dass sowas wirklich richtig weh tut???
Unter meinem Wohnzimmerfenster rast seit mindestens 5 Jahren, in den Sommermonaten, fast täglich ein Motorradfahrer auf der Südtangente mit über 150 Sachen vorbei, ohne dass dem Einhalt geboten wird... (Ich fahre schon seit 40 Jahren Motorrad und kann das daher auch einschätzen...)
Das hat der Fahrer ausreichend bewiesen.
Es bleibt aber doch die Frage wie ein so junger Fahrer an derart schnelle und damit teure Fahrzeuge kommen kann.
Der Führerschein für Jugendliche und Heranwachsende gehört im Auto restriktiv gestaltet wie für Motorradfahrer.
Vor allem bei Jemanden, der schon mehrmals im Straßenverkehr negativ aufgefallen ist.
Über den Tellerrand der Landesgrenzen zu schauen kann nicht schaden.
Z.B. hätte sich die CSU die Mautblamage sparen können, wenn sie vom alpenländischen Nachbarland einfach die Regeln angeschrieben hätte. Auch die StVO könnte durch Anschreiben bei den Nachbarn verbessert werden.
Aber unsere Verkehrsminister der CSU sind halt recht beratungsresistent und lernunwillig.
Ich meinte natürlich abschreiben bei den Nachbarn!