Seit drei Monaten sitzt ein 20-jähriger Mann aus Würzburg in Untersuchungshaft. Er soll Anfang Dezember durch den Würzburger Stadtteil Heidingsfeld gerast sein und beinahe an einer grünen Ampel eine Frau überfahren haben. Möglicherweise war es ein illegales Autorennen. Der Mann wird auch weiter in Haft bleiben, denn die Ermittler haben neue Belege für sein rücksichtsloses Verhalten, das die Fußgängerin fast getötet hätte.
Verteidiger Norman Jacob hatte vor Kurzem noch Hoffnung, dass sein Mandant nach einer Haftprüfung aus dem Gefängnis freikommt. Schließlich sucht die Polizei auch drei Monate nach dem Unfall - trotz 16 Durchsuchungen im Bekanntenkreis des Mannes und seiner Mitfahrer - bisher vergeblich das zweite Auto. Mit dem soll sich laut Polizi der 20-Jährige an einem Sonntagabend im Dezember in der Mergentheimer Straße in Würzburg-Heidingsfeld ein illegales Wettrennen geliefert haben.
Kein Kavaliersdelikt, möglicherweise Mordversuch
Klar ist: Mit seinem teuren und PS-starken Leihwagen erfasste der 20-Jährige auf der gut einsehbaren, geraden Strecke frontal eine 42-jährige gehörlose Fußgängerin. Die hatte ahnungslos an einer grünen Ampel mit ihrem Hund die Straße überquert. Die Frau erlitt Prellungen am ganzen Körper.
Rücksichtloses Rasen wird von der Justiz nicht mehr als Kavaliersdelikt gesehen. Nach einer Reihe von spektakulären Todesfälle bei illegalen Autorennen, kann ein solches Verhalten auch als Mord mit der Waffe Auto gewertet werden. Der 20-Jährige kam in Untersuchungshaft.
Mit fest 150 km/h durch die Stadt gerast
Der Verdächtige bestreitet, dass er um die Wette fuhr. Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach muss auf Nachfrage einräumen: "Der zweite Fahrer konnte noch nicht ermittelt werden."
Warum kam der Verdächtig dann nicht mangels Beweisen frei? Nach Informationen dieser Redaktion gibt es Daten, die zeigen: Der 20-Jährige soll noch Sekunden vor dem Unfall Gas gegeben und dreimal so schnell unterwegs gewesen sein wie innerorts erlaubt ist: mit nahezu 150 km/h.
Anwalt Jacob äußert sich dazu nicht. Doch er bestätigt, dass er den Antrag auf Freilassung zurückgezogen hat. Das bestätigt auch der Staatsanwalt auf Anfrage dieser Redaktion. Er hat von Spezialisten das hochwertige Navigationsgerät im teuren AMG-Mercedes des Verdächtigen auswerten lassen.
Mit eindeutigem Ergebnis, wie Oberstaatsanwalt Seebach auf Nachfrage sagt: „Aus dieser vorläufigen Auswertung ergeben sich hohe Geschwindigkeiten noch Sekunden vor dem Unfall.“ Über exakte Werte will sich Seebach erst äußern, wenn ihm das unfallanalytische Gutachten eines Sachverständigen vorliegt.
Schon vorher wiederholt zu schnell unterwegs
Nach Informationen dieser Redaktion soll der Verdächtige in mindestens zwei weiteren Fällen schon durch eine rücksichtslose Fahrweise aufgefallen sein, die Gegenstand von Ermittlungen waren: Einmal soll er im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld in einem verkehrsberuhigten Bereich bei erlaubten 30 km/h mit über 100 km/h unterwegs gewesen sein. Ein zweiter Tempoverstoß soll so gravierend gewesen sein, dass im Dezember bereits eine Anklage gegen ihn vorlag.
"Einmal soll er im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld in einem verkehrsberuhigten Bereich bei erlaubten 30 km/h mit über 100 km/h unterwegs gewesen sein"
Nein. Im verkehrsberuhigten Bereich gilt Schrittgeschwindigkeit (6-8 km/h)