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Würzburg
Prozess: Erhielt ein Anwalt Honorar aus dunklen Quellen?
Vor dem Landgericht Würzburg muss sich derzeit ein Anwalt aus Göttingen verantworten. Der Fall ist ein Nebenprodukt des Frankonia-Prozesses.
Vor dem Landgericht Würzburg muss sich ein Anwalt verantworten.
Foto: Thomas Obermeier | Vor dem Landgericht Würzburg muss sich ein Anwalt verantworten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:43 Uhr

Dubiose Geschäfte eines Mandanten bringen jetzt einen Verteidiger selbst vor Gericht. Der Vorwurf der Würzburger Justiz: Der 64-jährige Jurist habe bei der Verteidigung in einem Millionen-Prozess Geld aus trüben Quellen kassiert und einen sechsstelligen Betrag für seinen in Untersuchungshaft sitzenden Mandanten vor den Ermittlern versteckt.

Der Prozess am Landgericht Würzburg, der am vergangenen Montag begonnen hat, ist ein Nebenprodukt des Frankonia-Prozesses von 2016 gegen den Finanzjongleur Slobodan Cvetkovic und andere. Dort hatte der jetzt angeklagte Anwalt aus Göttingen den Hauptangeklagten in einem 50-Millionen-Euro-Prozess vertreten, in dem es um Betrug an 25 000 Anleger ging.

Dabei ist Strafrecht gar nicht das "Kerngeschäft" des Göttinger Juristen, der sich eher mit den Feinheiten von Verträgen und Gesellschaften auskennt, mit dem Zivilrecht. Dennoch war dieser Jurist erste Wahl als Pflichtverteidiger, als sein Mandant im Herbst 2014 verhaftet wurde: Er genoss das Vertrauen des damals Angeklagten.

Ein Mann mit Insider-Kenntnissen

Der Anwalt hatte bereits im Frühjahr 2014 in einem 23-seitigen Schriftsatz die Geschäfte des Finanzjongleurs verteidigt, wie Staatsanwalt Tobias Kostuch jetzt bei Verlesen der Anklage erwähnte. Auch im Prozess stellte der Göttinger Anwalt 2016 unter Beweis, dass er sich im schwer durchschaubaren Netzwerk von Firmen, Beteiligungen und Posten-Geschiebe besser zurecht fand als andere Verteidiger der sechs Angeklagten.

Laut Anklage soll er kurz nach der Verhaftung seines Mandanten – nach einer Besprechung mit dessen engstem Mitarbeiter – eine Viertelmillion Euro abgezweigt haben. Laut Anklage habe er eine Sicherstellung des Geldes vereiteln wollen. "Ich hielt den Haftbefehl für zu dünn", sagte er zu seiner Verteidigung, und er habe sich zivilrechtlich rückversichert, dass dies in Ordnung ging. "Das war mutig", so der Vorsitzende Reinhold Emmert.

Heikler könnte ein anderer Punkt werden: Kassierte er einen verbotenen Vorschuss trotz des greifbaren Verdachts, dass sein Honorar mit einiger Wahrscheinlichkeit aus den Erträgen von Straftaten stammte? Dies ist Verteidigern eigentlich verwehrt. Seit 2013 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen seinen Mandanten. Der Anwalt gewann schon durch die Erstellung der 23-seitigen Verteidigungsschrift einen Überblick über die Geschäfte Cvetkovics. Als er dann Haftbefehl und Durchsuchungsbeschluss las, muss ihm gedämmert haben: Genau diese Geschäfte hatte die Staatsanwaltschaft unter Verdacht. Dass sein Mandant sein Geld nur durch Betrug bei diesen Geschäften verdient hatte, "lag laut den Unterlagen sowas von nahe", hält ihm der Vorsitzende vor.  

Geld aus trüben Quellen

Der Anwalt verlangte aber trotz seiner Insiderkenntnisse einen Vorschuss von 35 700 Euro dafür, dass ihm viel Arbeit bevorstand. Deshalb könnte dem 64-jährigen Juristen nach dem Würzburger Prozess auch noch ein Verfahren bei der heimischen Anwaltskammer um seine Zulassung  drohen.

2016 waren die Beweise erdrückend gegen Motorsportfan Cvetkovic, der sich von 1,5 Millionen Euro seiner Anleger bei Bad Homburg ein "villenartiges Einfamilienhaus mit Schwimmteich" (so die Anklage) sowie ein teures Hobby leistete: einen 275 000 Euro teuren Rennwagen für seinen Würzburger "Prosperia"-Rennstall. Er wurde zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt– und sein Anwalt wurde mitten im Prozess selbst ein Fall für die Staatsanwaltschaft:Die durchsuchte sein Büro sowie Räume eines Zeugen, stieß auf klärungsbedürftige Vorgänge und sorgte dafür, dass der Anwalt sein Mandat niederlegen musste.

Ex-Mandant im Zeugenstand

Spannend wird der zweite Verhandlungstag am 6. Juni: Dann soll Cvetkovic aus dem Gefängnis kommen, um im Zeugenstand gegen seinen früheren Anwalt auszusagen. Er hat fast die Hälfte seiner Haft hinter sich – und könnte mit umfassenden Aussagen Punkte für eine frühzeitige Entlassung sammeln.

 
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