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Würzburg
Gestanden: Polizeischüler zu 15 Monaten Jugendstrafe verurteilt
In Würzburg stand der Polizeischüler vor Gericht, der laut Anklage mit seiner Dienstwaffe versehentlich einen Mitschüler tödlich getroffen hat. Das Urteil fiel schnell. 
Polizeischüler vor Gericht: Am Dienstag wurde der 21-Jährige für einen tödlichen Schuss mit der Dienstwaffe verurteilt, der seinem Stubenkameraden das Leben gekostet hatte. 
Foto: Thomas Obermeier | Polizeischüler vor Gericht: Am Dienstag wurde der 21-Jährige für einen tödlichen Schuss mit der Dienstwaffe verurteilt, der seinem Stubenkameraden das Leben gekostet hatte. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:46 Uhr

15 Monate Haft für den tödlichen Leichtsinn, der dem Kumpel und Mitschüler das Leben gekostet hatte: So lautet das Urteil im Prozess gegen einen 21-jährigen Polizeischüler am Dienstag in Würzburg.

Das Gericht um den Vorsitzenden Bernd Krieger setzte die Strafe zur Bewährung aus. Es blieb damit nach Angaben von Gerichtssprecher Jürgen Reiher unter dem Antrag des Oberstaatsanwalts, der 22 Monate nach Erwachsenen-Strafrecht gefordert hatte. Der Angeklagte habe „völlig unnütz und sinnlos“ abgedrückt, so Thorsten Seebach in seinem Plädoyer. 

Verteidiger Peter Auffermann plädierte „für eine Jugendstrafe in bewährungsfähiger Höhe", die seinem Mandanten "eine Chance für ein weiteres Leben" gebe. Der Anwalt der Nebenklage sagte, er könne „nicht feststellen, dass der Angeklagte zu seinen Verfehlungen steht“.  Eine WhatsApp des Angeklagten an seinen Bruder am Tat-Abend - rund 40 Minuten nach dem Schuss - zeige dies: "Mein Leben ist zu Ende. Ich gehe jetzt für zehn Jahre in den Knast", heißt es darin. Der Anwalt sprach sich für eine Strafe in nicht mehr bewährungsfähiger Höhe aus, also für mindestens zwei Jahre. 

Jugendgerichtshilfe sieht Reife-Defizite

Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe hatte im Handeln des zur Tatzeit 19-jährigen Angeklagten Reife-Defizite gesehen. „Für ihn ist es die größte Strafe, dass er mit der Schuld leben muss“, betonte sie in der Verhandlung. Ob das stimme, fragte der Vorsitzende den Angeklagten. Der rang sich nur ein Wort ab: „Richtig.“

Der angeklagte Polizeischüler und sein Anwalt Peter Auffermann (links) im Sitzungssaal im Amtsgericht Würzburg. Dem 21-Jährigen wurde fahrlässige Tötung vorgeworfen. 
Foto: Thomas Obermeier | Der angeklagte Polizeischüler und sein Anwalt Peter Auffermann (links) im Sitzungssaal im Amtsgericht Würzburg. Dem 21-Jährigen wurde fahrlässige Tötung vorgeworfen. 

Am Endes des Verfahrens ergriff er, sichtlich mitgenommen, doch noch selbst das Wort: „Das alles tut mir sehr leid“, versicherte er den Angehörigen. Und: „Ich werde mich meiner Verantwortung stellen.“ 

Nach dem tödlichen Schuss in der Unterkunft der Würzburger Bereitschaftspolizei im Februar 2019 hatte der Polizeischüler den Ermittlern gegenüber so ausgesagt: Er und sein Stubenkamerad hätten vor Beginn ihres Wachdienstes das schnelle Zie­hen der Waffe aus dem Hols­ter geübt. Sein Mitschüler sei vor­angegangen, habe die Pistole gezogen und „Deutschuss“ gerufen. „Hierauf zog auch der etwa 1 bis 1,5 Meter hin­ter dem Geschädigten ste­hende Angeklagte seine Dienstwaffe und legte Rich­tung Fenster an“, zitierte Oberstaatsanwalt See­bach im Prozess.

Gegen alle Dienstvor­schriften habe der Angeklagte dann auch noch abgedrückt, obwohl sein Kollege im Streubereich der Waffe stand. Ein Schuss krachte, der damals 21-Jährige wurde in den Hinterkopf ge­troffen und starb kurz dar­auf. 

Tödlicher Fehler am Ende des Wachdienstes 

Einem Ermittler zufolge war der grundlegende Fehler am Ende des vorangegangenen Wachdienstes passiert. Da habe der damals 19-jährige Angeklagte das Magazin seiner Dienstpistole mit 14 Schuss abgegeben, ohne die 15. Patrone aus dem Lauf zu nehmen. In der Unterkunft simulierten er und sein Stubenkamerad dann vor ihrem nächsten Dienst den Schusswaffeneinsatz.

Dabei hätten sie gewarnt sein müssen. Wenige Tage vorher hatte sich in der Kaserne schon einmal versehentlich ein Schuss aus einer Dienstpistole gelöst, dabei aber nur ein Fenster getroffen. Auch der Angeklagte und sein Kumpel waren danach zum Einhalten der Vorschriften beim Handhaben der Waffe ermahnt worden.

Das öffentliche Interesse am Prozess war - wie erwartet - groß. Doch die Verhandlung war in einem kleinen Sitzungssaal mit nur zehn Zuschauern angesetzt worden. „Ich hätte auch die Flyeralarm-Arena füllen können“, hört man den Vorsitzenden sagen, „was soll man machen?“ Die Wachtmeister ließen zuerst die Angehörigen in den Raum. Fast alle Medienvertreter und zwei Dutzend Zuschauer blieben ausgesperrt.

Großer Auflauf, kleiner Sitzungssaal

Laut Pressesprecher Jürgen Reiher war der große Sitzungssaal anderweitig belegt gewesen - „und da haben wir wegen Corona auch nur fünf Plätze mehr“. Er wies Spekulationen zurück, dass man absichtlich einen kleinen Saal gewählt habe. Das Gericht tage "wie immer" im zweitgrößten Saal.

Den Aushängen zufolge fand im großen Sitzungssaal am Dienstagvormittag ein Drogenprozess statt - ohne Publikum. Am Prozess gegen den Polizeischüler nahm schließlich der Gerichtssprecher selbst teil, um die Wartenden vor der Türe immer wieder über den Verlauf zu informieren.  

Zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte die Vorwürfe in vollem Umfang eingeräumt. In einer schriftlichen Stellungnahme, die sein Verteidiger vor Gericht vorlas, gestand er beim Entladen und der Kontrolle seiner Dienstwaffe nachlässig gehandelt zu haben. Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass sich im Lauf der Dienstwaffe noch eine Kugel befand.

Schon mehrfach hätten er und sein Freund mit der Waffe posiert, gab der Angeklagte während der Verhandlung zu. Die weiteren Ermittlungen hätten nichts ergeben, was seiner Erklärung zum Ablauf widerspräche, sagte der Beamte des Landeskriminalamts. Damit schloss gegen Mittag die Beweisaufnahme, zwei Stunden später fiel das Urteil.

Vater des Opfers: "Er soll ein Leben lang an die Tat denken"

Die Eltern des Opfers zeigten sich hinterher unzufrieden mit dem Prozess. "Es ging mehr um seine Befindlichkeiten als um die Aufklärung der Tat", sagte der Vater über den Angeklagten. "Er soll ein Leben lang an die Tat denken, so, wie wir es müssen." Zusätzlich zur Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung muss der Angeklagte 2400 Euro in Raten von 100 Euro an die Eltern des Verstorbenen zahlen.

Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel, die anderen Beteiligten gaben zunächst keine Erklärung ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • stefan.behringer@web.de
    Wieso dürfen Polizeischüler überhaupt ohne Aufsicht geladene Waffen haben? Wieso wird nicht zumindest kontrolliert, ob alle Patronen wieder abgegeben werden. Das wäre doch z. B. mit einer Waage in Sekundenschnelle zu überprüfen.
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  • FischersFritz
    Waage geht, ist aber gar nicht nötig. Eine einfache Sichtprüfung hätte gereicht.

    Der Ladestand eines Magazins ist normalerweise mit einem Blick zu erfassen - es gibt speziell dafür Löcher oder Schlitze im Magazin, um das visuell erkennen zu können.

    Würde mich überraschen, wenn das bei Dienstwaffen der Polizei anders wäre …
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  • vfhb
    In welchen Zeiten leben wir denn? Die Presse beschwert sich, das der Gerichtssaal zu klein ist und das die Angehörigen zu erst hinein kommen.
    Müssen zehn Reporter das Urteil des Richters unterschiedlich dokumentieren?
    Bitte denkt auch mal an die beiden Familien
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  • juergenmagic@t-online.de
    Als ich früher meinen Wehrdienst abgeleistet hab, musste ich auch Wache schieben. Da durfte keiner das Wachlokal nach Wachende verlassen, bevor nicht die gesamte Munition vollzählig war. Es wurde bei jeder Übergabe die Vollzähligkeit festgestellt unter Aufsicht der Wachvorgesetzten. So gesehen liegt die Schuld auf keinen Fall allein beim Polizeischüler.
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  • Arcus
    Was ist mit den Schlampereien bei der Würzburger BePo ? Werden die nicht aufgearbeitet? Muss sich niemand rechtfertigen?
    Übrigens attestiere ich nur den wenigsten Polizeischülern eine ausreichte Reife um einen gewissenhaften Dienst auszuführen. Schlimm nur, dass unreife Jungpolizisten dann auf die Bevölkerung losgelassen werden.
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  • rene.wiebusch@t-online.de
    Zitat: " ... Übrigens attestiere ich nur den wenigsten Polizeischülern eine ausreichte Reife ..." Zitatende

    Ach? Sie kennen alle Polizeischüler? Sind Sie dort beschäftigt?

    Besten Dank für Rückmeldung.
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  • uwe.luz@t-online.de
    Sie und mit Ihnen die Grünen haben ein Problem damit, dass überhaupt Polizisten auf die Bevölkerung losgelassen werden.
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  • Albatros
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • MiGeb275
    Liebe MainPost,
    vielleicht sollte man bei manchen Artikeln einfach die Kommentarfunktion abstellen...
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  • FischersFritz
    Schusswaffen sind potenziell tödlich … und Menschen machen Fehler. Eine ungünstige Kombination.

    Es bringen auch nicht alle Menschen die für den Umgang mit einer Schusswaffe erforderlichen Persönlichkeitsmerkmale mit.

    Auf jeden Fall sollte die Polizei ihr Auswahl- und ihr Ausbildungskonzept überdenken.

    Und das Nachzählen der zurückgegeben Munition wäre sicher auch keine schlechte Idee …

    Jeder vermiedene Unglücksfall ist ein Erfolg. Aber ein Restrisiko wird immer bleiben … wie gesagt: Menschen machen Fehler.
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  • Hery.Mennig@web.de
    "Da habe der damals 19-jährige Angeklagte das Magazin seiner Dienstpistole mit 14 Schuss abgegeben, ohne die 15. Patrone aus dem Lauf zu nehmen." Genau hier liegt der "Fehler im Vorfeld", von dem "einFranke" geschrieben hat. Es handelt sich um Polizeischüler, bei denen die Vorgesetzten ganz genau hinschauen müssen!! Wie kann es denn sein, dass bei Abgabe eines Magazins nicht nachgezählt wird ob alle Patronen vollständig vorhanden sind?? Wenn das immer so ist, dann könnte sich ein angehender Polizist widerrechtlich peu a peu eine stattliche Anzahl von Patronen zusammen sammeln! Insoweit haben der Vorgesetzte und/oder der Mitarbeiter der Waffenkammer eine Mitschuld am Tod des Polizeischülers. Als ich meinen Wehrdienst ableistete, wurde immer ganz genau nachgezählt. Und es war der Teufel los, wenn auch nur eine einzige Patrone fehlte.
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  • chrihand
    ja, das Nachzählen der Patronen hätte erfolgen müssen.

    Das spielt aber nicht wirklich eine Rolle! Denn auch beim Bund hast Du nämlich was gelernt:

    Wichtigster Satz: "Die Schußwaffe ist stets als geladen zu betrachten bzw. als geladene Waffe zu behandeln". Und das MUSS sitzen!

    Als nächstes: "Die Waffe ist kein Spielzeug. Sie darf, auch in entladenem Zustand, niemals auf Menschen gerichtet werden. Einzige Ausnahme ist der gezielte Schuß im Einsatz, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, sofern alle anderweitigen Maßnahmen ohne Erfolg sind."

    "Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass sich im Lauf der Dienstwaffe noch eine Kugel befand."
    Schwer zu sagen wer hier versagt hat. Aber ich tendiere schon in Richtung Ausbildung.
    Die Regel beibringen ist einfach. Reines Auswendig lernen. Die Einhaltung im täglichen Umgang kann man aber beobachten und Nachlässigkeiten im Verhalten lassen sich recht einfach erkennen. Das ist meine Aufgabe als Ausbilder. Und die nehme ich ernst!
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  • florian.stenger@arcor.de
    er ist nicht der alleinige Schuldige da gibt es noch andere die Mitschuldig sind Sie sollten das auch eingestehen das Sie Fehler gemacht haben und nicht richtig kontrolliert haben das wird mal wieder unter den Teppich gekehrt.
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  • mausschanze
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  • harryamend@outlook.de
    Wenn die Jugendgerichtshilfe den Angeklagten bei seiner Tat damals Reife-Defizite assentiert hat, da wird es einen mulmig wer heutzutage alles zur Polizei darf.
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  • ra.kellermann@gmx.de
    Er wird hoffentlich aus dem schlimmen Fehler für sein ganzes Leben gelernt haben.
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  • BH24@email.de
    Der Junge ist mehr als genug gestraft. Ich hoffe, dass man es ihm nicht noch unnötig schwer macht...
    Wenn man ihn so dasitzen sieht, möchte man ihn am liebsten in den Arm nehmen und trösten :‘(
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    ...da werden wohl einige im Hintergrund "zitter" aus Angst noch zur Rechenschaft gezogen zu werden (zu Recht). Den entscheidenden Fehler hat sicher der Angeklagte gemacht - aber die Fehler im Vorfeld haben ein großes Stück dazu beigetragen das es soweit kommen konnte!
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  • simonhard
    Schuldig ist einzig und allein der Angeklagte. Dass Fehler gemacht wurden, auch von Anderen ist unbestreitbar, aber nebensächlich und für diesen Prozess nicht relevant.
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  • Albatros
    @simonhard, sehe ich nicht ganz so. Gerade bei jungen Menschen sollte die Kontrollinstanz besonders hoch sein. Beim Nachzählen eine Patrone zu vergessen ist eine Verfehlung, die wie man sieht, ein Menschenleben kosten kann. Es sind jene Routineprozesse welche eine Gefahr darstellen. Letztlich hat der junge Mann natürlich den tödlichen Schuss abgegeben und muss sich seiner Verantwortung stellen. Zwei Familien wurden zerstört, tragischer geht es kaum.
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