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Röttingen
Plötzlich Bürgermeister: Wie sich Steffen Romstöck in seinem neuen Amt in Röttingen eingelebt hat
Seine Wahl fand bundesweites Medienecho. Zwei Tage danach wurde Steffen Romstöck zum neuen Röttinger Bürgermeister vereidigt. Wie geht es ihm heute?
Bürgermeister Steffen Romstöck vor seinem neuen Arbeitsplatz, dem Röttinger Rathaus. 
Foto: Daniel Peter | Bürgermeister Steffen Romstöck vor seinem neuen Arbeitsplatz, dem Röttinger Rathaus. 
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 10.10.2024 02:40 Uhr

"Wahl-Hammer in Röttingen" titelte Deutschlands größtes Boulevardblatt. Vom Bürgermeister, der nicht auf dem Zettel stand, sprach der Bayerische Rundfunk. Mit 51,9 Prozent der Stimmen wurde Steffen Romstöck zum Röttinger Bürgermeister gewählt, obwohl er gar nicht kandidiert hatte. Die Wahl war nötig geworden, nachdem Hermann Fernando Gabel sein Amt niedergelegt hatte. Drei Wochen nach seiner Wahl spricht Steffen Romstöck über seinen Überraschungssieg und über seine Schwerpunkte im neuen Amt. 

Frage: Woran haben Sie denn gedacht, als Sie am Tag nach Ihrer Wahl zum Bürgermeister früh aufgewacht sind?

Steffen Romstöck: Dass sich jetzt erstmal viel für mich ändern wird, dass ich im Endeffekt nach knapp 25 Jahren die Uni verlasse. Dass es ein riesengroßer Vertrauensbeweis der Röttinger Bürger ist, mich zu wählen und dass es eine spannende neue Aufgabe ist, vor der ich jetzt stehe. 

Sie haben sich 2020 aus dem Stadtrat zurückgezogen und standen auch jetzt nicht als Kandidat zur Verfügung.

Romstöck: Das ist richtig. Erich Mittnacht (Anm. d. Red: 3. Bürgermeister, Unabhängige Bürger Röttingen UBR) hat mich gefragt, und ich habe ihm gesagt, ich möchte nicht kandidieren.

Woher kam dann der Gesinnungswandel?

Romstöck: Aus meiner Sicht war es kein Gesinnungswandel. Ich habe ja nach wie vor nicht kandidiert. Dabei war mir auch wichtig, dass ich das Wort, das ich Erich Mittnacht gegeben habe, nicht breche.

Eine gewisse Vorahnung müssen Sie aber schon gehabt haben. Schließlich ist vor der Wahl in verschiedenen WhatsApp-Gruppen ziemlich viel Wahlkampf für Sie gemacht worden.

Romstöck: Ich selber hab keinen Wahlkampf gemacht, keine Versammlung, keine Wurfzettel und auch sonst nichts. Als ich gefragt wurde: Was würdest du denn machen, wenn wir dich auf den Zettel schreiben, hab ich gesagt, dass ich das niemandem verbieten kann und dass ich nicht kneifen würde, wenn ich die Mehrheit bekommen sollte.

In Ihrer Antrittsrede haben Sie davon gesprochen, dass Sie den Graben zwischen Stadtrat und Bürgerschaft wieder glätten wollen. Welchen Graben meinten Sie damit?

Romstöck: Ich weiß nicht, ob ich Graben gesagt habe. Aber ich habe mich dabei nur auf die Nominierungsversammlung bezogen. Ich hab es so empfunden, dass dabei ein gewisser Riss zwischen Stadtrat und Bürgerschaft entstanden ist, weil sich die Bürgerinnen und Bürger bei nur einem Kandidaten ihrer Wahl beraubt fühlten. Bei der Versammlung ging es ja teils sehr emotional zu, auch persönlich gegen Mitglieder des Stadtrats, und das finde ich schade und auch nicht gerechtfertigt.

In welcher Funktion waren Sie zuletzt an der Uni Würzburg tätig?

Romstöck: Zuletzt war ich stellvertretender Referatsleiter in der Personalverwaltung und dort unter anderem zuständig für Professoren.

Meinen Sie, dass Ihnen Ihre Erfahrungen dort jetzt im Amt Bürgermeister helfen?

Romstöck: Zum Teil. Weil es dort natürlich auch Spannungen gab zwischen der Erwartungshaltung von Professoren und den Möglichkeiten, die eine Zentralverwaltung der Universität hat.

Steffen Romstöck beim Interview in seinem Büro im Röttinger Rathaus. Mit großer Zuversicht geht er sein neues Amt an.
Foto: Daniel Peter | Steffen Romstöck beim Interview in seinem Büro im Röttinger Rathaus. Mit großer Zuversicht geht er sein neues Amt an.
Und in diesem Spannungsfeld sehen Sie sich auch im Amt als Bürgermeister?

Romstöck: Ja, weil natürlich an einen Bürgermeister viele Wünsche herangetragen werden. Aber auch wir haben nur begrenzte Möglichkeiten. Von da her ist die Grundsituation schon vergleichbar.

Ihr Vorgänger Hermann Gabel hat es als Problem für sich angesehen, dass er keine Fraktion hinter sich hatte. Sie sind jetzt gewissermaßen in der gleichen Situation. Wie gehen Sie damit um?

Romstöck: Ich glaube das nicht, weil ich der Auffassung bin, dass wir in einer kleinen Kommune nicht in Fraktionen und Parteien denken sollte. Kommunalpolitik ist für mich Sachpolitik. Es geht darum, die Probleme in unserer örtlichen Gemeinschaft gemeinsam zu lösen. Und ich habe den Eindruck, dass das auch funktioniert.

Ihr Vorgänger ist zurückgetreten, weil ihn das Amt psychisch überfordert hat. Er ist damit sehr offen umgegangen, was großen Respekt verdient. Aber was tun Sie, um das zu verhindern?

Romstöck: Ich werde aufpassen, dass ich genügend Freiräume habe und auch mal Zeit zum Abschalten. Mir ist klar, dass ich meine Arbeit gut strukturieren und dabei auch ein bisschen auf meine Grenzen achten muss. Aber ich habe da eine ganz gute Resilienz. Ich bin seit über 20 Jahren in der Notfallrettung aktiv, erst bei den Maltesern in Würzburg und jetzt als Helfer vor Ort bei der Feuerwehr. Dabei lernt man die Fähigkeit, ruhig zu bleiben, wenn es drauf ankommt.

Wie würden Sie Röttingen mit seinen beiden Ortsteilen heute beschreiben, und wo liegen die wichtigsten Aufgaben für die Zukunft?

Romstöck: Ein bisschen aufpassen müssen wir auf unsere Infrastruktur. Das, was in Dresden mit der Brücke passiert ist, passiert bei uns im Kleinen auch. Straßen gehen kaputt, Kanäle müssen repariert werden. Verkabelung, Breitbandausbau, erneuerbare Energien - all dies ist auch in Röttingen ein Thema. Was die Nahversorgung angeht, ist Röttingen noch ganz gut aufgestellt, aber wie sieht es mit dem ÖPNV aus? Wir brauchen eine Infrastruktur, mit der man in Röttingen gut alt werden kann. Der barrierefreie Ausbau der Untergasse ist da ein gutes Beispiel. Was in Röttingen sehr gut läuft, ist das Vereinsleben und der Zusammenhalt. Was die Bürgerschaft dieses Jahr etwa beim Gauvolksfest auf die Beine gestellt hat, war schon sehr beeindruckend. Und die Frankenfestspiele wären ohne die vielen Ehrenamtlichen überhaupt nicht denkbar.

Welche Bedeutung haben die Frankenfestspiele für Sie und wie soll es mit ihnen weitergehen?

Romstöck: Die Frankenfestspiele haben einen großen Anteil an der Bekanntheit von Röttingen. Sie sind unser Markenzeichen. Und wir haben mit Lars Wernecke einen sehr guten Intendanten. Aber man muss natürlich schauen, dass alles in einem vertretbaren Kostenrahmen bleibt. Wenn ich mir vorstelle, dass der Landkreis im Moment Haushaltssperre hat und die Kreisumlage nächstes Jahr vermutlich erneut angehoben wird, dann trifft das natürlich auch unsere finanziellen Möglichkeiten.

Welche Frage würden Sie denn in diesem Interview gerne noch beantworten?

Romstöck: Hmm, das ist eine gute Frage. Vielleicht, warum es sich lohnt, in Röttingen zu wohnen.

Und?

Romstöck: Weil wir, glaube ich, ein toller Ort sind, ein schönes Kleinzentrum mit viel Natur außen rum. Für die Nahversorgung ist alles da, angefangen von der Grundschule über Einkaufsmöglichkeiten bis zu Ärzten und Apotheke. Und ein vielfältiges Vereinsleben haben wir auch.

War das jetzt der Werbeblock?

Romstöck: Ja, aber für ein Städtchen mit 1700 Einwohnern ist das doch beachtlich.

Zur Person

Steffen Romstöck wurde 1980 in Würzburg geboren und lebt seit 2002 in Röttingen. Er ist Vater von zwei Kindern. Nach dem Abitur begann er bei der Universität Würzburg mit seiner Ausbildung, die er als Diplom-Verwaltungswirt (FH) abschloss. Seitdem arbeitete er dort in der Rechtsabteilung und sechs Jahre in der Finanzbuchhaltung des Universitätsklinikums und zuletzt in der Personalverwaltung der Uni.
2014 bis 2020 gehörte er für die Unabhängigen Bürger dem Röttinger Stadtrat an und war dritter Bürgermeister. Bei Wahl zum Bürgermeister am 15. September erhielt er überraschend 51,9 Prozent der Stimmen, obwohl er kein offizieller Kandidat war. Das bayerische Kommunalwahlrecht lässt dies zu, wenn nur ein nominierter Bewerber zur Wahl steht. Seine Amtszeit beträgt acht Jahre.
Quelle: meg
 
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