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Würzburg
Pilotprojekt in der Sanderau: Wie sich ein Würzburger Stadtteil auf den demografischen Wandel einstellt
Wie lässt sich für alte und junge Menschen gleichermaßen Lebensqualität schaffen? Die erste Phase des Pilotprojekts Demografiefeste Kommune ist geschafft. Was die Ergebnisse sind. 
Wie können Alt und Jung in der Sanderau gut zusammenleben?  Ein bayernweites Pilotprojekt im Würzburger Stadtteil soll als Vorbild für andere Städte dienen, v.l. Steffen Deeg (Stabsstelle Koordination Sozialreferat), Sozialreferentin Hülya Düber, Professor Dr. Jürgen Kulke von der Technischen Hochschule Würzburg Schweinfurt und Hendrik Lütke, Leiter der Seniorenarbeit der Stadt Würzburg. 
Foto: Thomas Obermeier | Wie können Alt und Jung in der Sanderau gut zusammenleben?  Ein bayernweites Pilotprojekt im Würzburger Stadtteil soll als Vorbild für andere Städte dienen, v.l.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 29.01.2023 02:58 Uhr

Die Adalberokirche, der Sanderrasen, die Sportanlage Feggrube, die Tectake-Arena oder die Liegeweisen und Grillplätze unterhalb des Theodor-Heuss-Damms unmittelbar am Main gelegen. Alle haben sie eines gemeinsam. Sie gehören ebenso wie Senioreneinrichtungen wie beispielsweise das Ehehaltenhaus oder Schulen wie das Kaufmännische Berufsbildungszentrum an der Klara-Oppenheimer-Schule zum Würzburger Stadtteil Sanderau.

Dieser ist seit Ende 2021 Teil eines bayernweiten Pilotprojektes namens "Demografiefeste Kommune - Bayerns Kommunen machen sich fit für den demografischen Wandel". Damit möchte die bayerische Staatsregierung den Herausforderungen des demografischen Wandels im Allgemeinen und einzelnen demografischen Veränderungen im Speziellen - wie beispielsweise der verstärkten Zuwanderung von Geflüchteten in den Jahren 2015/2016 und aktuell im Jahr 2022 - begegnen.

Die Klara Oppenheimer Schule in der Stettiner Straße in der Sanderau. 
Foto: Thomas Obermeier | Die Klara Oppenheimer Schule in der Stettiner Straße in der Sanderau. 

Brücken bauen zwischen Alt und Jung

Wie Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber bei einem Termin vor Ort erläuterte, laufe das vom bayerischen Heimatministerium mit 114.000 Euro geförderte Pilotprojekt bis Herbst 2025. Wie berichtet wurde Würzburg dabei als eine von zehn geförderten Pilotkommunen als einzige Großstadt mit ins Boot geholt, allerdings nur mit einem Stadtteil. Laut Düber soll die Sanderau strukturell fit gemacht werden, "um auch mittel- und langfristig für alle Generationen ein attraktiver Stadtteil zu bleiben".

Winterlicher Blick auf das Würzburger Stadtviertel Sanderau mit der Adalbero-Kirche. 
Foto: Archiv/Ivana Biscan | Winterlicher Blick auf das Würzburger Stadtviertel Sanderau mit der Adalbero-Kirche. 

Mit der Teilnahme am Projekt möchte die Stadt Würzburg sowohl den Bedürfnissen älterer Menschen nach einem selbst bestimmten Leben im Alter als auch den Bedürfnissen jüngerer Menschen gerecht werden und auch Brücken zwischen den Generationen bauen. Laut Düber schließt das Projekt an das seniorenfokussierte Quartiersmanagement "Miteinander in der Sanderau" an, das durch das Bayerische Ministerium für Arbeit, Familie und Soziales, die Stadt Würzburg und die Diakonie Würzburg gefördert wird. "Wir beginnen also bei der Demografiearbeit nicht bei Null, sondern können auf ein fortgeschrittenes seniorenpolitisches Gesamtkonzept blicken", sagte Hendrik Lütke, Leiter der Seniorenarbeit, und verwies auch auf Projekte wie "Selbstbestimmt leben im Alter" (Sela) und viele gut vernetzt Akteure.

Erster Projektschritt "Datenanalyse" erfolgreich abgeschlossen

Vor einigen Wochen wurde der erste von fünf Projektschritten, die Datenanalyse, erfolgreich abgeschlossen. Für die Datenerhebung hatte die Stadt Würzburg Prof. Dr. Dieter Kulke von der Technischen Hochschule Würzburg Schweinfurt (Fakultät angewandte Sozialwissenschaften) und sein Team gewinnen können. Wie Kulke beim Vor-Ort-Termin erläuterte, sei man zu diesem Zweck mit vielen "Sanderauer Multiplikatoren" von der Kita bis zum Seniorenheim ins Gespräch gekommen, zahlreiche Experteninterviews und amtliche Statistiken bildeten die Basis für den Report über den Stadtteil in Würzburgs Süden und arbeiteten Stärken und Schwächen heraus.

Dicht an dicht liegen junge Menschen im Sommer 2022 am Mainufer in der Sanderau in Würzburg.
Foto: Archiv/Daniel Peter | Dicht an dicht liegen junge Menschen im Sommer 2022 am Mainufer in der Sanderau in Würzburg.

Besonders spannend seien bei der Analyse zunächst die Punkte, "wo man noch Handlungsbedarf sieht". Kulke nannte beispielsweise die großen Unterschiede in der Nahversorgung, die eigentlich nur an den Rändern des Stadtteils vorbildlich sei. Und: Man lebe in der Sanderau in der Nähe von Naherholungsgebieten wie dem Mainufer, doch in vielen Straßen fehle zusätzliches Grün.

Hitzebelastung durch stark versiegelte Flächen und wenig Grün

Die Hitzebelastung werde laut Klimaatlas in stark versiegelten Bereichen in den nächsten Jahren noch zunehmen, so Kulke. Zudem kommt: Die Wohnungen seien oft vergleichsweise klein und teuer und zudem im vierten Stock eher selten per Aufzug zu erreichen. Auch fehlten in der Sanderau noch Angebote speziell für Jugendliche. "Während es in anderen Stadtteilen Bürgerhäuser gibt, fehlt ein solches in der Sanderau", schilderte Steffen Deeg von der Stabsstelle Koordination im Sozialreferat. 

Als großes Potenzial des Stadtteils hob Kulke indes hervor, dass es neben der Gruppe der Hochbetagten, die in den nächsten Jahren noch wachsen dürfte, auch einen sehr jungen und engagierten Bevölkerungsanteil - vielfach Studenten - gebe, für den ehrenamtlicher Einsatz oder Nachbarschaftshilfe keine Fremdwörter seien. "Diese Gruppe wird in anderen Stadtteilen oft händeringend gesucht." Zudem gebe es in der Sanderau viele Orte, die zu Begegnungsstätten werden könnten: ob nun Hinterhöfe oder zu beruhigende Straßen. Zudem entstünden in den nächsten Jahren neue Wohnungen im Viertel, was ebenfalls örtlich eine neue Dynamik entfachen könne, sagte Kulke.

Blick auf das Ehehaltenhaus in der Sanderau.
Foto: Archiv/Silvia Gralla | Blick auf das Ehehaltenhaus in der Sanderau.

Der nächste Schritt: Eine breit angelegte Bürgerbeteiligung

Der nächste Schritt, erläuterte Steffen Deeg, werde eine breit angelegte Bürgerbeteiligung sein, die dann zu einer eigenen Demografie- und Heimatstrategie führen soll. Aus dieser soll sich eine konkrete Maßnahmenliste ableiten. Dabei müssten natürlich Prioritäten gesetzt werden, so Deeg. Der fünfte und letzte Schritt des Pilotprojekts sei der Ergebnis-Transfer. "Denn schließlich sollen andere Kommunen später vom Würzburger Modellversuch profitieren."

Bei der nun anstehenden Bürgerbeteiligung will die Stadt Würzburg laut Deeg neue Wege einschlagen. Man wolle nicht nur die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, die sich besonders für das Thema Demografie interessieren und wie in der Vergangenheit üblich einen Bürgertisch organisieren. Sondern: "Wir wollen mit einer repräsentativen Zufallsauswahl aus der Bevölkerung absichern, dass wirklich alle Facetten der Sanderau beleuchtet werden." Dabei hofft er auf rege Teilnahme. 

Demografiefeste Kommune

Ziel des Pilotprogramms ist es, dass Kommunen eine fachübergreifende, strategische Heimat- und Demografiestrategie erarbeiten. Dabei werden die Kommunen über bis zu vier Jahre begleitet und bedarfsgerecht unterstützt.
Es sollen nicht nur Strukturen und Prozesse langfristig in den Kommunen etabliert werden, sondern die erarbeiteten fachübergreifenden und strategischen Handlungsansätze auch anderen Kommunen mit ähnlichen Herausforderungen und Multiplikatoren zur Verfügung gestellt werden.
Quelle: Heimatministerium/kgh
 
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  • g-rinke@t-online.de
    Und die Haltestelle gegenüber? Wann geschieht was!
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  • rolandroesch@web.de
    Gibt wichtigeres zu lösen in der Stadt in der nur geschrieben und Vorschläge gemacht werden, Geld kosten.nix einbringen und ausgesessen werden .
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  • theleehla
    Schade, in der Studie wurde aber nicht nur Positives erwähnt. Dann wird die Bürgerbeteiligung sehr spannend. Oder es wird nur "Positives" berichtet.
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  • marent1@hotmail.de
    Es gibt Stadtteile in denen das Leben enger und ungemütlicher ist, mehr Verkehr, weniger Grün und auch eine ähnliche Demographieentwicklung, z.b. Grombühl. wieso fängt man in der Sanderau an?
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  • office@reichelt-schoelch.de
    @ Murmeltier: lt. Text u.a. weil es da schon zumindest eine gewisse Basis für den Gedanken und vereinzelte Vorhaben gibt. Es macht durchaus Sinn, so zu starten, weil gerade die Anlaufzeiten für solche Projekte oft so langfristig ausufern, dass viele Mitstreiter die Geduld verlieren. Da helfen solche Projekte, wo man schon auf etwas Erfahrung bauen kann, erste Erfolge zeigen als Motivation „guck, das können wir auch!“ Man muss das dann nicht abkupfern, macht aber wahrscheinlich weniger Fehler. Und man kann, wenn man gut u. aufrichtig kommuniziert , schneller eine bessere Akzeptanz erreichen - und dann holt man schneller auf. Besser kein Neid, scheint schon durchdacht. Klar, man muss jetzt was draus machen. Vorhaben. Da gucke eher ich leicht frustriert, denn bei unserem Städtchen bestreitet schon der Bürgermeister diese Zukunftsszenarien, wie sich die verschiedenen Altersgruppen hier verändern. Begründung: das sei hier seit Jahrzehnten nie vorgekommen! Ist bei Ihnen besser!
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  • marent1@hotmail.de
    Was genau meinen Sie? In den Artikel kommt kein Jürgen vor.
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  • lisbeth128@gmx.de
    Gute Ansätze wie der Familientreffpunkt wurden wohl auch nicht wahrgenommen. Immerhin gibt es eine Stadtteilmanqgerin/Koordinatorin dort, die auch mit sagenhaften 9 Wochenstunden finanziert wird. Nicht von der Stadt ...
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  • info@softrie.de
    Man könnte einfach statt Nahverdichtung dort Parkhäuser unterbringen, damit die Straßen von Autos befreit werden. Dort könnte man dann auch die Flächen öffnen.
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  • theleehla
    Was leider gar nicht erwähnt wird: Die Sanderauer Grundschule platzt aus allen Nähten, die Kinder werden teilweise in Containern betreut und der Pausenhof ist nicht gerade attraktiv. Wo hat da die Stadt Würzburg hingeschaut?
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  • Auf eigenen Wunsch gesperrt.
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