Man muss sich keine Sorgen machen, dass beim Ehepaar Sachs aus Höchberg der Haussegen schief hängt, aber zu diskutieren gibt es zwischen den Eheleuten in der letzten Zeit einiges. Christina (77) und Helmut (75) Sachs sind beide Mitglieder der SPD – sie seit 42, er seit 40 Jahren. Da dürfte es viele politische Gemeinsamkeiten geben, doch in Sachen Große Koalition gehen die Meinungen im Hause Sachs derzeit weit auseinander.
„Ich bin eigentlich immer dagegen gewesen“, sagt Christina Sachs, die in Höchberg zehn Jahre lang einen SPD-Frauentreff leitete und nun auch schon seit 14 Jahren den örtlichen AWO-Treff organisiert. Die Ergebnisse der Sondierungen haben Christina Sachs, die einst wegen der Ostpolitik Willy Brandts in die SPD eintrat, nicht wirklich überzeugen können: „Ich bin da immer noch geteilter Meinung und sehr skeptisch“, sagt sie am Telefon und ruft dann ihren Mann herbei, „er sieht das nämlich anders“.
Meinungswechsel nach dem Jamaika-Aus
Helmut Sachs hat seine Meinung geändert, nachdem die Jamaika-Parteien Schiffbruch erlitten. „Nach dem 24. September (dem Tag der Bundestagswahl – Anm. d. Red.) war ich ganz klar für Schulz und, dass wir in die Opposition gehen. Aber jetzt bin ich der Auffassung, wenn sich die Partei vor der Verantwortung drückt, kommt das nicht gut an.“ Was den treuen Sozialdemokraten ärgert, ist das schwache Bild seiner Partei in der Öffentlichkeit, „dabei hat die SPD in den letzten vier Jahren doch eine gute Politik gemacht!“
Für seine Frau überwiegen im Moment aber ganz klar die Nachteile, vor allem die Zugeständnisse in der Flüchtlingspolitik lassen Christina Sachs keine Ruhe: „Mir liegt die Änderung beim Familiennachzug im Magen. Und jetzt haben wir doch eigentlich eine Obergrenze.“ Dass sich die SPD auch bei den befristeten Arbeitsverhältnissen nicht durchsetzen konnte, macht für Sozialdemokratin Sachs das Maß voll.
Kritik an Vereinbarungen zur Flüchtlingspolitik
Zwischen Christina Sachs und André Fleck liegen fast zwei Generationen, aber bei der GroKo sieht der 24-Jährige die Sache ähnlich wie die 77-Jährige: „Ich bin ganz klar dagegen. Man hätte sich gar nicht erst in Verhandlungen begeben dürfen“, sagt Fleck, der im November 2017 zum Vorsitzenden der Würzburger Jusos gewählt wurde. Auch für ihn ist eine De-facto-Anerkennung der Flüchtlings-Obergrenze nicht tragbar: „Man hat dem Kind doch nur einen anderen Namen gegeben.“
Ein striktes Nein kommt auch von Matthias Gernert, SPD-Vorstandsmitglied in Ochsenfurt und dort Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. „Man will uns die Ergebnisse der Sondierungen jetzt als großes Plus verkaufen, das sehe ich aber gar nicht so“, sagt er und moniert vor allem fehlende Erfolge bei der Rente und den befristeten Arbeitsverträgen. Sein Fazit: „Wir müssen uns in der Opposition erneuern und brauchen jüngere Mandatsträger.“
Rede der bayerischen SPD-Chefin überzeugte
Gegen eine neue GroKo war zunächst auch Ursula Rosenbaum gewesen, inzwischen hat die stellvertretende Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Gerbrunn ihre Meinung aber geändert. Entscheidend war für sie nicht zuletzt die Rede der bayerischen SPD-Chefin Natascha Kohnen beim SPD-Neujahrsempfang am vergangenen Samstag in Gerbrunn. Kohnen hatte dort für eine Fortsetzung der Gespräche mit der Union geworben: „Die Rede hat mich überzeugt. Und unser Land muss jetzt einfach regiert werden.“
Ähnlich wie seiner Genossin aus Gerbrunn ging es auch Heinz Koch, SPD-Urgestein und langjähriger Bürgermeister von Eibelstadt. „Ich war anfangs strikter Gegner einer GroKo, aber in der jetzigen Misere können wir doch nicht noch länger herumkaspern. In den Ergebnissen der Sondierungen ist vieles von unserem Programm enthalten, einiges gehört natürlich noch vertieft.
“ Koch ist vor allem wichtig, dass die SPD im Falle einer Regierungsbeteiligung ihre poltischen Erfolge nicht unter den Scheffel stellt: „Wir müssen unsere Politik besser rüberbringen!“
Katharina Räth, seit November vergangenen Jahres Vorsitzende der Würzburger SPD, hatte am Samstag auf dem Neujahrsempfang in Gerbrunn für ein Nein zur GroKo plädiert, inzwischen nimmt sie in der Partei aber auch ein „größeres Verständnis“ für eine Weiterführung der Gespräche mit der Union wahr. „Die SPD steht vor der Wahl zwischen Pest und Cholera“, sagt sie und spricht von einer „großen Skepsis“, ob es sich bei den vereinbarten Sondierungsergebnissen um sozialdemokratische Politik handelt. Auf jeden Fall sieht Räth noch großen Nachbesserungsbedarf, vor allem bei den Themen Bürgerversicherung, Rente und Klimaschutz.
Griffiger SPD-Inhalt fehlt im Sondierungspapier
Räths Vor-Vorgänger im Amt des Würzburger SPD-Chefs Eberhard Grötsch vermisst im Sondierungspapier einen griffigen SPD-Inhalt: „Das war beim Mindestlohn anders.“ Er will aber nicht ausschließen, dass die GroKo an der Basis „durchgeht“, vor allem dann, wenn es noch Nachbesserungen zugunsten der SPD gibt.
Einer, für den in Sachen GroKo noch nicht alle Messen gesungen sind, ist auch Alexander Kolbow, SPD-Fraktionschef im Würzburger Stadtrat. Natürlich, es gebe den Vorstandsbeschluss seines Unterbezirks, der eine neue GroKo ablehnt, aber „man muss sich doch erst mal die 28 Seiten Positionspapier in Ruhe angucken“. Außerdem seien die Sondierungsergebnisse lediglich „Leitplanken“ für bevorstehende Verhandlungen: „Ich finde es jedenfalls zu früh, jetzt schon Koalitionsverhandlungen auszuschließen.“ In einem möglichen Koalitionsvertrag müsse die sozialdemokratische Handschrift jedoch klar erkennbar sein, meint Kolbow, der sich pragmatisch gibt: „Lieber 70 Prozent in der GroKo für die SPD erreichen als null Prozent in der Opposition.“
Mit Prozentzahlen argumentiert auch der Höchberger Helmut Sachs: „Wenn eine Partei nur bei 20 Prozent ist, kann sie nicht 100 Prozent durchdrücken.“ Ob er damit seine Frau und Genossin Christina überzeugen kann – wer weiß? Am Sonntag, 21. Januar, entscheidet der SPD-Parteitag in Bonn über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union. Egal wie die Entscheidung ausfällt, der politische Gesprächsstoff dürfte wohl nicht ausgehen – weder im Hause Sachs in Höchberg noch anderswo an der sozialdemokratischen Parteibasis.
Auf die (wenn wir schon bei der althergebrachten Farbenlehre bleiben wollen) linke sog. Gestaltungsmehrheit müssen sie lange warten; vielleicht betteln sie mal wieder ums Mitregieren dürfen wie die Bayern-SPD in Bayern......
GroKo ist in der Demokratie nur in Notfällen (wie Katastrophen Kriegen..) zulässig,
denn sie schränkt die Meinungsvielfalt ein und trägt quasi diktatorische Züge
.Dir Regierung kann mit ihrer absoluten Mehrheit alles durchsetzen und kann es untersich ausmauscheln. Die Union sagt klar, daß nichts weiter verhandelbar ist.
Damit hat die SPD unter Schulz das Thema soziale Gerechtigkeit in zentralen Punkten aufgegeben (Abschaffung der Zweiklassenmedizin durch Bürgerversicherung und Steuergerechtigkeit duch Steuererhöhung für Superreiche!)und sich durch Peanus abspeisen lassen. Nach demokratischen Regeln ist eigentlich nur eine Minderheitsregierung zulässig, zumal die wähler die beiden Parteien der letzten Groko klar abgewählt haben! Nach Meinung einiger CSUFürsten ist dies aber wohl als Zwergenaufstand zu sehen!! Als Zwerg möchte ich aber nicht von solchen Leuten regiert werden.
Wenn die SPD endlich erkennt, viel erreicht zu haben in der letzten Legislaturperiode, und dass sie wieder zu kräften und Volumen kommen muss, dann erkennt sie vielleicht auch, dass sie im Inneren wie Hund und Katz ist, welche beide nach der Maus schielen, damit sie nicht erschrecken.