In der ARD–,,Wahlarena“ stellte der Würzburger Jonas Fleckenstein im September letzten Jahres der Bundeskanzlerin die erste Frage der Sendung, indem er ihr sein Dilemma als Erstwähler darlegte, in Bayern nur die CSU – mitsamt ihres Bayernplans und Obergrenze–Forderungen – nicht aber die CDU wählen zu können. Jetzt, rund vier Monate, nachdem er das erste Mal seine Kreuze bei einer Bundestagswahl gesetzt hat, ist die Suche nach einer Regierung noch immer nicht beendet. Nach dem Jamaika–Aus steht nun auch die GroKo auf der Kippe. Wie kommt die stockende Regierungsbildung bei einem Erstwähler an?
Frage: Ist es als Erstwähler abschreckend, vielleicht sogar nervig, wie viel Zeit die Regierungsbildung in Anspruch nimmt und wie beschwerlich sich diese darstellt?
Jonas Fleckenstein: Es ist schon nervig zu sehen, wie dringend einige Themen, von Digitalisierung über Pflege und Rente bis zum Kohleausstieg, behandelt werden müssten, jetzt aber auf der Strecke bleiben. Gerade die EU wartet sehnsüchtig auf den stabilen Partner Deutschland. Ich hoffe, dass nicht bei noch mehr Menschen das Gefühl entsteht, die Politik interessiere sich nicht für sie.
Beschäftigt sich Dein Freundeskreis mit dieser Thematik? Oder ist es ihnen gleichgültig, ob die Regierungsbildung nun einen oder fünf Monate benötigt? Haben sie dazu überhaupt eine Meinung?
Fleckenstein: Die Politik beschäftigt sich leider sehr wenig mit unserer Altersgruppe, deswegen beschäftigen sich auch sehr wenige Jugendliche und junge Erwachsene mit der Politik.
Hättest Du rückblickend – nach nunmehr zwei Sondierungsgesprächen – Dein Kreuzchen vielleicht woanders gesetzt?
Fleckenstein: Ja, ich würde mich tatsächlich bei der nächsten Wahl anders entscheiden.
Wärst Du als Erstwähler mit einer GroKo zufrieden? Oder hättest du Jamaika oder eine Minderheitsregierung eher befürwortet?
Fleckenstein: Eine GroKo wäre vier weitere Jahre dieselbe, langweilige Politik, mit denselben Persönlichkeiten, gleichen Diskussionen und der AfD als größter Oppositionspartei. Jamaika war meine Lieblingsoption, weil ich glaube, dass vor allem FDP und Grüne motiviert waren, Probleme anders und kreativ anzugehen und Lösungen zu finden. Wenn die GroKo aber nicht schon auf dem SPD–Parteitag scheitert, dann spätestens beim SPD–Mitgliederentscheid.
Ich würde mir dann wünschen, dass man wenigstens mal eine Minderheitsregierung ausprobiert. Bei den aktuellen Bundestagsdebatten merkt man recht schnell, dass dort wieder im vollen Hause debattiert wird und meine Hoffnung wäre, dass Gesetze nicht einfach ,,durchgewunken“ werden, sondern mit Argumenten nach Mehrheiten gekämpft wird. Wenn es nicht klappt, kann man immer noch neu wählen, hätte aber immerhin auch der AfD die Chance gegeben, sich zu blamieren und zu zeigen: Die können einfach nichts.
Haben sich die Erkenntnisse, die Du aus der Wahlarena gewonnen hast, bestätigt oder hast Du vielleicht im Nachhinein gemerkt, dass es doch mehr Show als Realpolitik war? Würdest Du wieder dort hingehen?
Fleckenstein: Ich würde noch einmal hingehen, das steht außer Frage. Aber ich habe auf jeden Fall im Nachhinein gemerkt, dass es zum Beispiel für die ,,Obergrenze“ viele verschiedene Konzepte und noch mehr Synonyme gibt. Politik eben.