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WÜRZBURG
Wenn Al Ghusain beim Stadtparteitag das Singen anfängt
Stadtparteitag der SPD       -  Glückwünsche vom Vorgänger: Muchtar Al Ghusain ist am Samstag als Vorsitzender der Würzburger SPD zurückgetreten. Zu seiner Nachfolgerin wählten die Genossen Katharina Räth.Daniel Peter
Foto: Foto: | Glückwünsche vom Vorgänger: Muchtar Al Ghusain ist am Samstag als Vorsitzender der Würzburger SPD zurückgetreten. Zu seiner Nachfolgerin wählten die Genossen Katharina Räth.Daniel Peter
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:07 Uhr

Die Würzburger SPD hat auf ihrem Stadtparteitag die 34-jährige Historikerin Katharina Räth zu ihrer Vorsitzenden gewählt. Sie folgt Muchtar Al Ghusain nach, der, nach drei Jahren im Amt, zurückgetreten war. Unter Al Ghusain hat der SPD-Stadtverband den Parteimitgliedern die Möglichkeit zu mehr demokratischer Teilhabe verschafft. Alle Würzburger Genossinnen und Genossen können abstimmen beim Stadtparteitag, wenn die Partei ihre großen personellen und politischen Entscheidungen trifft, nicht mehr nur die 66 Delegierten aus den Ortsvereinen. Einen größeren Zulauf allerdings verschaffte die Neuerung den Parteitagen nicht. 54 von 560 Mitgliedern sind am Samstagmorgen zum Abstimmen und Diskutieren gekommen.

44 stimmten für Räth, fünf gegen sie, fünf enthielten sich. Weil in der Partei-Arithmetik Enthaltungen nicht zählen, kam Räth auf 89,8 Prozent der Stimmen.

Die gebürtige Schweinfurterin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Würzburg. Nebenher studiert sie Jura und ist kurz vor dem Abschluss. Sie stellte sich auf dem Parteitag vor als jemand, der Al Ghusains Öffnung der innerparteilichen Strukturen weitertreiben will. Ein „Ort zum politischen Austausch“ solle die SPD werden, mit mehr Möglichkeiten fürs Engagement und besserer Vernetzung. Sie wolle raus aus dem „Schneckenhaus der Vorstandssitzungen“ und sich „auf die Leute da draußen zubewegen“.

Vorsitzende will Schulz als Kanzler

Kommunalpolitisch stimmt sie ihrer Rede zufolge vollkommen überein mit ihrer Stadtratsfraktion. Wo sie im innerparteilichen Spektrum steht, blieb so offen wie die Frage, ob sie ihre Genossinnen und Genossen ermutigen und mitreißen kann. Räth las ihre Rede vom Blatt, ohne rhetorische Kniffe und inhaltliche Widerhaken.

Kontur zeigte Räth nach ihrer Wahl, als der Parteitag die Lage im Bund diskutierte. Sie könne sich eine große Koalition vorstellen, sagte sie, „wenn Martin Schulz Kanzler wird und die Union das Programm der SPD zu 100 Prozent übernimmt“. Damit hatte sie vor allem die jungen Parteimitglieder auf ihrer Seite. Parteigranden wie der frühere Bundesstaatssekretär Walter Kolbow, SPD-Bezirkschef Bernd Rützel und der Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal plädierten vehement für Groko-Verhandlungen.

Zuvor hatte Al Ghusain noch einmal gezeigt, dass er ein Solitär ist im politischen Geschäft. In einer kurzen Rückschau schilderte er seine letzten fünf Jahre – zwei Jahre OB-Kandidatur und drei Jahre Parteivorsitzender – als sehr aufregend und „unheimlich anstrengend. Indirekt ging er, der als Schul-, Kultur- und Sportreferent ein städtischer Wahlbeamter ist, auf seine berufliche Zukunft ein.

Er wünsche sich ein Land, sagte er, „in dem es kein Fehler ist, Parteivorsitzender zu sein, ohne berufliche Nachteile fürchten zu müssen“. Er empfinde sich nicht, wie von unserer Redaktion charakterisiert, als widersprüchlich. Er widerspreche und er wolle „nicht in Demut heran kriechen und bitten und betteln“, um wiedergewählt zu werden.

Konzert oder Stadtparteitag?

Dann sang er drei Lieder – Texte, die er, ein Diplom-Musiker, vertont hat: eine Collage aus Reden von Barack und Michelle Obama („Yes we can“), „Zeitgemäße Ansprache“ von Mascha Kaléko und, von Peter Rühmkorf, „Bleib erschütterbar und widersteh“. Ein alter Genosse brummte missmutig die Frage, ob das nun ein Konzert oder ein Stadtparteitag sei. Die große Mehrzahl allerdings schien sehr beeindruckt zu sein.

Emotional wurde der Stadtparteitag auch für Marion Schäfer, Würzburgs dritte Bürgermeisterin. Die SPD ehrte die 65-Jährige, Parteimitglied seit 44 Jahren, mit der Helmut-Rothemund-Medaille. Alexander Kolbow, Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat, beschrieb sie in der Laudatio als „leidenschaftliche sozialdemokratische Persönlichkeit“, die sich um das Gemeinwohl verdient gemacht habe.

Schäfer, die schon viele Stürme hinter sich hat, kämpfte mit den Tränen.

 
 
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