Die Psyche in der Pandemie: Die Corona-Krise stellt nicht nur erhebliche Anforderungen an uns, sondern kann auch erhebliche Auswirkungen auf unsere seelische Gesundheit haben. So unterschiedlich Belastungen und Ängste je nach der persönlichen Lebenslage und auch Verletzlichkeit sind, so zeichnet sich doch bei den meisten Menschen ab: Der Corona-Blues wird lauter, je länger die Ausnahmesituation andauert. Wie kommt man psychisch möglichst gesund durch die Pandemie? Der Würzburger Psychologe Dino Poimann ist als freiberuflicher Berater und Achtsamkeitslehrer im Spitzensport und in der Wirtschaft tätig ist. Hier gibt der 32-Jährige Anregungen für den Alltag.
1. Nehmen Sie sich Zeit zu atmen. Bringen Sie einfach Ihre Aufmerksamkeit zurück in das Hier und Jetzt durch drei bewusste Atemzüge. Mit dem ersten - einfach wahrnehmen, was gerade da ist. Mit dem zweiten - fragen Sie sich: Wie geht es mir gerade? Mit dem dritten - fokussieren Sie sich: Was ist jetzt wichtig?
2. Richten Sie Ihren Fokus auf das, was Sie beeinflussen können - und nicht auf Dinge, die Sie nicht ändern können. Zeichen Sie zwei Kreise auf: einen, in den Sie Ihre Sorgen notieren und einen darin liegenden mit Dingen, auf die Sie Einfluss haben. Checken Sie immer wieder, in welchem Kreis Sie gerade mit ihren Gedanken und damit Ihrer Energie sind. Wenn Sie im Kreis der Sorgen sind, können Sie schauen, wie Sie eine Verbindung zum Kreis des Einflusses finden.
3. Starten Sie mit etwas Positivem in den Tag - einem Kaffee, den Sie genießen, etwas Bewegung oder einem Moment der Ruhe. Und fragen Sie sich: Worauf freue ich mich heute und was macht den Tag zu einem guten Tag für mich? Beenden Sie den Tag am Abend mit entsprechenden Erlebnissen und sammeln Sie das Positive ein. Fragen Sie sich: Wofür bin ich heute dankbar? Worauf bin ich stolz? Und wovon darf es mehr in meinem Leben geben? Damit aktivieren Sie einen positiven Fokus.
4. Setzen Sie sich klare Ziele und priorisieren Sie diese - für den Tag, die Woche und den Monat. Das gibt Struktur und stellt sicher, dass Sie die für Sie wichtigen Dinge erreichen.
5. Streichen Sie das Wort "müssen" aus ihrem Wortschatz und ersetzen Sie es zum Beispiel durch "wollen", "dürfen" - oder tun Sie einfach. "Muss" gibt immer Verantwortung ab und signalisiert Ihrem Gehirn, dass Sie nicht mehr entscheidungsfähig sind.
6. Helfen Sie! Sich und anderen Gutes tun, sich gegenseitig zu unterstützen, schafft ein Gefühl der (Selbst-)Wirksamkeit und schüttet Glückshormone aus.
7. Genießen Sie bewusst, was auch immer Ihnen Genuss verschafft: Essen, Musik oder Zeit mit nahestehenden Menschen, mit denen es gerade erlaubt ist.
8. Bewegen Sie sich regelmäßig an der frischen Luft - und sei es nur ein kurzer täglicher Spaziergang, der Ihre Gesundheit unterstützt.
9. Tanzen, singen und lachen Sie! Das kann zum schönen Ritual werden, auch innerhalb der Familie.
10. Trennen Sie Arbeit und Freizeit - und zwar räumlich und zeitlich so klar wie möglich voneinander.
11. Misten Sie aus - praktisch und emotional. Das schafft Raum, Klarheit und Freiheit.
12. Sprechen Sie über Emotionen wie Ängste oder Ärger. Das verschafft Ihnen Luft und Sie vermeiden, dass sich diese Gefühle in Ihnen anstauen und sich verstärken. Falls Sie niemandem haben, mit dem Sie die Emotionen teilen können, wenden Sie sich an eine Seelsorge-Hotline.
13. Achten Sie auf Medienhygiene. Wählen Sie bewusst aus, wie viele und welche Nachrichten Sie täglich konsumieren. Begrenzen Sie dabei den Konsum auf das Nötigste an Information und holen Sie möglichst noch eine andere Perspektive ein. Gönnen Sie sich jeden Tag auch vollkommen medienfreie Zeit.
14. Erstellen Sie eine Liste mit Dingen, auf die Sie sich freuen, sobald diese wieder möglich sind. Damit geben Sie vermeintlich Selbstverständlichem mehr Wertschätzung, wenn es wieder möglich wird.
15. Fragen Sie sich: Wie wünsche ich mir mein Leben und was kann ich auch jetzt dafür tun? Fragen Sie sich dann, welches dahinterliegende Bedürfnis Ihr Wunsch eigentlich befriedigt und welches Gefühl Ihnen das befriedigte Bedürfnis verschafft. Wenn Sie das wissen, können Sie nach machbaren Alternativen suchen, die Ihnen Ihr Bedürfnis auch in der aktuellen Situation befriedigen und Ihnen ein ähnlich gutes Gefühl geben.