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Würzburg
Oliver Jörg: Die lauten Töne mag er nicht
Die CSU hat mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen. Landtagsabgeordneter Oliver Jörg will zum dritten Mal ins Parlament - und weiß, dass es diesmal eng werden könnte.
Überzeugungsarbeit: Oliver Jörg beim Bürgergespräch am Info-Stand seiner Partei in Würzburg. Foto: Dita Vollmond
| Überzeugungsarbeit: Oliver Jörg beim Bürgergespräch am Info-Stand seiner Partei in Würzburg. Foto: Dita Vollmond
Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:58 Uhr

Der Sommer erschien endlos, doch an dem Samstag hat er sich endgültig verabschiedet: Den CSU-Wahlkämpfern am Oberen Markt in Würzburg weht ein kühler Wind um die Nase. Oliver Jörg hat sich einen blauen Wahlkampf-Hoodie übergestreift, der die immer noch jungenhafte Anmutung des 46-Jährigen unterstreicht, und erklärt einem Passanten die CSU-Politik.

Jörg, aus dem schwäbischen Aalen stammend, hat den Zungenschlag seiner Heimat auch nach vielen Jahren in Franken immer noch ein wenig drin. Das hat etwas Beruhigendes und kann nicht schaden in diesen Wochen, da den  CSU-Wahlkämpfern nicht nur des Herbstes wegen ein kühler Wind in der Politik ins Gesicht bläst. Denn gleich gegenüber, jenseits der Straßenbahnschienen, hat Jörg mit dem Wahlstand der AfD eines der Hauptprobleme der Christsozialen vor Augen. 

Es könnte diesmal um jede Stimme gehen

Für Jörg, der im Oktober nach 2008 und 2013 zum dritten Mal in den Landtag einziehen will, ist das direkte Gespräch mit den Leuten deshalb auch nicht nur Wahlkampf-Routine. Er weiß: Diesmal könnte es wirklich um jede Stimme gehen. "Am Wahlkampfstand ist die Hemmschwelle der Menschen, über Sorgen und Nöte zu reden, viel kleiner als bei anderen Veranstaltungen. Und je näher die Wahl, desto tiefer, desto persönlicher sind auch die Gespräche", sagt er. Und der Frust, den ein Teil der Menschen auch in Bayern auf die etablierte Politik hat? "Doch, auch den spürt man." 

Rund 1200 Haustürgespräche hat er bisher geführt. Die Mehrheit der Leute sei freundlich, und erst am Abend zuvor sei aus einem Klingeln an der Wohnungstür im obersten Stockwerk eines Hochhauses ein Ein-Stunden-Gespräch geworden. "Wir haben ein Bierle miteinander getrunken - und haben einen AfD-Wähler zur klassischen Partei zurückgeholt", sagt er und meint in diesem Fall seine CSU, aber  "Hauptsache, die Menschen sind wieder bei einer Partei, deren Aufgabe es ist, mehrere Themen zu bündeln und differenziert unterwegs zu sein". 

Die AfD ist nicht schwächer geworden

Differenzierung ist das Stichwort. Jörg, der Jurist aus dem Ostalbkreis, wiegt seine Worte gut ab, er mag offenbar die lauten Töne nicht, die vor allem aus seiner Partei in den vergangenen Monaten zu hören waren - wenngleich die Kritik daran verhalten daher kommt. "Obergrenze", "Wir können nicht unendlich Flüchtlinge rein lassen", "Wir dürfen unsere Bevölkerung nicht überfordern", zitiert Jörg drei Parolen, "die man von mir weder im Wahlkampf und auch sonst nie hört". Und wirbt dennoch um Verständnis dafür, dass "wir manchmal im Auftritt und im Sprachgebrauch etwas härter unterwegs sind". Die Parolen seien eben auch ein Hilferuf von manchem in der Partei. Aber die AfD kopieren? "Learning by doing zieht auch nicht", sagt Jörg, "die AfD ist dadurch nicht schwächer geworden." 

Aber was dann? "Die ganz banalen Sorgen, mit denen jede dritte Familie auch hier in Würzburg zu tun hat, um die müssen wir uns kümmern", sagt Jörg und zählt auf: Miete, Pflege, Renten. "Die Menschen wollen nach vorne schauen. Sie wollen wissen: Was sind die Antworten auf die schwierigen gesellschaftlichen Herausforderungen von morgen?"

Landtagswahlkampf von Bundespolitik überlagert

Fast scheint es, als würde sich Jörg die Frage selbst stellen - oder auch seiner Partei. Denn dass der Landtagswahlkampf von bundespolitischen Themen überlagert wurde, sieht auch er als großes Problem, und auch, dass die Koalition in Berlin als zerstrittener Verein daher kommt. "Stellen  Sie sich vor: Sie haben ein ganz persönliches Problem. Gehen Sie zum Kumpel, der selber Probleme hat, oder gehen Sie zu einem Freund, der stabil im Leben steht? Sie gehen zu Letzterem."

Auf dem Main-Post-Bierdeckel nennt CSU-Landtagskandidat Oliver Jörg seine wichtigsten Ziele. Foto: MP
| Auf dem Main-Post-Bierdeckel nennt CSU-Landtagskandidat Oliver Jörg seine wichtigsten Ziele. Foto: MP

Dass sein Kreisverband, dem er seit 13 Jahren vorsteht, dennoch im Wahlkampf mitzieht, schätzt er daher umso mehr. Auch mit sich selbst ist der Abgeordnete im Reinen. Auf seiner Homepage summiert er die Fördermittel, die nach Würzburg und nach Gerbrunn und Rottendorf geflossen sind, wo Jörg ebenfalls zur Wahl steht. "Und es sind ja einige Dinge am Laufen in Würzburg: der Ausbau der Festung oder die Norderweiterung des Universitätsklinikums", sagt er und empfiehlt sich "als starken Lobbyisten, der saugut vernetzt und verdrahtet ist".

Jörg kennt natürlich die Umfragen, wonach ihm Grünen-Kandidat Patrick Friedl eng auf den Fersen ist. "Wenn die Würzburger einen Wechsel wünschen, dann ist das einfach nur Demokratie. Aber das wäre dann schwierig für die großen Dinge, die laufen." Selbstredend, dass er es so weit nicht kommen lassen will. 

Welch dickes Brett Überzeugungsarbeit sein kann, weiß Jörg, der mal Theologie studieren wollte und aus einer politisch interessierten Familie stammt, nicht nur vom Infostand in Würzburg. "Bis heute versuche ich meinen Papa davon zu überzeugen, dass er in Baden-Württemberg die CDU wählt und nicht die SPD." Im Moment, so viel ist sicher, muss die Wahlwerbung für die konservativen Freunde im Nachbarbundesland aber warten. 

Steckbrief
Name: Oliver Jörg
Alter: 46
Familienstand: verheiratet, drei Kinder
Wohnort: Würzburg
Erlernter Beruf: Rechtsanwalt
Politischer Werdegang: Von 2002 bis 2003 Vorsitzender der Jungen Union Würzburg/Sanderau, von 2003 bis 2007 Vorsitzender der CSU Sanderau. Seit 2005 Kreisvorsitzender der CSU Würzburg-Stadt. Seit 2008 Mitglied des Bayerischen Landtags für den Stimmkreis Würzburg-Stadt. Im Landtag stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst.
 
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Kommentare
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  • N. R.
    Bei der Wahl konnte ich auch Herrn Friedl als Wahlkreisabgeordneten meine Stimme geben, obwohl ich in MSP lebe. Gut, das habe ich dann gemacht. Kurz darauf der Mainpost Bericht darüber, dass Herr Friedl das Direktmandat WÜ-Stadt holen könnte. Das finde ich wirklich spannend! Oliver Jörg oder Patrick Friedl - ein aufregendes Kopf an Kopf Rennen! Ich bin wirklich gespannt auf den Wahlabend! grinsen
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    Oliver Jörg mag sich denken was die Linke offen ausspricht: „schießt den Söder (mit der Bavaria one) auf den Mond, das ist Raumfahrt die sich lohnt“
    Ich sage besser hinter n Mond, weil den Mann im Mond, den gibts doch schon.
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  • M. G.
    Kann Würzburg sich auch mal nach einen Eigengewächs umschauen und aufstellen, oder gibt es hier Niemanden!
    Frau Stamm kommt aus Bad Mergentheim, Herr Suchard aus Frankfurt, Herr Oliver Jörg aus Aalen usw.
    Hat Würzburg wirklich nicht mehr als diese Eingereisten zu bieten, oder werden diese Leute durch die Parteienlandschaft den Regionen schon zugewiesen!
    Diese gesteuerten Personen werde ich nicht wählen!
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  • D. K.
    Oliver Jörg gehört zu den anständigen und wählbaren Politikern. Schade auch, dass Barbara Stamm kein Direktmandat hat. Sie wird wenn es dumm läuft ein Opfer der Berliner CSU Politik.
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  • M. G.
    Bei Frau Stamm war es letztes Mal schon knapp, diesmal muss auch sie gehen! Oliver Jörg wird ihr folgen! "Das ist so"! "Unumkehrbar"! Die Zahlen stehen!
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    Unumkehrbar? Welche Zahlen stehen denn schon? Bisher gibt es nur Umfragen, die Wahl ist erst noch, und nur diese zählt.
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  • A. S.
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  • M. G.
    Ich denke mal "Politik" ist nicht sein Ding! Ich wüßte garnicht was er für die Region bewegt hat!
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