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Kist
Offener Brief: Kist erstickt im Verkehr
In einem offenen Brief fordern Bürgermeister und Gemeinderat ein besseres Konzept für den zunehmenden Verkehr im und um den Ort. Nun kommt es sogar zum "Verkehrsgipfel".
Bürgermeister Volker Faulhaber fordert eine spürbare Entlastung vom Verkehr in Kist. Foto: Matthias Ernst
| Bürgermeister Volker Faulhaber fordert eine spürbare Entlastung vom Verkehr in Kist. Foto: Matthias Ernst
Matthias Ernst
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:57 Uhr

Die Verkehrsbelastung vieler Kommunen ist an der obersten Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Immer öfter klagen die Einwohner gegenüber ihrer Verwaltung über zu viel Lärm und zu viel Verkehr in ihrer unmittelbaren Umgebung. Eine seit Jahren vom Verkehr besonders gebeutelte Gemeinde ist Kist im westlichen Landkreis. Ihre Lage zwischen den Autobahnen A3 und A81 und der direkten Durchführung der ehemaligen Bundesstraße B27, jetzt St578, durch den Ort in Richtung Tauberbischofsheim und der Kreisstraße Wü29 Richtung Reichenberg macht Kist besonders anfällig für Ausweichverkehr. Der tritt immer dann auf, wenn die Autobahn wegen eines Staus oder Unfalls überlastet ist.

Forderungen in einem offenen Brief

Lärm, Feinstaub und viele wild parkende Lkws schränken die Wohn- und Lebensqualität der Bürger ein. Nun haben sich der Gemeinderat und Bürgermeister Volker Faulhaber in seltener Einstimmigkeit in einem offenen Brief an die lokalen Politiker und zuständigen staatlichen Stellen gewandt, damit Kist vom Verkehr entlastet wird und die Bürger wieder ruhiger leben können. Im Interview stellt Faulhaber (SPD) die wichtigsten Forderungen nochmals klar.

Frage: Herr Faulhaber, scherzhaft könnte man sagen, Kist ist bekannter als die Landeshauptstadt München. Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht im Radio der Name ihrer Gemeinde genannt wird.

Volker Faulhaber: Das ist schon richtig. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird die A3 bei Kist ausgebaut. Jede Ausbaumaßnahme hat Staus und Umleitungsverkehr geschaffen. Leider hat sich die erhoffte Entlastung mit der kürzlich erfolgten Freigabe der ersten Einhausung bei Heidingsfeld nicht eingestellt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Rückstau ist noch heftiger geworden. Und wir müssen das ausbaden.

Inwieweit ausbaden?

Faulhaber: Der Stau auf der A3 führt dazu, dass die Fahrzeuge von der Autobahn abfahren und die Ortsdurchfahrt verstopfen. Der Rückstau reicht häufig bis zum Kreisverkehr und darüber hinaus. Ist der Kreisel verstopft, können auch keine Fahrzeuge mehr Richtung Höchberg beziehungsweise Würzburg weiterfahren. Im Verkehrsfunk heißt es nur lapidar: Fahren Sie in Kist ab und umfahren Sie den Stau. Doch wohin, das wird nicht verraten, denn es gibt keine adäquate Ausweichstrecke. Auf der W29 Richtung Reichenberg ist eine Tonnagebeschränkung für Lkws, aber daran halten tun sich die wenigsten. Außerdem verstopfen die Linksabbieger von der Hauptstraße aus die Weiterfahrt auf der St578, die Abbiegespur ist einfach zu kurz und in der Guttenberger Straße können aufgrund der parkenden Anwohner nur wenige Autos gleichzeitig fahren.

Das Parken der Anwohner ist aber doch selbstverständlich?

Faulhaber: Ja, das ist ja auch der Hauptgrund für die Straße. Sie war nie als Umleitungsstrecke geplant und das rächt sich jetzt. Die Anwohner kommen bei Staus kaum aus ihren Ausfahrten auf die Straße, geschweige denn von der Straße in ihre Grundstücke hinein. Selbst für Fußgänger ist es sehr schwer die Straße gefahrlos zu überqueren. Kinder können beispielsweise nicht auf den Waldsportplatz kommen, um Fußball zu spielen. Ähnlich verhält es sich auf der St578. Seit dem Wachsen des Ortes in Richtung Süd-Osten mit Lebensmittelmärkten, Seniorenwohnanlage und Baugebietserweiterung nimmt der Fußgängerverkehr immer mehr zu. Die Querungshilfe nach dem innerörtlichen Kreisel genügt dem Sicherheitsempfinden der Bürger schon lange nicht mehr. Von Gerchsheim kommend kann man ungebremst mit Tempo 100 bis kurz vor den Kreisel fahren, das ist ein absolutes Verkehrsrisiko. Hier könnte eine beidseitige Querungshilfe helfen, ebenso wie eine Reduzierung der Geschwindigkeit schon ab der Einfahrt von Kleinrinderfeld kommend. Leider ist das Landratsamt hier bisher wenig kooperationsbereit gewesen.

Sie sehen also die öffentlichen Stellen in der Pflicht?

Faulhaber: Ja, hier wäre eine bessere Kooperation sinnvoll. Auch bei der Überwachung des parkenden Verkehrs. Wir haben von der Gemeinde aus kürzlich beschlossen, auch den ruhenden Verkehr überwachen zu lassen. Trotzdem ist die Präsenz der Polizei notwendig. Viele Lkws nutzen das Gemeindegebiet, um ihre Ruhezeiten zu verbringen. Im Gewerbegebiet "Sonnleite" sind beispielsweise zwar überall Schilder mit absolutem Halteverbot aufgestellt und auch schon natürliche Barrieren aufgebaut worden, aber geholfen hat das wenig. Die Fahrer stellen ihre Fahrzeuge einfach am Wegesrand ab. Selbst Anrufe bei der Polizei mit der Bitte hier zu kontrollieren und durchzugreifen sind ungehört verhallt. Wenn es gelungen ist, die Fläche unter der Autobahnbrücke von Lkws frei zu bekommen, sollte das doch in der Sonnleite auch gelingen.

Für den 3. September um 15 Uhr haben Sie im Pfarrheim zu einem "Kister Verkehrsgipfel" eingeladen. Was soll diese Veranstaltung bewirken?

Faulhaber: Wir wollen die politisch Verantwortlichen und die öffentlichen Stellen sensibilisieren und ihnen die besonderen Kister Verhältnisse vor Augen führen. Wenn es gelingt in anderen Orten Verbesserungen für die Bevölkerung zu erreichen, dürfte das auch für Kist möglich sein. Ein "weiter so" ist für uns nicht mehr hinnehmbar. Die Bürger sind an ihrer Belastungsgrenze angelangt.

 
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