
Nackte Brüste von weiblich gelesenen Personen gehören nicht in die Öffentlichkeit, so der weitreichende gesellschaftliche Konsens in Deutschland. Um auf diese Ungleichbehandlung von Menschen mit Brüsten hinzuweisen, trafen sich am Donnerstagabend nach Polizeiangaben rund 150 FLINTAs (Abkürzung für: Frauen, Inter, Nicht-Binär, Trans, Agender) für einen Demozug auf Fahrrädern.
Unter dem Motto "uns oben ohne radelnd die Straße nehmen" durchquerten so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam oberkörperfrei die Würzburger Innenstadt. An der Organisation beteiligt waren Personen vom Feministischen Theaterkollektiv und Kapitel Zwei sowie einzelne Feministinnen und Feministen aus Würzburg.
Nur als angemeldetes Demonstrationsmittel war das "Oben-Ohne-Sein" legal
"Wir sind wütend darüber, dass Körper immer noch unterschiedlich bewertet werden – und die einen sexualisiert werden: Nackte Brüste von cis Frauen, trans, inter und nicht-binären Menschen können in der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden, ohne angegafft und häufig auch abfällig kommentiert zu werden. Stattdessen laufen wir Gefahr, ein Bußgeld aufgebrummt zu bekommen oder ganz aus Räumen verwiesen zu werden – während cis Männer sogar in Innenstädten problemlos oben ohne herumspazieren können."
Mit diesen Worten eröffnete die Würzburger Aktivistin und Mitorganisatorin Svenja Grad die "Feministische Oben-Ohne-Radel-Demo" am Residenzplatz, wo sich die Teilnehmenden erstmal gemeinsam auszogen, anmalten und sich mental auf die Demo einstimmten.

Neben selbstgebastelten Plakaten wurden Forderungen und Botschaften wie "Nur ein Körper", "Glotz nicht so", "My body, my choice" oder "stop sexualisation" mit Glitzer und bunter Farbe auf die Körper geschrieben. Mit einem kurzen Stopp und einer Zwischenkundgebung am Domplatz ging es mit lautem Gejubel und Fahrradklingeln durch die Innenstadt bis zum Kulturspeicher, wo die Demonstration mit einem "Feminist Twerking" Workshop endete. Danach mussten die Brüste für den Heimweg wieder eingepackt werden – denn nur als angemeldetes Demonstrationsmittel war das "Oben-Ohne-Sein" bei Menschen mit Brüsten legal.
"Wir sind viele, wir sind laut, wir sind gemeinsam"
Damit sich die Demonstrierenden wohlfühlen konnten, liefen sogenannte "Awareness-Menschen" (engl. Begriff: Bewusstsein, Gewahrsam) als Ansprechpersonen mit. An diese konnten sich die Demonstrierenden jederzeit wenden, falls sie sich von Gaffern oder blöden Kommentaren belästigt fühlten.
Auch einige cis Männer zeigten sich solidarisch und fuhren mit – allerdings mit bekleidetem Oberkörper, um so die Botschaft der Demonstrierenden zu unterstreichen. Die einen trugen kurze Pailletten-Oberteile, die anderen BHs, Bustiers oder Dessous.
Beide waren oberkörperfrei – Sie wurde rausgeschmissen, er durfte bleiben
"Wir haben eine Oben-Ohne-Demo organisiert, weil es einfach viel zu oft passiert, dass weiblich gelesene Oberkörper sexualisiert werden – in Werbungen, in Clubs, überall. Und wir möchten das nicht mehr. Wir möchten das mit dieser Demo aufbrechen", so Mitorganisatorin Felicitas Jander in einem Gespräch mit der Redaktion. Es gehe darum mehr Aufmerksamkeit für die Thematik zu gewinnen, einen Raum für Diskussion zu öffnen und dafür zu kämpfen, dass alle Körper einfach Körper sein dürfen.
Anstoß für die Aktion sei ein Vorfall einer Bekannten gewesen, die mit einer männlich gelesenen Person in einem neu eröffneten Club am Würzburger Kulturspeicher feiern war. "Beide waren oberkörperfrei. Sie wurde aufgrund dessen rausgeschmissen, er durfte bleiben", berichtete Jander. "Nachdem die Erfahrung öffentlich geteilt wurde, haben wir uns alle zusammengeschlossen und wollten etwas dagegen unternehmen. So kam die Idee der Oben-Ohne-Radel-Demo zustande."
Ursprünglich war die Demonstration mit 40 Personen angemeldet. Letztendlich erschienen rund 150 Personen, um sich kollektiv oben ohne für die Entsexualisierung von weiblich gelesenen Brüsten einzusetzen. Für die Veranstalterinnen und Veranstalter war dies somit ein voller Erfolg und nur ein Startschuss für weitere geplante Aktionen.