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Ochsenfurt
Neues Buch über das harte Leben der Ochsenfurter Sandschöpfer
Gerhard Wingenfeld und Heinz Schleßmann widmen sich in ihrem Bildband dem Leben am Main in Ochsenfurt in früheren Zeiten. Dabei kam manch Überraschendes zutage.
Die Arbeit der Sandschöpfer in Ochsenfurt war anstrengend. Aus den Lastkähnen wurde der Sand mit Förderbändern an Land gebracht.
Foto: Quelle: Stadtarchiv Ochsenfurt | Die Arbeit der Sandschöpfer in Ochsenfurt war anstrengend. Aus den Lastkähnen wurde der Sand mit Förderbändern an Land gebracht.
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 24.01.2022 02:18 Uhr

Er ist und bleibt halt ein Ochsenfurter Urgestein: Gerhard Wingenfeld, Jahrgang 1948, muss einfach alles anpacken, was mit seiner Heimatstadt zu tun hat. Und so konnte er auch nicht nein sagen, als Heinz Schleßmann ihm seine Idee für ein Büchlein über die Ochsenfurter Sandschöpfer am Main präsentierte. Der ehemalige Flussschiffer hatte schon einiges an Material zusammengetragen, worauf Gerhard Wingenfeld bei seinen weiteren Recherchen dann aufbauen konnte. Entstanden ist nach rund anderthalb Jahren ein Buch, das weit mehr Themen abdeckt als nur die Arbeit der Sandschöpfer.

An die kann sich Gerhard Wingenfeld aus seinen Kindertagen selbst noch erinnern. In der Weinstube Fröhlich in der Badgasse hätten sie immer gesessen, sagt er. Kräftige Männer mit richtigen Charakterköpfen. Ihre Arbeit sei eine heftige Plackerei gewesen, meint Wingenfeld und schildert ihren Alltag in dem neuen Buch. Diese Leute lieferten eine für die Bauwirtschaft wichtige Zutat: Sand, der sich in seichten Stellen am Main ablagerte und in mühevoller Handarbeit aus dem Wasser in die Schelche gebuddelt werden musste.

Suche in den Archiven

Mit den länglichen Transportkähnen wurde der Sand nach Ochsenfurt gebracht und dort, wiederum in anstrengender Arbeit, an Land geschafft. Erst in den 1960er Jahren, nachdem durch den Bau der neuen Staustufen kaum noch Sand ankam, der gefördert werden konnte, ging die Ära der Sandschöpfer zu Ende.

Auf der Suche nach detaillierten Information sowie auch nach Bildmaterial stattete Gerhard Wingenfeld zunächst dem Ochsenfurter Stadtarchiv einen Besuch ab - und fand dort weniger als erwartet, insbesondere kaum etwas über die Mainbrücken und die Staustufe bei Goßmannsdorf. Denn auch die Bauwerke am Main sollten in dem Buch eigene Kapitel bekommen. Wingenfeld zog daher den Kreis deutlich weiter und versuchte sein Glück im Staatsarchiv in Würzburg sowie beim Wasser- und Schifffahrtsamt.

Gerhard Wingenfeld hat zusammen mit Heinz Schleßmann einen neuen Bildband über Ochsenfurt und den Main erstellt.
Foto: Walter Meding | Gerhard Wingenfeld hat zusammen mit Heinz Schleßmann einen neuen Bildband über Ochsenfurt und den Main erstellt.

Dort war die Ausbeute schon reichhaltiger, und Wingenfeld machte Sachverhalte ausfindig, die ihm bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Etwa, dass das Zementwerk Schwenk 1939 in Ochsenfurt ein Werk errichten wollte, und zwar unterhalb der Wilhelmshöhe. Sogar Grundstücke hatte das Unternehmen bereits erworben; unter anderem sollten auch 150 Wohnungen gebaut werden. Das Vorhaben wurde jedoch abgelehnt, da der Wind aus dem im Westen geplanten Werk wahrscheinlich eine Menge Staub und Abgase in die Stadt getragen hätte.

Neue Mainbrücke war anders geplant

Auch der Geschichte der Mainbrücken hat Gerhard Wingenfeld nachgespürt. Wären die allerersten Pläne für den Bau der Neuen Mainbrücke damals verwirklicht worden, sähe Ochsenfurt heute anders aus. 1938 nämlich hatte es eine Planungsvariante gegeben, die einen Straßenverlauf über die Klinge, die Brunnenstraße und die Floßhafenstraße sowie den Bau des neuen Flussübergangs an dieser Stelle vorsah - also westlich der heutigen Neuen Mainbrücke. Allerdings, weiß Wingenfeld, wurde von dem Vorhaben Abstand genommen, weil der Verkehr dann zu weit an der Altstadt vorbei geflossen wäre.

Die Staustufe bei Goßmannsdorf ist ein weiteres Bauwerk, das ursprünglich einmal etwas anders gedacht gewesen war. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte man sich bereits ans Planen gemacht und dabei vorgehabt, die Staustufe auf der Goßmannsdorfer Seite zu errichten. Die spätere Begradigung des Mains führte dann dazu, dass die Staustufe auf die Kleinochsenfurter Seite wanderte.

Auch das Flößen der langen Holzstämme (hier um 1900) ist längst Vergangenheit.
Foto: Quelle: Stadtarchiv Ochsenfurt | Auch das Flößen der langen Holzstämme (hier um 1900) ist längst Vergangenheit.

Zur Staustufe hat Gerhard Wingenfeld in den Archiven einen Vorgang ausfindig gemacht, den er den Lesern des neuen Werkes keinesfalls vorenthalten wollte: 1952 sah sich der Fährmann Andreas Schuhmann veranlasst, sich brieflich beim Wasser- und Schifffahrtsamt Würzburg zu beschweren. Seiner zwischen Thierbach-Mündung und Kleinochsenfurt verkehrenden kleinen Personenfähre, monierte er, sei die Kundschaft ausgegangen, seit die Leute den Steg an der Schleuse benutzten. Es falle ihm nun schwer, seine Familie mit 13 Kindern über die Runden zu bringen. Der Fährmann hatte Erfolg. Nach seiner Beschwerde durften nur noch Befugte den Steg benutzen.

Doch nicht nur die Geschichte der Bauwerke am Main sowie der verschiedenen Berufsgruppen wie Fischern und Flößern zeichnet das neue Buch nach, auch dem alltäglichen Leben der Ochsenfurter am Fluss werden etliche Kapitel gewidmet, versehen mit zahlreichen Fotos. Ob es nun um die Frauen auf den Waschschiffen geht, die Kinder in der Badeanstalt oder die feiertäglichen Ausflüge mit dem Schiff: Der Main spielte im Alltag der Ochsenfurter eine ganz entscheidende Rolle. Dass er diese Informationen nun allen Interessierten gut aufbereitet zur Verfügung stellen kann, freut Gerhard Wingenfeld. "Das ist für mich Arbeit an der Heimat", sagt er.

Das Buch "Ochsenfurt am Main - Sandschöpfer, Fischer, Flößer und Bauwerke am Main" von Heinz Schleßmann und Gerhard Wingenfeld ist in der Ochsenfurter Buchhandlung am Turm erhältlich und kostet 26,50 Euro.

 
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