Das Thema Flüchtlinge wird den Landkreis Würzburg auch 2024 weiter beschäftigen. Besonders wichtig sei es, so Landrat Thomas Eberth (CSU) in einem Pressegespräch, transparent zu sein und die Bevölkerung mit ins Boot zu holen. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zuständigen Fachbereichs in den vergangenen sechs bis acht Wochen mit Unterstützung von Kirche, Firmen, Organisationen und Privatleuten auf die Beine gestellt hätten, um Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen zu können, sei immens. "Das hätte ich nicht für möglich gehalten und dafür bin ich sehr dankbar." Man habe es geschafft, alle ankommenden Menschen unterzubringen, ohne dafür auf Turnhallen oder andere Liegenschaften von Gemeinden zurückgreifen zu müssen. "Damit sind wir gut ins neue Jahr gestartet", sagte der Landrat.
Zuletzt waren Notunterkünfte in Güntersleben, Sommerhausen, Veitshöchheim und auch im ehemaligen Hotel und Gasthaus Zehnter in Gaukönigshofen eingerichtet worden. Seit Kurzem sind auf einer Etage im Seniorenzentrum Röttingen, die zuletzt leer stand, 32 Geflüchtete untergebracht. Weiter, berichtete Eberth, konnten mehrere dezentrale Unterkünfte eingerichtet werden, die in der nächsten Zeit belegt werden: In Kirchheim gibt es Platz für 26 Personen, in Kleinrinderfeld für 18, in Höchberg für 28 und in Remlingen für 12 Personen.
Notunterkunft in Unterpleichfeld wurde nachgebessert
Die Notunterkunft in Unterpleichfeld steht demnächst auch wieder zur Verfügung. Nachdem die Anker-Verwaltung in Geldersheim über Weihnachten und den Jahreswechsel keine weiteren Geflüchteten zugewiesen hatte, "konnten wir in dieser Zeit geschaffene Kapazitäten nutzen, um die in Unterpleichfeld untergebrachten Menschen anderweitig unterzubringen und Baumaßnahmen vorzunehmen", schilderte Bereichsleiter Fabian Hollmann die Lage. Gerade werde die Unterkunft noch überholt. "Aktuell planen wir eine Belegung ab Mitte Februar mit rund 50 Personen."
Pläne des Landrats, eventuell die Immobilie des Klosters Fährbrück in der Gemeinde Hausen als Unterkunft einzubeziehen - vielleicht zur Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen - lägen erstmal auf Eis, so Eberth. Momentan spiele dies keine Rolle, er habe auch noch kein Wertgutachten des Bischöflichen Ordinariats dazu.
Etwas entspanntere Lage als in den Wochen vor Weihnachten
Landrat Eberth zeigte sich erleichtert, dass die Lage sich momentan etwas entspannt hat. Im Ankerzentrum in Geldersheim kämen weniger Geflüchtete an, als noch in den Monaten zuvor. Im November gab es wegen der sich zuspitzenden Flüchtlingssituation eine Anweisung der Regierung von Unterfranken, dass der Landkreis wöchentlich mindestens 50 Flüchtlinge aufzunehmen hat. Aktuell sind es derzeit etwa 30 Personen pro Woche, die im Landkreis Würzburg ankommen. Für die nächsten Wochen sei man gerüstet, so Hollmann.
Wesentlich sorgenfreier wäre er aber, "wenn es nicht über 38 Prozent an Fehlbelegern gäbe". Laut Hollmann bezieht sich der Begriff auf diejenigen, die anerkannt sind und sich legal im Land aufhalten, aber auf dem schwer umkämpften Wohnungsmarkt keine geeignete Wohnung finden. "Wir bräuchten schlicht und ergreifend bis zu 300 Wohnungen. Die sind aber nicht da", zeigte er sich besorgt.
Der Fokus müsse sich in Zukunft auch darauf richten, mehr Sozialen Wohnungsbau im Landkreis zu schaffen. Überlegungen gebe es, ein Grundstück in Giebelstadt sei auch vorhanden - nämlich auf dem Gelände des ehemaligen Kreisbauhofs. Die Pläne für ein dort angedachtes "sichtbares Frauenhaus" waren Ende 2022 vorerst verworfen worden.
Türkei steht im Landkreis aktuell an Platz drei der Herkunftsländer
Weiterhin, so erläuterte Hollmann, kämen die meisten Geflüchteten (33 Prozent) aus der Ukraine, gefolgt von Afghanistan mit 27 Prozent. Interessant sei, dass die Türkei mittlerweile bei den Herkunftsländern auf Platz drei liege. Die durchschnittliche Bleibeperspektive - für die meist wegen des verheerenden Erdbebens im Südosten der Türkei geflüchteten Menschen - sei sehr gering und liege nur bei 13 Prozent. Geflüchtete aus Afghanistan hätten hingegen aufgrund der aktuellen Lage eine gute Bleibeperspektive in Deutschland, von bis zu 80 Prozent.
Unerlässlich in puncto Flüchtlingshilfe sei neben der hauptamtlichen Tätigkeit auch das Ehrenamt, so Eberth. In vielen Ortschaften des Landkreises sei es - auch durch die Informationsveranstaltungen - gelungen, freiwillige Helfer zu finden. Als Integrationslotsin möchte Yvonne Bolinski-Pfeiffer von der Servicestelle Ehrenamt, den Ehrenamtlichen bei ihren Aufgaben mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Ehrenamtliche weiter gesucht
Auf 118 in der Datenbank gelistete Personen könne sie zurückgreifen, erklärt sie im Mediengespräch. "Wobei das meist nur die Ansprechpartner und Koordinatoren der jeweiligen Initiative oder Helferkreise sind." Man könne in etwa rechnen, dass auf eine Koordination fünf Ehrenamtliche kommen.
Besonders lobten Landrat Eberth und Bolinski-Pfeiffer das ehrenamtliche Engagement in Gaukönigshofen: Deutsch-Unterricht, Kleiderspenden, Integration ins Vereins- und Kulturleben funktioniere dort gut. Lob gab es auch für die Unterpleichfelder: "Sie sind auf die Wiedereröffnung gut vorbereitet und haben Spendentüten gepackt", so die Integrationslotsin. Schwieriger sei die Situation derzeit in Ochsenfurt. Wie Landrat Eberth meinte, seien dort "gewisse Ermüdungserscheinungen" erkennbar.