"Für mich sind wirklich alle Menschen gleich", sagt Guido Karp während er durch einen Katalog seiner Fotografien blättert. Der renommierte Fotograf, der sonst Showgrößen wie Madonna oder Bands wie AC/DC ablichtet, ist in das beschauliche Neubrunn (Lkr. Würzburg) gekommen. Zusammen mit seinem 23-köpfigen Styling-Team begrüßt er knapp 50 Teilnehmerinnen, die sich verwandeln lassen wollen und ein besonderes Portraitfoto mitnehmen möchten. "Princess for one day" heißt die Aktion, mit der das Team seit Jahren durch Deutschland, Österreich und die Schweiz tourt. Schauplatz in Neubrunn ist zum wiederholten Mal das Möbelhaus Spitzhüttel.
In verschiedenen Gruppen werden die Frauen, die sich ein Ticket für 159 Euro geleistet haben, aufgeteilt. Erste Station ist das "Vorher-Foto". Dieses soll später zeigen, wie sehr sich die Teilnehmerinnen nach dem Styling verändert haben. "Ich bin jetzt schon ein bisschen aufgeregt", sagt Karin Müller aus Bergtheim. Sie hat "so etwas noch nie gemacht", möchte aber durch die Veranstaltung ein paar Styling-Tipps für den Alltag mitnehmen. Und ganz wichtig: "Ich hoffe natürlich auf ein schönes Foto", so die 64-Jährige.
Karp kennt den unterfränkischen Dialekt
Für den Fotografen Guido Karp macht es keinen Unterschied, ob er Weltstars oder "ganz normale Frauen" fotografiert. "Es geht uns darum, den Frauen ihr Potential aufzuzeigen." Der einzige Unterschied von Hollywood zu normalen Menschen sei die Gage. Das Foto-Event soll den Frauen Spaß machen und vor allem risikolos sein. "Wir schneiden und färben hier keine Haare", sagt Karp. Hier gehe es darum, ein besonderes Foto zu machen und den Teilnehmerinnen Ratschläge mitzugeben.
Und dann geht es los. Die Stylistinnen packen sich Kamm, Pinselchen und Puder und machen sich ans Werk. Nachdem die Frisuren gemacht und Lidschatten und Wimperntusche aufgetragen wurden, naht der große Augenblick: Das Fotoshooting. Guido Karp empfängt die Frauen und nimmt ihnen die Angst vor dem Shooting. Im aufgebauten Studio bringt er die Teilnehmerinnen zum Lachen und bekommt so genau das Lächeln, dass er für das Portraitbild benötigt. "Denken Sie mal an etwas schönes, denken Sie an mich", scherzt Karp und fordert die Frauen auf, ihre Zunge herauszustrecken.
Nach nur wenigen Augenblicken sind die Teilnehmerinnen auch schon fertig. Guido Karp, der seit 1999 in Los Angeles lebt, ist sehr zufrieden mit der Fotosession. "Wir lieben es, immer wieder in Neubrunn zu sein", sagt der 56-Jährige. Auch an den unterfänkischen Dialekt und den Ausdruck "a weng" habe er sich längst gewöhnt. Letztendlich gehe es darum, die Menschen zu knacken. "Wenn der perfekte Gesichtsausdruck da ist, dann muss ich bereit sein", erklärt Karp seine Herangehensweise. Egal ob in Unterfranken oder in Berlin.
Aussehen wie die Leute im Fernsehen
Nach dem Fotoshooting müssen die Teilnehmerinnen warten. "Ich bin bisher echt zufrieden", sagt Andrea Tomic aus Himmelstadt. Trotz des Preises habe sie ihr Mann dazu ermutigt. "Ich habe mich angemeldet, um einmal richtig geschminkt zu werden", sagt Tomic. Einfach mal anders aussehen, so wie die Leute im Fernsehen, das wünscht sich die 56-Jährige. Und das tut sie dann auch. Als die fertig bearbeiteten Fotos nach knapp drei Stunden ausgeteilt werden, staunt sie – und die anderen Frauen – nicht schlecht. "Wow, das sieht ja beeindruckend aus", sagt eine Teilnehmerin ergriffen. "Das ist ja mal eine Verwandlung", staunt eine weitere.
Möbelhaus-Mitinhaberin Julia Spitzhüttl freut's. "Es macht uns sehr viel Spaß, die Teilnehmerinnen hier zu bewirten." Es sei immer eine besondere Atmosphäre, die Verwandlung der Frauen mitzuerleben. Sie kommen aufgeregt und ungeschminkt und gehen glücklich und selbstbewusst wieder nach Hause", so Spitzhüttl. Nach dem Foto-Event reist das Team um Guido Karp weiter nach Aschaffenburg. Bis Ostern kommen etliche Stopps wie die in Leipzig und Berlin dazwischen. In Neubrunn wird die Aktion "Princess for one day" wieder im Jahr 2021 erwartet.