User "mickymaus87" beschimpft "liesel", "hero88" hetzt gegen Ausländer, und Bots, also von Computern gesteuerte Fake-Accounts, verbreiten immer öfter Falschinformationen. Die wunderbare Idee, dass im Internet Menschen zusammenfinden und dort Raum für freien und wertschätzenden Austausch entsteht, deckt sich immer seltener mit der Realität.
Die Möglichkeit zur Anonymität mag wertvoll sein in Regimen ohne Demokratie und Meinungsfreiheit. Sie kann Menschen ermöglichen, ihre Meinung zu sagen, ohne dafür belangt werden zu können. In Deutschland hingegen schadet Anonymität oft der Qualität der Debatte.
Das erlebt auch unsere Redaktion, die sich täglich mit Kommentaren von Nutzerinnen und Nutzern auseinandersetzt. Auf sozialen Medien sind wir Gast und müssen uns an die Regeln der Anbieter halten.
Auf mainpost.de sind wir Gastgeber und entscheiden selbst über den Rahmen, in dem wir Austausch gestalten. Bisher konnte sich dort alle Nutzerinnen und Nutzer registrieren und unter Artikeln Kommentare schreiben. Künftig kann nur noch kommentieren, wer ein MP+-Abonnement hat und sich mit seinem echten Namen registriert, der dann auch bei jedem Kommentar sichtbar wird.
Chefredakteur Ivo Knahn beantwortet die wichtigsten Fragen zu der Umstellung.
Warum kann man nur noch mit Klarnamen kommentieren?
Wir wollen, dass unsere Inhalte in der Sache hart, aber im Ton freundlich und konstruktiv diskutiert werden. Stattdessen erleben wir häufig, dass Menschen Druck ablassen, der sich oft an anderen Kommentatorinnen und Kommentatoren entlädt. Wir haben erlebt, wie ein Lokalpolitiker unter falschem Namen Berichterstattung kommentiert und politische Gegner attackiert hat.
Wir wollen einen Raum für Austausch schaffen, der sich von den anonymen und nicht vertrauenswürdigen Foren vor allem auf sozialen Medien unterscheidet. Wir sind davon überzeugt, dass Menschen freundlicher sind, wenn sie mit ihrem Namen zu ihrer Meinung stehen. Wir glauben, dass Menschen dann gedanklich eine zweite Schleife drehen, bevor sie ihren Kommentar abschicken. Das kann der Qualität der Diskussion und dem gesellschaftlichen Miteinander nur guttun.
Zum Recht auf Meinungsfreiheit gehört nach unserem Verständnis auch die Pflicht, sich zu seiner Meinung zu bekennen. Transparenz ist ein zentraler Wert in den journalistischen Leitlinien unserer Redaktion. Die Kommentare von Leserinnen und Lesern sind der einzige redaktionelle Bereich, in dem bisher unsichtbar blieb, wer einen Beitrag verfasst hat.
Schließt es nicht Menschen aus der Debatte aus, wenn man nur noch mit einem bezahlten Abo mitreden kann?
Ja, das ist so. Etwa 140 festangestellte Journalistinnen und Journalisten arbeiten in unserer Redaktion. Das kostet Geld, und deshalb muss man für einen Großteil unserer Inhalte in Form eines Abos bezahlen. Wer sich das nicht leisten kann oder will, kann auf mainpost.de nur Inhalte nutzen, die nicht mit MP+ gekennzeichnet sind. Kommentieren kann man künftig ohne Abo nicht mehr. Das soll auch den Wert des Abonnements steigern.
Ist es Zensur, wenn die Redaktionen Kommentare filtert?
Presserechtlich ist die Redaktion auf ihren Kanälen auch für die Inhalte von Leserbriefen und Leserkommentaren verantwortlich. Schon deshalb lassen wir beispielsweise Rassismus, Werbung, Beleidigungen oder auch Falschinformationen nicht zu. Kommentare auf mainpost.de müssen rechtlich so sauber sein wie Meinungsbeiträge eines Journalisten oder einer Journalistin.
Wenn Nutzerinnen und Nutzer uns Zensur vorwerfen, meinen sie damit in der Regel, dass wir politische Meinungen ausfiltern, die uns nicht gefallen. Das tun wir explizit nicht. Wir wünschen uns Meinungsvielfalt und geben in unserer Netiquette einen liberalen Rahmen für die Debatte vor. In einfachen Worten: Wir wollen, dass Menschen in unserem Forum gut miteinander umgehen, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind. Ein eigenes Team, das Community-Management, kontrolliert deshalb bisher und künftig Kommentare, bevor sie veröffentlicht werden.
Was passiert mit bisher veröffentlichten Kommentaren?
Alle Kommentare, die vor 9 Uhr am 18. Juli 2023 veröffentlicht wurden, bleiben unverändert. Wer bis dahin unter Pseudonym kommentiert hat, wird bei bisherigen Kommentaren auch nachträglich nicht namentlich erkennbar. Wer sich vollständig angemeldet hat, muss nichts unternehmen. Bei künftigen Kommentaren wird automatisch der vollständige Name angegeben.
Übrigens: Alle, die ein Print-Abo haben, haben auch uneingeschränkten Zugriff auf mainpost.de. Um alle Inhalte sowie die Kommentarfunktion nutzen zu können, muss man sich mit seiner Kundennummer einmalig registrieren auf www.mainpost.de/leserservice.
Fragen rund um das Abo beantwortet der Kundenservice per Mail unter kundenservice@mainpost.de oder telefonisch unter Tel. 0931-60016001.
In der österreichischen Krone-Zeitung isses wiederum ganz anders.
wir möchten mit diesem Schritt das Forum für diejenigen User, die wirklich an einem Austausch interessiert sind, zu einem Ort machen, an dem sie das tun können, ohne angegangen zu werden. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass das bislang häufig nicht möglich war - auch wenn es natürlich viele User gibt, die auch unter einem Pseudonym respekt- und gehaltvolle Beiträge geschrieben haben.
Zum Datenschutz: Die Entscheidung zur Teilnahme an der Forumsdiskussion und somit die Veröffentlichung des Namens trifft jeder Nutzer selbst.
Freundliche Grüße
Silke Albrecht
Digitales Management
Mit Namen, Adresse und Geburtsdatum.
😁
Ich wundere mich schon, welche juristischen Ansichten hier umgehen; ich sehe die Kommentarfunktion als einen zusätzlichen Service an, den ich gerne nutze, aber einen Rechtsanspruch darauf kann ich nicht erkennen.
Georg Wohlfart-Mitznegg