Als Domina hat sie früher offenbar von der Angst ihrer Kunden gelebt, sie könnte Peinliches aus deren Intimleben öffentlich machen. Jetzt hat sie als Angeklagte selbst Angst, was vor Gericht in Würzburg über sie ruchbar werden könnte. Eine Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, betritt sie an diesem Mittwoch den Saal. Eine große Sonnenbrille auf, einen Aktendeckel vor dem Gesicht. Selbst ihren Wohnort würde sie gerne geheim halten.
Eine sehr spezielle Art von Sex-Quälerei
Als sehr spezielle Sex-Arbeiterin, als Finanzdomina, verdiente die 49-Jährige laut Anklage ihr Geld mit dem subtilen Quälen von Kunden. Die gaben Intimes preis - und zahlten dann in Rollenspielen für das diskrete Schweigen ihrer Domina.
Die Vorlieben spionierte die Beschuldigte offenbar in intimen Gesprächsrunden im Internet unter Gleichgesinnten aus. Der "Kick" für ihre Kunden: die Demütigung, nachdem sie sich mit Bildern in Frauenkleidern oder bei ungewöhnlichen Sexpraktiken freiwillig gezeigt hatten. Manchmal verlangte die Domina für ihr Schweigen nur 25 Euro. In anderen Fällen 11.000 oder rund 16.000 Euro.
Angeklagt: Erpressung von sieben Kunden
2019 ging einer der Männer zur Polizei. Der aktuelle Prozess um die Erpressung von sieben Kunden in den Jahren 2016 bis 2018 könnte längst erledigt sein. Aber die Justiz tat sich schwer mit dem Fall und schleppte ihn jahrelang unerledigt mit. Auch, weil ein Auftritt vieler Zeugen während der Corona-Pandemie unverhältnismäßig gewesen wäre. Wegen Tierquälerei war die 49-Jährige im März 2002 bereits verurteilt worden. Ermittler hatten bei ihr auch Videos gefunden, auf denen sie gegen Geld Mäuse zertrat.
Nun gibt das Verfahren am Amtsgericht Würzburg Einblicke in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Lust am Leiden und strafbarer Erpressung fließend sind. Hat Geldgier die Angeklagte getrieben, wie Oberstaatsanwalt Tobias Kostuch ihr unterstellt? Oder hat sie beim einvernehmlichen Rollenspiel unbemerkt eine Grenze überschritten und nicht locker gelassen, als ihren Kunden die Sache zu teuer wurde?
Sieben Fälle von Erpressung listet die Anklage gegen die Frau aus dem Landkreis Würzburg auf. Einem Mann aus München soll sie die Adresse entlockt haben. Von einer Freundin habe sie dort sein Haus fotografieren lassen - um ihm zu drohen, verfängliche Bilder auch seiner 14-jährigen Tochter zu zeigen. War das auch noch Teil des Rollenspiels?
Den Betroffenen ein Auftritt im Zeugenstand erspart - durch Verständigung
Weil ein langer Prozess mit ungewissem Ausgang droht, schlägt das Gericht um die Vorsitzende Richterin Lena Pohle am Mittwoch den pragmatischen Weg einer schnellen Verständigung vor: Geständnis in den zwei gravierenden Fällen im fünfstelligen Euro-Bereich gegen Einstellung der fünf kleinen Fälle.
Eine Stunde später ist das Verfahren nach vier Jahren beendet: Die Angeklagte wird zu einem Jahr und sechs Monaten Haft zur Bewährung verurteilt. Den beiden erpressten Kunden muss sie 27.000 Euro zurückzahlen. Und die müssen sich nicht im Zeugenstand peinlichen Fragen stellen. Dort hätte sich, wie die Richterin diskret andeutete, ihr Lustgewinn wohl in Grenzen gehalten.