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Nach Suizid einer Medizinerin: Digitalministerin Judith Gerlach drängt auf Konsequenzen bei Hass und Hetze im Internet
"Die Regulierung ist da, an der Umsetzung hapert es teilweise", sagt die CSU-Politikerin. Schnelle Ermittlungen seien für die Opfer von Hasskriminalität im Netz wichtig.
Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) hat Hass und Hetze im Netz bereits selbst erfahren müssen.
Foto: Daniel Peter | Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) hat Hass und Hetze im Netz bereits selbst erfahren müssen.
Jonas Keck
 und  Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:13 Uhr

Die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr aus Österreich hatte sich im Kampf gegen Corona engagiert und war deshalb im Internet zum Hass-Objekt von Impfgegnern geworden. Daran – das legen von Medien veröffentlichte Abschiedsbriefe nahe – ist sie zerbrochen. Der Suizid der 36-Jährigen vor wenigen Tagen hat auch in Deutschland die Debatte über Hass im Netz neu angefacht.

Im Gespräch mit dieser Redaktion fordert Judith Gerlach, Bayerns Staatsministerin für Digitales, bei Hass und Hetze im Internet die Möglichkeit eines schnellen Vorgehens für die Ermittlungsbehörden. "Die Regulierung ist da, an der Umsetzung hapert es teilweise", sagt die CSU-Politikerin. Im Fall Kellermayr sah sich das Opfer Hass und Hetze offenbar schutzlos ausgesetzt. "Dann hat man in so einer Situation natürlich das Gefühl, mutterseelenallein zu sein", so Gerlach. "Opfer müssen merken, dass sie in der Situation nicht allein sind, dass schnell gehandelt wird und dass der Staat sie auch schützen kann." Es dürfe nicht sein, dass Betroffene monatelang mit der Unklarheit darüber leben müssen, wer hinter den Hassbotschaften steckt.

Eine Obduktion der Leiche der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr hat einen Suizid bestätigt. Das gehe aus dem vorläufigen Obduktionsergebnis hervor, teilte die Staatsanwaltschaft Wels am Mittwoch mit.
Foto: Verena Leiss, dpa | Eine Obduktion der Leiche der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr hat einen Suizid bestätigt. Das gehe aus dem vorläufigen Obduktionsergebnis hervor, teilte die Staatsanwaltschaft Wels am Mittwoch mit.

Als bayerische Ministerin könne sie den Fall in Österreich nicht in Gänze beurteilen. Generell gelte aber: Die Zusammenarbeit zwischen den Plattformbetreibern und den polizeilichen Ermittlern müsse "sehr, sehr eng" sein, damit Strafverfolgung gelingen könne.

Digitalministerin bekam selbst schon unmissverständliche Botschaften

Die Digitalministerin hat schon selbst Hass und Hetze im Internet erfahren müssen. Auch sie habe deswegen die Polizei einschalten müssen. "Es gab auch einmal eine Gefährderansprache deshalb", sagt die CSU-Politikerin aus Aschaffenburg. "Der Ton hat sich uns Politikern gegenüber seit Corona sehr verschärft." Gerlach erinnert sich an eine Drohung, die zwar juristisch keinen Straftatbestand darstellte, aber trotzdem unmissverständlich gewesen sei und sich gegen Leib und Leben gerichtet hätte. Sie kenne den Urheber. Auch eine Klarnamenpflicht würde an solchen Vorgängen nichts ändern, weil die Hetze zum Teil "völlig offen" stattfinde, sagt sie.

Das Europaparlament hat Anfang Juli mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, dass für eine verschärfte Aufsicht von Online-Plattformen sorgen soll. Diesen sogenannten Digital Services Act (DSA) befürwortet die bayerische Digitalministerin grundsätzlich. Sie vermisst jedoch eindeutig definierte Löschfristen für Inhalte mit Hass oder Hetze. Ähnlich wie beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) müsse auch beim DSA klar geregelt sein, innerhalb welcher Zeit die Internetkonzerne verpflichtet sind, rechtswidrige Inhalte aus dem Netz zu nehmen.

Zudem sei kein Auskunftsanspruch festgesetzt worden, der es polizeilichen Behörden ermöglicht, Informationen über Hetzerinnen und Hetzer zu erlangen. Das sei jedoch wichtig, um schnell ein Beispiel statuieren zu können, so Gerlach.

Judith Gerlach: Behörden dürfen nicht länger nur "Bittsteller" sein

"Die Bundesregierung ist jetzt gefordert, zu überlegen: Welche Regelungen können wir in Deutschland auf den Weg bringen, um es den Ermittlungsbehörden einfach zu machen?", sagt Gerlach. Die Behörden dürften nicht länger nur "Bittsteller" bei Plattformbetreibern sein, wenn es beispielsweise darum gehe, an IP-Adressen zu kommen.

Menschen in Bayern können sich bei Hasskommentaren im Netz an eine neue Beratungsstelle wenden. Genutzt werde dafür die baden-württembergische Meldestelle "Respect", teilte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) Ende Juli mit. "Respect!" nimmt Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern entgegen, berät und zeigt bei strafrechtlich relevanten Inhalten selbst an. Zudem stellt die Meldestelle im Nachhinein beim zuständigen Provider, also beispielsweise bei Facebook, Google oder Twitter, einen Löschantrag, damit hetzerische oder diskriminierende Beiträge entfernt werden. 

Judith Gerlach hält die Meldestelle für "eine gute Sache", die aber vom Staat für privatwirtschaftliche Unternehmen zur Verfügung gestellt werde. "Ich sehe die Plattformen zumindest in der finanziellen Pflicht, sich daran zu beteiligen. Es ist keine rein staatliche Aufgabe, private Plattformen – die viel Geld mit ihren Nutzern verdienen – sauber zu halten."

 
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Kommentare
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  • MedDeeg@web.de
    Was die CSU halt so fordert....

    Erwiesenermaßen kommt "Hass und Hetze" zum Großteil aus dem rechten oder sog. "konservativen" Milieu - also genau aus dem Milieu, in dem die CSU verortet ist.
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  • Bart99
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