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Würzburger Anwalt Chan-jo Jun deaktiviert sein Social-Media-Konto wegen Querdenker-Hetze: "Twitter ist ein Schlachtfeld"
Der Würzburger Anwalt und Kämpfer gegen Hassrede, Chan-jo Jun, hat seinen Twitter-Account mit 70.000 Followern deaktiviert. Das sind die Gründe.
IT-Anwalt Chan-jo Jun aus Würzburg wurde bekannt durch den Kampf gegen Hetze im Internet. Nun hat er seinen Twitter-Account deaktiviert.
Foto: Thomas Obermeier (Archivbild) | IT-Anwalt Chan-jo Jun aus Würzburg wurde bekannt durch den Kampf gegen Hetze im Internet. Nun hat er seinen Twitter-Account deaktiviert.
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:13 Uhr

Chan-jo Jun will nicht mehr. Der Würzburger Fachanwalt für IT- und Wirtschaftsrecht, der durch den Kampf gegen Hetze im Internet bekannt geworden ist, hat am Wochenende seinen Twitter-Account mit mehr als 70.000 Followern deaktiviert. Laut Jun steht dies in direktem Zusammenhang mit dem Suizid einer bekannten österreichischen Impf-Ärztin am Freitag, die aufgrund ihrer öffentlichen Präsenz massiver Hetze und Drohungen ausgesetzt gewesen war.

"Mich hat das extrem mitgenommen, dass das passiert ist", sagt Jun im Gespräch mit der Redaktion. Das "Jubelgeschrei", das jetzt aus der Impfgegner-Szene zu vernehmen sei, zeige wie verroht die Debatte rund um Pandemie und Verschwörungsmythen inzwischen sei.

Auch er selbst sei ernstzunehmenden Anfeindungen aus der Querdenker-Szene ausgesetzt, dies sei jedoch nicht der Grund für seinen Ausstieg. "Ich habe einfach festgestellt, dass ich nicht erfolgreich darin bin, an einem sachlichen Diskurs mitzuwirken", so Jun. Der Würzburger Anwalt hatte auf Twitter in den vergangenen zwei Jahren große Reichweite mit juristischen Analysen zum oftmals rechtswidrigen Wirken der Querdenker-Bewegung erzielt.

Würzburger Anwalt Jun: Gesetze werden nicht durchgesetzt

Sachliche Analysen, so Jun, ließen sich auf der Plattform jedoch kaum noch führen. Stattdessen nehme er dort zunehmend mehr Hass und Hetze wahr. Diese "Verrohung" lasse ihn nicht kalt. Während etwa der Mord des ehemaligen hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Rechtsextremisten Betroffenheit in rechten und verschwörungsideologischen Kreisen erzeugt hätte, werde im aktuellen Fall nun offen gejubelt. "Twitter ist ein Schlachtfeld geworden", so Jun.

Mitverantwortlich dafür sei die schlechte Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das Social-Media-Plattformen zur Bekämpfung von Hetze verpflichtet. "Das Bundesamt für Justiz hat es nicht ein Mal geschafft, Plattformen systematische Verletzung des Gesetzes nachzuweisen und ein Bußgeld zu verhängen", sagt Jun. In Folge ließen die Netzwerke Hassrede inzwischen einfach wieder stehen.

Dem habe die Gesellschaft wenig entgegenzusetzen. "Wir müssen endlich dafür sorgen, dass Plattformbetreiber das Gesetz einhalten", so Jun. Zudem müsse aus den Innenministerien der Länder heraus mehr getan werden: "Das, was Jan Böhmermann aufgedeckt hat, ist ein Skandal." Der TV-Moderator hatte kürzlich Recherchen veröffentlicht, die das zögerliche Vorgehen der Polizei bei Online-Hassrede in manchen Bundesländern aufgedeckt hatten.

Jun: Trotz Fehlern vorwiegend gute Erfahrungen mit Würzburger Polizei

Er selbst habe mit der hiesigen Polizei zwar überwiegend gute Erfahrungen gemacht. Dennoch habe es auch hier "peinliche" Fehler gegeben. Im Jahr 2017 war Chan-jo Jun vom mutmaßlichen NSU-2.0-Drohbriefschreiber Alexander M. bedroht worden. Die Würzburger Polizei habe damals, so Jun, vorliegende Beweise ohne Erfolg ausgewertet, weshalb es nicht zu einem Gerichtsverfahren gekommen sei.

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

Juns Ausstieg aus Twitter hatte deutschlandweit Resonanz hervorgerufen. "Verstehe, dass er jetzt genug hat. Tragisch ist sein Rückzug hier für unsere Demokratie dennoch", schrieb etwa SPD-Politikerin Sawsan Chebli auf der Plattform.

Abseits von Twitter werde er sich juristisch weiter für den Kampf gegen Hassrede im Netz einsetzen, sagt Jun. Bis dahin begrüße er jedoch die Ruhe, die ihm sein Ausstieg ermögliche. So habe er sich kürzlich erst einige Bücher gekauft und freue sich darauf, diese zu lesen.

Haben Sie suizidale Gedanken oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt? Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern (0800) 111 0 111 und (0800) 111 0 222. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter www.telefonseelsorge.de. Die Fachstelle Suizidberatung - Unterstützung in kritischen Lebenssituationen am Kardinal-Döpfner-Platz 1 in Würzburg ist Montag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet, Tel. (0931) 571717. Rund um die Uhr ist das Krisennetzwerk Unterfranken unter (0800) 6553000 zu erreichen.

 
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Kommentare
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    Sawsan Cheblis Getwitter zu zitieren zeigt auch nur, wo heutzutage „Journalisten“ ihre Infos beziehen! Als ob diese Frau was Vernünftiges zu einer Debatte beizutragen hätte! Jetzt fehlen nur noch Esken und Kühnert!
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  • daniel.englbauer@churchsol.de
    Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Art.5 GG
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  • romulus2417@yahoo.de
    Glückwunsch zu der Entscheidung die Botwerkstatt zu verlassen. Wa
    rum hat Elon Musk noch nicht gekauft ?
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    Wirklich verstanden habe ich nie, wofür es Twitter braucht. Die Schlagzeilenleserei ist dort Programm, bewusstes Falschverstehen und Beschimpfen von Menschen mit anderen Meinungen völliger Alltag. Schlimm ist, dass Journalisten dort offenbar ihr Hauptbetätigungsfeld gefunden haben und sich gerne dort "informieren". Sporadisch schaue ich dort rein, aber eigentlich stößt mich das, was ich dort finde, nur ab. Ich sehe mir lieber die Videos von Herrn Jun an.
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  • simonhard
    Twitter? Braucht kein Mensch! Flächendeckend abschalten. Leider ginge das nur in China.
    Die paar Influencer sollen sich dann richtige Arbeit suchen.
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  • Oreus
    Mal ganz ehrlich? Wer braucht denn die sozialen Netzwerke?
    Ich bin IT-Spezialist der ersten Stunde: Ich habe mich noch mit selbstgebauten Akustik-Kopplern über's Telefon in irgendwelche privat betriebene BBSen eingeloggt.
    Zu der Zeit wusste fast noch niemand, dass man Computer vernetzen kann.
    Ich habe mit den ersten Modems am BTX teilgenommen, und habe den rasanten Aufstieg des Internets miterlebt. Ich habe den ersten Primärmultiplex-Anschluss über Glasfaser in Betrieb genommen (bei der damaligen Main-Post Richter-Druck am Heuchelhof, deswegen hat die auch heute noch die Rufnummer 6001, wobei die 6 für Heidingsfeld und ISDN, stand, und die 001 eben für den Allerersten. Heidingsfeld war damals das Testlabor Deutschlands für Glasfasertechnik...).
    Ich bin in diesem Beruf bis heute tätig und betreue heute nur noch weltweit richtig große Kunden. Doch soziale Netzwerke, wie Facebook habe ich mir zwar auch angesehen, aber nie Sinn darin gesehen, mir das Essen andere Leute anzugucken.
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  • Funkenstern
    Wie kann man ohne diesen Sozialmedien Wahnsinn existieren?
    Ganz einfach, in dem man es verweigert.
    Wenn alle Intelligenz das verweigern würde, wäre ganz schnell klar, dass sich dort die Idioten tummeln.
    Wer möchte dann noch dort dabei sein?
    Ironie aus. Aber man kann darüber nachdenken.
    Ich persönlich bin dort nicht aktiv und habe es von vorne herein abgelehnt.
    Das hätten alle machen sollen, oder???
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  • gebsch.albrecht@web.de
    Ja, das hätten Alle machen sollen. Wie wahr. Was für ein Wahnsinn. 70.000 Follower, sorry da gibt es bestimmt einige hater. Guter Entschluss, niemals anmelden oder: Aus....raus die Maus.
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  • wjgsell
    "Wehret den Anfängen!", hieß es mal. Unsere Demokratie ist längst gefährdet von Rechten, "Querdenkern", Verschwörungsgläubigen und von Internet-Bots im Auftrag von z.B. Russland, und demnächst vermehrt auch von China, die auch und ganz besonders über die sozialen Netzwerke manipulieren.
    Einerseits heißt das für mich, schärfer Durchgreifen bei Hass und Gewalt, und andererseits mehr in die Bildung investieren. Auch bei denen, die sich auf der Verliererstraße wähnen - was meist am schlechten Deutsch schon zu erkennen ist - und ein unfreies Deutschland wollen.
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  • stahl01@t-online.de
    Was ist mit diesen Menschen passiert, dass sie dermaßen hetzen im Internet - dass sie so verrrohen? Oder war dass schon immer so und man hat es nur nicht so wahrgenommen, weil es damals kein Internet und der Austausch in dieser Form nicht möglich war?
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  • e.max.s@t-online.de
    Solange das alles anonym abläuft ist es halt sehr einfach über Andere herausziehen.
    Besser wäre es natürlich, alles was man so im Netz von sich lässt, nur mit vollständigem Namen zuzulassen.
    Die Hetze würde damit unterbunden werden, aber wahrscheinlich auch die allermeisten vernünftigen Einträge, auch hier bei den Kommentaren.
    Ehrlicherweise muss ich zugeben das ich mich dann auch zurückhalten würde - ich schreibe übrigens KEINE Hassmails oder -kommentare.
    Nur noch solche Meinungen schreiben über die man auch wirklich diskutieren kann, daß wär's doch.
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  • jebusara@web.de
    "Ich habe einfach festgestellt, dass ich nicht erfolgreich darin bin, an einem sachlichen Diskurs mitzuwirken."

    Dann sollte er mal überlegen warum das so ist. Vielleicht liegt es an ihm selbst?

    Davon ab: was ist Hassrede? Oft hat die Wahrheit ein hässliches Gesicht, ist aber dennoch die Wahrheit. Auch wenn so mancher sie nicht hören/lesen möchte.
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Plumpe Pauschalisierungen, Bedrohungen und Beleidigungen haben nunmal nichts mit einer sachlichen Diskussion zu tun…
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  • mckemmer@gmx.de
    #winnem: ich möchte Sie sehen, wenn kübelweise und über Monate dreckigste Dinge über Sie verbreitet weden und Sie auf herabwürdigenste Weise beleidigt werden. Wie lange würden Sie unbeeindruckt bleiben von Morddrohungen und Beschimpfungen Ihrer Familie?
    Sie wollen wohl ein ganz Harter sein! Und : von was für hässlichen Wahrheiten reden Sie denn?
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  • jebusara@web.de
    @siderich

    Der Mann ist Rechtsanwalt. Er weiss wohl am besten wie man gegen all das vorgeht. Sich schmollend zurückziehen passt nicht wirklich zu seinem - selbsterwählten - Job die "sozialen Medien aufzuräumen".

    Auch der Messermörder von Würzburg hatte einen Verteidiger. Meinen Sie, der wurde nicht angefeindet und kübelweise Dreck über ihm ausgeschüttet?
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  • uwe.luz@t-online.de
    Ich habe mich nie an den asozialen Netzwerken beteiligt. Es war doch von vornherein absehbar, dass auf solchen Ebenen keine qualitativ angemessene Kommunikation möglich ist.

    Wen wundert es: Nun finden sich auf Twitter + Co. Protagonisten wieder, die auf einem Stück Papier oder im Gespräch von Angesicht zu Angesicht keinen Satz mit Subjekt, Prädikat und Objekt zusammen bekommen würden.
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  • Fr-goetz@t-online.de
    Ich bin auch aus allem raus! Außer WhatsApp habe ich nichts mehr am Laufen!
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  • Meinungsvertreter
    "Ich habe einfach festgestellt, dass ich nicht erfolgreich darin bin, an einem sachlichen Diskurs mitzuwirken."

    Dieser sachliche Diskurs ist in gewissen Kreisen auch gar nicht mehr erwünscht. Dennoch muss man sich diesen Menschen entgegenstellen. Es kann nicht sein, dass man dieses Land diesem von Rechten durchseuchten Mob überlässt und der Staat tatenlos zuschaut. Es ist nicht normal, auf „friedlichen“ Demonstrationen Journalisten und Polizisten zu bedrohen, vor den Wohnhäusern von Politikern aufzumarschieren, Namenslisten zu erstellen und zu veröffentlichen, usw. - hier sollen Menschen mundtot gemacht werden. Und es funktioniert. Die braune Masse grölt und jubelt. Es widert mich nur noch an, was hier passiert.

    Herr Jun, lassen Sie bitte nicht locker, lassen Sie sich nicht einschüchtern. Unsere Demokratie braucht Leuchttürme wie Sie!
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  • schuema@web.de
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