
Es hatte sich Unmut angestaut. Ende vergangenen Jahres waren unterfränkische Träger von Seniorenheimen damit an die Öffentlichkeit gegangen. Sie beklagten aus ihrer Sicht teils schikanöse Kontrollen durch die Heimaufsichten von Landratsämtern und kreisfreien Städten – den so genannten FQAs (Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht).
Ein entsprechender Bericht dieser Redaktion fand starke Resonanz: Während sich Heimleitungen und Pflegekräfte in ihrer Kritik bestätigt fühlten, sah sich manche Heimaufsicht zu Unrecht an den Pranger gestellt. In jedem Fall ist Bewegung in das Thema gekommen.
Dieser Tage diskutierte die CSU-Fraktion im Landtag die Kontrollpraxis in der Pflege mit Fachleuten. Mit dabei: Alexander Schraml, als langjähriger Vorstand des Kommunalunternehmens Würzburg (KU) bis vor einem Jahr noch verantwortlich für acht Senioreneinrichtungen. Als KU-Vorstand hat er sich zurückgezogen, für die Pflege bleibt er aber im Einsatz.
Schraml will eine Reform der Heimaufsicht für Pflegeheime
Schraml ist Vorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen sowie Vorstandssprecher der Kommunalen Altenhilfe Bayern. In dieser Funktion macht er Druck für eine Reform der Heimaufsicht. Dass neben dem Medizinischen Dienst (MD) zusätzlich die Landratsämter einmal im Jahr mit unangemeldeten Kontrollen die Heime "auf links drehen", das empfindet der 59-Jährige als unnötige Gängelei.
Er beruft sich dabei auf Berichte aus Senioreneinrichtungen. Wobei die 96 FQAs in Bayern recht unterschiedlich zu Werke gingen, was per se schon problematisch sei. Häufig würden Nichtigkeiten wie eine offene Shampoo-Flasche im Bad beanstandet, "nur weil man unbedingt etwas finden will. Das hat mit Wertschätzung der Pflegearbeit nichts zu tun", kritisiert Schraml gegenüber der Redaktion.
Er verweist auf ein Problem: Mit der generalistischen Pflegeausbildung werde es unter solchen Umständen immer schwerer, Nachwuchskräfte für die Altenpflege zu gewinnen. In Krankenhäusern gebe es solche Routinekontrollen nicht.
Schraml zweifelt nicht grundsätzlich an der Notwendigkeit von Prüfungen – schließlich müsse eine gute Pflege der alten Menschen in den Heimen gewährleistet sein. Statt aber "überfallartig" und mit einem Generalverdacht durch die Häuser zu ziehen, solle die Aufsicht nur bei konkreten Beschwerden und Vorfällen tätig werden.
Ist eine pauschale Zustimmung zu Kontrollen im Zimmer in Heimen rechtswidrig?
Schraml erinnert daran, dass die Privatsphäre von Bewohnerinnen und Bewohnern in den Heimen zu wahren ist. Heißt: Nur mit deren Zustimmung – oder der von betreuenden Angehörigen – dürften die Zimmer von Kontrolleuren betreten werden. Eingewilligt werden müsse bei jedem einzelnen Besuch.
Dass manche Heimaufsichten von den Seniorinnen und Senioren pauschale und zeitlich unbegrenzte Zustimmungserklärungen verlangen, ist nach Auffassung des promovierten Juristen rechtswidrig. In einem Fall, so schildert Schraml, habe die Heimaufsicht Vordrucke an alle Heimbewohner verschickt. In anderen Einrichtungen sollten sie beim Einzug unterschreiben.

"Das geht nicht", findet Schraml. Die Betroffenen müssten jederzeit die Möglichkeit haben, nein zu einer Zimmerkontrolle zu sagen. Gerade bei älteren Menschen verändere sich der Gesundheitszustand manchmal schnell. "Da ist es dann irrelevant, was man vor zwei Jahren unterschrieben hat."
Mit seiner Kritik hat sich der Verbandsvertreter an die Regierung von Unterfranken und an das bayerische Gesundheitsministerium gewandt. Zumindest dort stoßen die Bedenken auf offene Ohren. Man wolle die Verwaltungsvorschriften zum Pflegewohngesetz überprüfen, heißt es.
CSU im Landtag zeigt sich offen für Entbürokratisierung und gestraffte Kontrolle bei Heimaufsicht
Beim CSU-Fachgespräch im Landtag konnte man die Kritik an FQA-Kontrollen nachvollziehen, berichtet der CSU-Gesundheitsexperte Bernhard Seidenath: "Es geht natürlich um effektiven Bewohnerschutz, aber wir müssen auch den Pflegeberuf attraktiv halten." Es gelte deshalb, überbordende Bürokratie abzubauen und den Einrichtungen mehr Eigenverantwortung zuzutrauen.
Für Reformvorschläge der kommunalen Altenhilfe zeigt man sich bei der CSU offen. So soll die jährliche Regelprüfung durch den Medizinischen Dienst beibehalten werden. Fallen dabei Missstände auf, meldet dies der MD der kommunalen Heimaufsicht. Beide würden miteinander verzahnt. "In einem Modellprojekt wollen wir die Zusammenlegung prüfen", sagt Seidenath. Unterfranken ist dafür aus seiner Sicht die ideale Modellregion.
"Die Qualitätssicherung lässt sich mit der jährlichen Regelprüfung sicherstellen", glaubt auch Prof. Claudia Wöhler, Vorstandsvorsitzende des MD in Bayern. Die FQA würde somit nur noch anlassbezogen aktiv, etwa bei Hinweisen von Angehörigen oder bei bekannten Problemfällen. Damit es so weit kommt, muss die CSU nun einen entsprechenden Antrag in den Landtag einbringen. Schraml und seine Verbandskolleginnen und -kollegen hoffen darauf – und haben ihre Unterstützung dafür zugesichert.
Das ist abzulehnen, denn sobald etwas „passiert“, können sich Heimaufsicht und „FQA“ dann pauschal darauf berufen, dass sie „nichts wussten“ - „verantwortlich“ ist dann ausschließlich das überlastete und überforderte Pflegepersonal.
Eine solche Regelung ist das Gegenteil von „Wertschätzung“ - was den Pflegeberuf „unattraktiv“ macht sind doch nicht die Kontrollen sondern die Personalsituation bei gleichzeitiger hoher Verantwortung und das permanente schlechte Gewissen, dass das so eigentlich nicht mehr geht…..
Das Problem ist das strukturelle Täuschen und Lügen, das „Aufhübschen“ der Personalsituation um Missstände zu vertuschen, die erst aufgrund fehlenden Personals entstehen, medizinische Notfälle, Unfälle, emotionale Vernachlässigung….
Diese Schlagzeile vom 16.04.2024 sagt eigentlich alles:
„UNTERBESETZTE NACHTSCHICHT -
Ablöse kommt nicht – Pflegerin ruft Polizei…
…Gefehlt habe eine examinierte Pflegekraft mit einer Qualifikation für die Verabreichung bestimmter Medikamente. In dem Plan für die Nachtschicht standen demnach wohl nur zwei Pflegeassistenten. In der Nacht sollten 170 alte Menschen mit allen Pflegestufen versorgt werden.
„Die Altenpflegerin versuchte dann, den Bereitschaftsdienst anzurufen und in der Folge auch die Heimleitung, war aber nicht erfolgreich“, sagte die Polizeisprecherin.“…
Quelle: FAZ