Die mondbeschienene Frostnacht vom Montag auf den Dienstag hat Christian Hochs Erdbeerfeldern den Garaus gemacht. "Die Eisheiligen sind für die Erdbeeren immer eine Gefahr. Aber so schlimm wie in diesem Jahr war es schon lange nicht mehr“, klagt der Landwirt, der bei Mellrichstadt (Kreis Rhön-Grabfeld) einen Erdbeer- und Geflügelhof führt. Sieben Erdbeerfelder besitzt Hoch; und nach der Nacht zum Dienstag waren alle sieben Erdbeerfelder kaputt. "Natürlich haben wir es versucht mit Wasser“, berichtet Hoch. Aber auch Frostschutzbewässerung konnte seine Pflanzen nicht retten.
Vier Grad minus in Mellrichtstadt: Das überleben Erdbeeren nicht
"Minus vier Grad hatten wir hier in Mellrichstadt; das war einfach zu hart!" Kurze Frostperioden mit minus einem Grad könnten die Pflanzen eventuell aushalten, minus vier Grad überlebten sie aber nicht. Auch den grünen Spargel, sagt Hoch, habe der Frost erwischt, aber Spargel wachse wieder. Erdbeeren nicht. Ob er die Verluste ausgleichen könne? "Wie denn", fragt der Landwirt verzweifelt. Zwar halte er auch Geflügel, aber das vermehre sich ja nicht plötzlich wie durch ein Wunder und bereinige so den Verdienstausfall beim Obst. "Wir müssen eben sehen, wie wir heuer durchkommen", sagt der Landwirt. Hoch hofft auf ein Frosthilfe-Sonderprogramm der Staatsregierung, wie es das etwa 2017 bei den damaligen starken Frostschäden auch gab. Ob so ein Programm heuer aber auch aufgelegt wird, kann der Landwirt aktuell nicht abschätzen.
Eingestreute Erdbeerfelder waren frostanfälliger
In Würzburg, Kitzingen und Schweinfurt war in den ersten Nächten dieser Woche die Kälte weniger grimmig als im Kreis Rhön-Grabfeld. Allerdings seien auch hier ein oder zwei Grad minus gemessen worden; und auch in diesen Kreisen sind laut Thomas Riehl, Berater für Obstbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen, zahlreiche Erdbeerfelder dem Frost zum Opfer gefallen. Das liege, so Riehl, zum Teil daran, dass die meisten Beeren schon schwer und groß und fast erntereif gewesen seien; in dieser Wachstumsperiode hätten oft Landwirte schon Stroh eingestreut, um die Früchte trocken und sauber zu halten. "Das war insofern ungünstig, als ein streubedeckter Boden keine Wärme mehr abstrahlen kann."
Aber nicht nur Erdbeeren sind durch den Frost verdorben worden. "Vor allem auch Kirsch- und Apfelbäume haben gelitten", sagt Riehl. Dabei gebe es etwa bei den Äpfeln Unterschiede je nach Sorte: Die Sorte Topaz zum Beispiel gilt als wenig krankheitsempfindlich, verträgt wie die Sorte Jonagold Frost aber schlecht. "Gala und Pinova halten Frost besser aus." Auch hat es Riehl zufolge große Unterschiede bei den Frostschäden je nach Lage gegeben. "Am Untermain gab es kaum Schäden, vermutlich aufgrund stärkerer Bewölkung. Auch sehr tiefe Lagen kamen wegen des Nebels besser davon." In höheren Lagen in den Kreisen Würzburg, Kitzingen und Schweinfurt haben Riehl zufolge viele Obstbäume aber beträchtliche Schäden davon getragen: "Die Früchte haben leichte Verfärbungen; sie sind nicht schwarz, aber doch eher bräunlich und werden demnächst abfallen."
Obstbau-Berater rechnet mit 30 Prozent Ernteausfällen bei Äpfeln und Kirschen
Wie hoch sind die Ernteausfälle? Riehl rechnet mit rund 30 Prozent weniger Ertrag heuer bei Süßkirschen und Äpfeln. Allerdings betont der Fachberater, dass daran nicht allein die Eisheiligen-Frostnacht schuld sei, sondern auch etliche Frostnächte Anfang April und um Ostern herum ihren Teil dazu beigetragen hätten. Viel mehr noch als Äpfel seien Pfirsiche und Aprikosen durch diese Frostnächte geschädigt worden, ergänzt Alexander Zimmermann, Versuchsingenieur Obstbau bei der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.
Um Ostern herum hätten gerade Pfirsichbäume in voller Blüte gestanden; die österlichen Frostnächte hätten diese Obstbäume nicht überlebt. Schadenshöhe? "Einen Totalausfall kann man bei Aprikosen und Pfirsichen nicht ausschließen", so Zimmermann. Auf die Frage, warum denn gefährdete Obstbauern nicht mit Frostschutzberegnung dem Ernteausfall vorbeugen könnten, sagt Zimmermann: "Die Beregnung ist eine effektive Methode, braucht aber ungeheuer viel Wasser, das oft nicht zur Verfügung steht." Landwirte im regenreicheren Norddeutschland müssten "oft nur zwei, drei Meter in die Erde" bohren, um auf Grundwasser zu stoßen, das sie dann für die Bewässerung nutzen könnten. Im sonnigen Mainfranken aber müsste man "30, 40 Meter bohren!" Das sei in der Praxis nicht umsetzbar.
Gefährlicher Klimawandel: Frühe Blüte macht Obstbäume anfälliger
Paradoxerweise ist an den Frostschäden beim Obst, die sich in den letzten Jahren häufen, nicht der Frost selbst schuld. "Die Eisheiligen hat es immer gegeben", sagt etwa Erdbeerbauer Hoch aus Mellrichstadt. Problematisch sei die klimabedingte frühere Blüte der Obstkulturen. "Wir haben bei vielen Kulturen einen früheren Austrieb. Die Obstpflanzen sind in den letzten Jahren mit der Blüte zwei Wochen früher dran als noch in den 90-er Jahren und entsprechend anfälliger", erklärt Berater Riehl. Das sei keine Mär, sondern klar dokumentiert. Aus seiner Sicht sind deshalb die Frostschäden der letzten Jahre auch nicht auf Wetterkapriolen zurückzuführen, sondern tatsächlich auf den Klimawandel.