Wer hat die Zeit der ersten Lockdowns während der Pandemie nicht genutzt, um Keller und Dachboden zu entrümpeln? In den Mülltonnen und auf den Wertstoffhöfen im Landkreis Würzburg wurde dieser Tatendrang offensichtlich. In der Folge stiegen die Müllgebühren. Inzwischen haben die Müllmengen wieder ihr Vor-Corona-Niveau erreicht. Das ergibt die Jahresstatistik des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Team Orange. Doch von einem echten Trend zur Müllvermeidung könne nicht die Rede sein, sagt die Vorständin des Landkreis-Kommunalunternehmens (KU), Eva von Vietinghoff-Scheel. Dazu wären gesetzliche Schritte erforderlich, allem voran die Abschaffung des Dualen Systems in seiner bisherigen Form.
18.167 Tonnen Restmüll landeten 2022 im Landkreis Würzburg in der schwarzen Tonne, 1224 Tonnen oder 6,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Noch deutlicher ist der Rückgang beim Altholz und beim Sperrholz. Hiervon landeten 18,0 beziehungsweise 14,7 Prozent weniger in den Containern der Wertstoffhöfe. "Wenn man es pauschal sieht, sind wir damit wieder auf dem Stand von vor Corona", sagt Team Orange- Betriebsleiter Alexander Pfenning.
Trockener Sommer 2022 sorgte für weniger Grünabfälle
Auffällig ist der Rückgang beim Grüngut. Den schreibt Pfenning dem heißen, trockenen Sommer zu, der dazu geführt hat, dass beispielsweise kaum Rasenschnitt angeliefert wurde. Dass die Menge des erfassten Altmetalls von 2095 auf 1731 Tonnen zurückging, hängt nach seiner Einschätzung mit den hohen Rohstoffpreisen zu Beginn des Ukraine-Kriegs zusammen. Viele Haushalte hätten ihr Altmetall deshalb zu einem gewerblichen Entsorger gebracht, um dort noch ein paar Euro dafür zu erlösen.
Dennoch haben auch Team Orange und damit die Gebührenzahler von den höheren Erlösen für Schrott und Altpapier profitiert, so Pfenning. Die höheren Kosten für rund 300.000 Liter Diesel, die die Müllfahrzeuge pro Jahr verbrauchen, konnten dadurch zum größten Teil aufgefangen werden. "In der Gebührenkalkulation ist kein Riesen-Ausreißer noch oben oder unten entstanden."
Keine Prognosen über die künftige Entwicklung der Müllgebühr
2022 waren die Müllgebühren im Landkreis um durchschnittlich 25 Prozent gestiegen. Hauptverantwortlich hat Team Orange damals die gestiegene Müllmenge gemacht. Diese Gebühren gelten noch bis Ende 2024. Dann beginnt ein neuer vierjähriger Kalkulationszeitraum. Auf Prognosen, ob die Müllabfuhr danach wieder billiger oder gar noch teurer wird, will sich Alexander Pfenning nicht einlassen. "Nach den Turbulenzen der letzten beiden Jahre wage ich da nichts vorherzusagen", meint er.
Einen wichtigen Ansatz zur Müllvermeidung und Kostenersparnis für die Verbraucher sieht KU-Vorständin von Vietinghoff-Scheel in der Veränderung des Dualen Systems. Die 1991 eingeführte Regelung verpflichtet jeden Hersteller und Händler verpackter Waren zur Zahlung eines Entgelts für die spätere Sammlung, Sortierung und Verwertung durch gewerbliche Entsorger, die dem Dualen System angeschlossen sind. Letztlich trägt der Verbraucher die Kosten über den Produktpreis.
2021 waren im Landkreis Würzburg 5032 Tonnen Leichtverpackungen in der gelben Tonne gelandet, ein Viertel der Restmüllmenge und zehn Prozent mehr als vor Corona. Für 2022 lägen noch keine Zahlen vor, so Alexander Pfenning, weil die Sammlung und Verwertung vollkommen unabhängig von Team Orange ablaufe.
Team Orange kritisiert das Duale System
"Die Systeme haben kein Interesse, Abfall zu vermeiden, ökologisch zu wirtschaften und Kosten zu sparen, weil sie damit Geld verdienen", kritisiert von Vietinghoff-Scheel. Schätzungen zufolge zahle ein Vier-Personen-Haushalt über den Preisaufschlag durchschnittlich 200 Euro pro Jahr für den Verpackungsabfall, "das ist etwa so viel wie für die Müllabfuhr".
Bei Altpapier und Kartonagen sorge die Unterscheidung zwischen normalem Papiermüll und Verpackungsabfällen zudem für einen enormen Verwaltungsaufwand, der letztlich ebenfalls die Gebührenzahler belaste. "Beim Papier gibt es kein Verwertungsproblem, da braucht's keinen Dritten, der auch noch Geld daran verdient", meint Betriebsleiter Alexander Pfenning deshalb.
In Übereinstimmung mit dem Bundesverband der kommunalen Unternehmen VKU fordert die KU-Vorständin deshalb, das Duale System durch ein Regelwerk abzulösen, das zumindest das Erfassen der Abfälle wieder zur kommunalen Aufgabe macht und wirksame Anreize schafft, Müll zu vermeiden und Produkte sowie deren Verpackung recyclingfreundlich zu gestalten.
Umwelterziehung in Kindergärten und Grundschulen
Langfristig setzt Team Orange bei der Müllvermeidung auf die Bildung der Verbraucher und fängt damit schon im Kindergarten an. Regelmäßig besucht Maria Bethge, beim Team Orange zuständig für Nachhaltigkeit und Kommunikation, gemeinsam mit zwei Mitarbeitern und einem Müllauto Kindergärten und Grundschulen, um Kindern anschaulich zu erklären, welche Abfälle es gibt, was mit dem Müll passiert und wie man ihn am besten gar nicht erst entstehen lässt.
Dabei dürfen sie auch mal selbst auf das Trittbrett des Müllautos steigen oder auf dem Fahrersitz Platz nehmen. Sogar eine Kiste mit Unterrichtsmaterialen und ein kleines Pixie-Buch für Leseanfänger hat Team Orange dazu entworfen und lässt den Zauberer Zappalott mit einem Umwelttheaterstück auftreten.
"Das kommt total gut an und ich bin überrascht, wie gut die Kinder informiert sind", sagt Maria Bethge. Dabei setze sie natürlich auch auf den erzieherischen Effekt, den Kinder für ihre Eltern und Großeltern haben können. Reiferen Jahrgängen bietet Team Orange Vorträge an. Das Angebot stehe Vereinen oder größeren Gruppen offen, natürlich kostenlos, betont Alexander Pfenning. "Wir freuen uns immer, wenn wir informieren dürfen."