
Seit dreieinhalb Monaten sitzt Assadollah A. in einer Zelle der JVA Würzburg. Er will freigelassen werden und pocht auf seine Immunität als Diplomat an der iranischen Botschaft in Wien. Doch A. ist auch Schlüsselfigur einer Staatsaffäre: Er soll Drahtzieher bei einem Terror-Anschlag des iranischen Geheimdienstes auf Oppositionelle in Paris gewesen sein. Assadollah A. war deshalb Ende Juni mit europäischem Haftbefehl gesucht und an der Raststätte Spessart festgenommen worden.
Namentlich genannt
Hinter den Kulissen läuft in Justiz und Politik seit Wochen das Ringen um seine Zukunft. Drei französische Minister verdächtigten ihn und einen Vorgesetzten vom Geheimdienst am Montag in einer gemeinsamen Presseerklärung namentlich als Drahtzieher des Anschlages. Vermögenswerte von A. sowie anderer Iraner seien eingefroren worden.
Die eigentlichen Attentäter waren kurz vor dem Anschlag in Belgien festgenommen worden. Das in Antwerpen lebende Ehepaar iranischer Herkunft bezeichnete Assadollah A. als den Mann, von dem Pläne und Sprengstoff stammen.
Intrige gegen den Iran?
Der Iran streitet die Beteiligung an dem gescheiterten Attentat in Villepinte bei Paris ab, wo sich Ende Juni 25 000 Exiliraner zu einer Konferenz getroffen hatten. Er spricht von einer Intrige, um den Iran in ein schlechtes Licht zu rücken.
Laut Bundesanwaltschaft war Assadollah A. seit 2014 als Dritter Botschaftsrat an der iranischen Botschaft in Wien akkreditiert. Er habe für das iranische Nachrichtenministerium MOIS gearbeitet, das oppositionelle Gruppierungen im In- und Ausland ausforsche und bekämpfe. Ende September hatte das Oberlandesgericht Bamberg dem Würzburger Häftling die Illusion geraubt, er komme wieder frei: Es hat mit Beschluss vom 27. September 2018 die Auslieferung nach Belgien „zur Strafverfolgung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls für zulässig erklärt“.
Letzter Strohhalm
Französischen Quellen zufolge sollte A. am Montag nach Belgien verlegt werden. Doch seine Anwälte wandten sich mit einem Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht. Auf Anfrage teilte der Pressesprecher in Karlsruhe am Donnerstag mit: „Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.“
In den nächsten Tagen wird Assadollah A. nun also endgültig den Weg von Würzburg nach Brüssel antreten. „Noch ist er hier,“ bestätigte ein Vertreter des zuständigen Generalstaatsanwalts in Bamberg am Donnerstag.
Offener Brief an Merkel: Nicht nachgeben
Vor kurzem hatten namhafte Persönlichkeiten der deutschen Politik Kanzlerin Angela Merkel in einem offenen Brief aufgefordert, dem Druck aus dem Iran nicht nachzugeben, den 46-Jährigen freizulassen. Dies forderten der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der ehemalige Kanzlerberater Horst Teltschik, eine Reihe von Bundestagsabgeordneten sowie Christian Zimmermann, Leiter des Büros für Menschenrechte in Berlin.
Der Brief war auch vom unterfränkischen CSU-Politiker Eduard Lintner aus Münnerstadt unterschrieben, der ein mögliches Opfer des Anschlages geworden wäre. Er hatte als deutscher Gastredner auf der Versammlung bei Paris vor 25 000 iranischen Oppositionellen gesprochen. Man müsse davon ausgehen, dass der Geheimdienst in der iranischen Botschaft in Wien, „dem A. anzugehören scheint, einen Mordauftrag von erheblichem Ausmaß auf europäischem Boden in Auftrag gegeben“ habe, heißt es in dem Brief an Merkel.