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Würzburg/Karlsruhe
Muss Facebook alle Fakes über Grünen-Politikerin Künast löschen? Würzburger Anwalt hofft auf wegweisendes Urteil 
Renate Künast kämpft mit Anwalt Chan-jo Jun seit Jahren gegen die Verbreitung rechtswidriger Inhalte in sozialen Medien. Was der Bundesgerichtshof jetzt entscheiden muss.
Kämpft schon lange gegen Fakes auf Facebook: Grünen-Politikerin Renate Künast (rechts) im Januar 2022 mit ihren Würzburger Anwälten Matthias Pilz (links) und Chan-jo Jun.
Foto: Johannes Kiefer (Archivbild) | Kämpft schon lange gegen Fakes auf Facebook: Grünen-Politikerin Renate Künast (rechts) im Januar 2022 mit ihren Würzburger Anwälten Matthias Pilz (links) und Chan-jo Jun.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 18.02.2025 02:37 Uhr

Ihre lange Karriere als Bundestagsabgeordnete hat Grünen-Politikerin Renate Künast in dieser Woche beendet, ihren Rechtsstreit gegen die Verbreitung von Falschzitaten in den sozialen Medien führt sie unvermindert weiter. Unter anderem mit Unterstützung von HateAid, der Hilfsorganisation gegen Hass und Hetze im Netz, sowie ihres Würzburger Anwalts Chan-jo Jun.

Jetzt ist Künast ein Fall für das oberste deutsche Gericht: Am kommenden Dienstag wird der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe über die beiden Revisionen gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom Januar 2024 entscheiden. Sowohl Künast als auch Meta, der Facebook-Mutterkonzern, hatten dagegen Rechtsmittel eingelegt.

Das OLG hatte die Rechtsauffassung von Künast und Jun weitestgehend bestätigt. Demnach sind Plattformbetreiber wie Facebook verpflichtet, einmal gemeldete, rechtswidrige Beiträge - und "sinngleiche" Kopien - proaktiv selbst aufzuspüren und dauerhaft zu löschen.

Das Renate Künast zugeschriebene Zitat ist erfunden

Konkret wehrt sich die ehemalige Bundesministerin gegen sogenannte Memes, also Wort-Bild-Montagen, die ein Bild von ihr in Verbindung mit dem erfundenen Zitat "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!" zeigen. Wegen dieses Fakes war die Politikerin immer wieder Anfeindungen in den sozialen Medien ausgesetzt.

Dass Künast nie eine solche Äußerung getätigt hat, bestreitet auch der Meta-Konzern nicht. Das Unternehmen hält es aber für nicht zumutbar, neben den von der Politikerin gemeldeten - und anschließend entfernten - Posts auf Facebook auch nach sämtlichen sinngleichen Kopien des Fakes zu suchen. Dabei handelt es sich unter anderem um Varianten mit abgewandeltem Layout, mit im Hintergrund veränderten Pixel-Strukturen oder mit zusätzlichen beleidigenden Kommentaren. Rein automatisierte Verfahren reichten für diese Überprüfung nicht aus. 

Renate Künast wehrt sich gegen die Verbreitung eines Satzes, den sie nie gesagt hat.
Foto: Montage: Daniel Biscan | Renate Künast wehrt sich gegen die Verbreitung eines Satzes, den sie nie gesagt hat.

Laut einer Pressemitteilung des BGH hält Meta weiter an seiner Rechtsauffassung fest. Der Konzern fordert, Künasts Klage vollständig abzuweisen - und hat deshalb das oberste deutsche Gericht eingeschaltet. Künast wiederum möchte, dass die OLG-Entscheidung aufgehoben wird. Aus ihrer Sicht soll der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Frankfurt aus der ersten Instanz vom April 2022 bestätigen.

Grünen-Politikerin möchte Schmerzensgeld

Die Richter am Landgericht hatten Meta damals - neben der Verpflichtung, konsequent zu löschen - auferlegt, der Grünen-Politikerin wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen. Das OLG wies diese Forderung zurück.

Wie immer das Verfahren jetzt ausgeht: Künasts Anwalt Chan-jo Jun erwartet in Karlsruhe eine "wegweisende Entscheidung" im Kampf gegen Rechtsverstöße im Internet. Er sei zuversichtlich, dass die BGH-Richter das Urteil aus den Vorinstanzen bestätigen, sagt der Würzburger Jurist auf Nachfrage.

Es sei aber nicht ganz auszuschließen, dass der BGH das Verfahren nach der Verhandlung am Dienstag noch einmal für eine endgültige Entscheidung weiterreicht: an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Schließlich gelte im Umgang mit Rechtsverletzungen im Netz mittlerweile vor allem europäisches Recht, sagt der Anwalt. 

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Ich frage mich

    wie es sein kann, dass China solche Medien sperren kann und das einfach tut und wir nicht, auf dass weiter Fake News, Hass und die übrigen Nettigkeiten verbreitet werden. Entweder das, oder die Betreiber sollten damit rechnen müssen, für das Verbreiten rechtswidriger Inhalte ("gefährliche digitale Umweltverschmutzung") von Staats(!) wegen auf Strafzahlungen verklagt zu werden, die WIRKLICH weh tun. Hab mal irgendwo gelesen, das Internet sei keinesfalls ein rechtsfreier Raum - solcherlei Beispiele lassen daran jedoch erheblich zweifeln.
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  • Dietmar Eberth
    Zum sperren gibt es keinen Grund. 99% verhalten sich respektvoll und halten sich an die Regeln. Das ist wie mit den Rasern auf der Autobahn, deshalb alle Autobahnen sperren. Oder den amoklaufenden Islamisten, deshalb alle Flüchtlinge abweisen oder ausweisen? Uvm.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Ah - @ Dietmar Eberth -

    darf ich Sie so verstehen, Sie sind der Meinung, die Betreiber kündigen an, zukünftig vollkommen auf eine Arbeit verzichten zu wollen, die gesetzlich gefordert wird (weil ihnen Donald Trump sonst böse sein könnte) und sollen damit weiter Geld "verdienen" können, egal wer auf der Plattform welchen Müll absondert? Und der kleine Bürger X kann z. B. von Minister Habeck vor den Kadi gezerrt werden, wenn er Sprüche macht, die sich der Bundeskanzler mal so eben leisten darf (s. "Hofnarr-Zitat")? Quod licet Iovi non licet bovi?

    Ich habe so das dumme Gefühl, es sind genau diese Beispiele einer fetten, gleichgültigen, geldmacherischen "Elite", die die "normalen" Leute auf die Idee bringen, es mal mit den "Völkischen" zu probieren. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: ich halte das für keine gute Idee, aber was muss denn noch passieren, bevor hier wirklich mal ein Ruck durchs Land geht?!

    Kein Wunder, dass Trump & Co. sich rausnehmen was sie wollen...
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  • Ralf Eberhardt
    "Social" Media ist schon an vielen Stellen zu einem Marktplatz für "Unsocial" Media geworden. Insofern finde ich es mehr als richtig, dass Frau Künast hier - natürlich mit entsprechender Unterstützung - konsequent dran bleibt. Viel Erfolg!
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  • Andreas Gerner
    In dem Bestreben, die Anbieter zum Entfernen von Fakes zu zwingen, liegt Frau Künast richtig.

    Einen faden Beigeschmack ergibt, dass sie damit eine Geldforderung verknüpft.
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  • Martin Deeg
    Sie glauben auch, dass sich solche Prozesse von selbst finanzieren, oder?

    Allenfalls die Höhe der Geldforderung ist zu kritisieren, da lächerlich.
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  • Andreas Gerner
    Sie gehen also davon aus, dass Frau Künast die Prozesskosten trägt ?
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  • Martin Deeg
    Und Sie gehen davon aus, dass Frau Künast sich von einem Schmerzensgeld "was Hübsches" kauft, Schuhe vielleicht....?

    Nein, ich gehe davon aus, dass erstrittenes Schmerzensgeld zugunsten der Opfer und der Opferhilfe verwendet wird, die derarte Prozesse finanziert.
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  • Andreas Gerner
    Es klagt kein gemeinnütziger Verband.
    Es klagt eine Person
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  • Martin Deeg
    ..."Geldentschädigung von Betroffenen für Betroffene. Für unsere Demokratie
    In geeigneten Fällen unterstützen wir dich mit der Prozesskostenfinanzierung bei der Rechtsdurchsetzung. War der Prozess erfolgreich und wird dir auch eine Geldentschädigung zugesprochen, nutzen wir diese vollständig, um einer anderen Person zu helfen. Konkret heißt das, dass wir mit dem gewonnenen Betrag direkt die Kosten, z. B. für den Gerichtsprozess einer weiteren betroffenen Person übernehmen. Das ist Solidarität."....

    https://hateaid.org/prozesskostenfinanzierung/
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  • Ulrike Schneider
    ich gehe davon aus, dass erstrittenes Schmerzensgeld zugunsten der Opfer und der Opferhilfe verwendet wird

    Tun Sie das tatsächlich? Haben Sie irgendeinen Beweis/Hinweis die Ihre These unterstützt?
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  • Dietmar Eberth
    "Hate Aid, eine gemeinnützige GmbH mit inzwischen fast 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, übernimmt die Anwalts- und Gerichtskosten, dafür verpflichten die Betroffenen sich, eventuelles Schmerzensgeld oder Schadenersatz an einen Fonds der Organisation zu spenden."

    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kuenast-facebook-hateaid-1.5277433
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  • Fabian König
    Das Schmerzensgeld hat aber nichts mit den Prozesskosten zu tun (diese werden Fr. Künast bei Obsiegen selbstverständlich erstattet).
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  • Walter Stöckl-Manger
    Stimmt, der Betrag ist fade. Das Zehnfache wäre angemessener.
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  • Ida Wietschorke
    Die Höhe der Geldforderung ist viel zu niedrig. Es muss richtig weh tun, ansonsten bringt das nichts.
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  • Andreas Gerner
    Geldstrafe ist was anderes.
    Hier geht´s um "Schmerzensgeld".
    Wäre das gerechtfertigt, hätte das OLG die Forderung wohl nicht zurückgewiesen.
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  • Ulrike Schneider
    Einen faden Beigeschmack ergibt, dass sie damit eine Geldforderung verknüpft.

    Sehe ich genauso. Frau Künast will wohl für sich Profit aus dieser "Werbung" schlagen.

    Was Finanzierung angeht: wer verliert zahlt! Die gewünschte Summe geht falls sie gewinnt also direkt an sie selbst. Verliert sie dann zahlt sie die Kosten zurecht - wobei ich sehr bezweifle, dass Frau Künast die Geldbörse zücken muss. Nicht weil ich denke, dass sie gewinnen wird sondern weil ich denke, dass sich sicher eine Quelle findet die die arme Frau finanziell unterstützt....
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  • Martin Deeg
    Frau Schneider, das mag für Sie schwer zu verstehen sein, aber es gibt tatsächlich Menschen, deren Motiv für ihr Handeln nicht ausschließlich monetärer Natur ist.
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  • Andreas Gerner
    Ich sag nur, Mitte 2024 verkündet, dass sie zur Wahl 2025 (sie ging wohl von September aus) nicht mehr antritt, aber eben nicht gleich ihr Mandat abgegeben.

    Warum?
    Geld vielleicht ?

    ("ausschließlich" würd ich nicht unterstellen)
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  • Dietmar Eberth
    Was für abstruse Gedankengänge.

    Der neue Bundestag wird nur noch 630 Abgeordnete haben - nochmal dank an die Parteien die das realisiert haben - da ist es ganz normal das viele über ihre Zukunft nachdenken und Wähler und ihre Partei frühzeitig informieren. Deshalb aber die Arbeit sofort hinwerfen und Partei und Deutschland im Stich lassen, macht kein verantwortungsvoller Politiker (auch wenn frau schon 69 Jahre alt ist). Insbesondere wenn auch keine gesundheitlichen Probleme dagegen sprechen.

    https://www.fr.de/politik/von-kuehnert-bis-oezdemir-diese-abgeordneten-treten-nicht-mehr-fuer-den-bundestag-an-zr-93436192.html

    Oder geht's nur um Nachtreten?
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