Ein Konzert der Kontraste: Klassik und klassische Moderne, filigrane Tonskizzen und opulente Sinfonik, beseelter Gesang und strahlende Bläser – das Mozartfest-Konzert des Philharmonischen Orchesters Würzburg kann man getrost als Wechselbad der Extreme bezeichnen. Wobei leider auch die Umsetzung des reizvollen Programms ein wenig wechselhaft war.
So hätte Mozarts Maurerische Trauermusik ein, zwei Proben mehr vertragen – die erste Wiederaufführung der kammermusikalisch besetzten Originalfassung seit 1785 in der Rekonstruktion des Würzburger Musikforschers Ulrich Konrad ließ Wünsche offen. In der Abstimmung zwischen Bläsern und Streichern knirschte es mitunter, auch bei der Intonation. Der dunkle c-Moll-Charakter ist zwar gewollt, schließlich komponierte Mozart das Werk anlässlich des Todes zweier Brüder seiner Freimaurer-Loge, im Kaisersaal allerdings bekam das kurze Stück durch eine gewisse Basslastigkeit etwas düster Grummelndes.
Marlis Petersen vereint warmes Timbre mit lyrischer Intensität und erzählerischer Klarheit
Der vorangegangene Block mit Liedern von Richard Strauss und Alban Berg hingegen war pures Glück. Die international gefragte Sopranistin Marlis Petersen vereint wunderbar warmes Timbre mit unfehlbarer Intonation, lyrischer Intensität und erzählerischer Klarheit. Die vier frühen Strauss-Lieder "Mädchenblumen" zu Gedichten von Felix Dahn sollen vier Frauencharaktere abbilden – ein wenn nicht überhebliches, so doch reichlich altkluges Unterfangen des damals 23-jährigen Komponisten.
Die Musik selbst hingegen ist berückend schön. Marlis Petersen, Generalmusikdirektor Enrico Calesso und die Philharmoniker malten zeitlos gültige emotionale Klangbilder, in denen Textpassagen wie "Denn sie zählen zu den selt'nen Blumen / die nur einmal blühen" unmittelbar anrührende Aussagekraft erlangten.
Wunderbar auch Alban Bergs Sieben frühe Lieder, auch sie ursprünglich konzipiert für die Begleitung mit Klavier und hier aufgeführt in einer Fassung für Sopran und Orchester. Immer wieder doppeln sich Töne und Passagen zwischen Stimme und Instrumenten. Es ist ein intensives, schillerndes, gelegentlich auch hypnotisches Spiel der Farben und Formen, das beinahe traumwandlerisch funktionierte.
Bei Beethoven wurden Dirigent und Orchester zu Komplizen des Schwungs und der Euphorie
Das alles zwischen zwei denkbar gegensätzlichen Eckpunkten: Anton Weberns spröde Sinfonie in zwei Sätzen und Beethovens turbulente Siebte. Enrico Calesso hatte den Webern mit ruhiger Übersicht organisiert, beim Beethoven wurden er und seine Philharmoniker zu Komplizen in Sachen Schwung und Euphorie. Der Kopfsatz brauchte noch ein wenig Einrenkung und Abstimmung, doch dann spielte sich das derzeit mit Konzert, Oper und Ballett vielbeschäftigte Orchester geradezu in einen Rausch.
Die Akustik des Saals begünstigt in dieser Konstellation die Bläser gegenüber den Streichern, vor allem den Geigen. Die blieben trotz engagiertesten Spiels denn auch ein wenig körperlos – zumindest für den Hörer in Reihe 10. Dennoch: Ein fulminanter Abschluss eines Konzerts der Kontraste, den das Publikum mit langem und lautem Jubel honorierte.