
Bis heute befasst sich die Forschung mit dem Leben und der Musik des Wolfgang Amadé Mozart. Vieles wird für immer unbegreiflich bleiben, anderes klärt sich nach und nach auf. Hier eine Auswahl an Legenden und Gerüchten und ein Blick auf ihren Wahrheitsgehalt:
Was war an Mozart so genial?
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) konnte Emotionen in Musik übersetzen wie nur sehr wenige Komponisten. Er schrieb Stücke, die die Menschen bis heute im Innersten bewegen, ganz gleich, welcher Herkunft sie sind. Das bedeutet aber nicht, dass ihm alles immer zugeflogen wäre. Das ist ein Mythos, der in der Romantik entstand, um Mozart als quasi gottgleiches Wesen zu verklären. Zwar war er ein Wunderkind, das schon mit sechs Jahren komponierte und als Virtuose an den Höfen Europas herumgereicht wurde. Aber er studierte und analysierte zeitlebens die Werke seiner Vorgänger und Zeitgenossen und dachte pausenlos über seine eigene Arbeit nach. Genau diese Seite seines Schaffens will das Mozartfest mit seinem Motto 2023 vermitteln: "speculiere – studiere – überlege".
War Mozart ein Wüstling?
Nicht nur Mozarts "Bäsle-Briefe" sind für ihre deftige Sprache berüchtigt, sogar einen Kanon mit versautem Text hat er geschrieben: "Gute Nacht, gute Nacht, scheiß ins Bett, dass’ kracht – gute Nacht, schlaf fei g’sund und reck’ den Arsch zum Mund." Es ist viel darüber spekuliert worden, ob Mozart möglicherweise am Tourette-Syndrom litt oder an ADHS. Das gilt heute als widerlegt. Fäkalsprache war zu Mozarts Zeiten nichts Ungewöhnliches, selbst seine Mutter scheint sich so ausgedrückt zu haben. Und "ins Bett scheißen" bedeutete damals übrigens "nur" furzen. Möglicherweise hatten seine überdrehten sprachlichen Derbheiten auch die Funktion eines Überdruckventils für die viele Musik, die sich rund um die Uhr in seinem Kopf entwickelte.
Warum starb Mozart schon mit 35 Jahren?

Es gibt über 100 mögliche Ursachen, die im Laufe der Jahrhunderte für Mozarts frühen Tod genannt wurden. Denkbar sind unterschiedlichste Formen von Infektionen, bakteriell wie viral, die möglicherweise sein Herz schädigten. Auch Nierenversagen kommt infrage. Der Totenbeschauer schrieb damals "hitziges Frieselfieber" in seinen Bericht. Mozart selbst war überzeugt, vergiftet worden zu sein. Sicher ist, dass er am 20. November 1791 bettlägerig wurde und schließlich am 5. Dezember starb.
Stimmt es, dass er völlig verarmt starb?
Auch die These, Mozart sei als verarmtes, verkanntes Genie gestorben, entstand in der Romantik. Zwar hatte der Komponist immer wieder seine Querelen mit kirchlichen und fürstlichen Autoritäten, aber er war weithin berühmt und verdiente vergleichsweise ausgezeichnet, vor allem, wenn man bedenkt, dass das Berufsbild des freischaffenden Künstlers noch nicht erfunden war. Das Problem: Mozart lebte konsequent über seine Verhältnisse – er trug teure Kleider, mietete große Wohnungen oder teure Kutschen, beschäftigte Personal und spielte Karten und Billard. Die Familie war bei Mozarts Tod nicht verarmt, trotzdem hatte seine Witwe Constanze Schwierigkeiten, seine Schulden zu begleichen.
Warum schreibt das Mozartfest seinen Namen "Amadé" statt "Amadeus"?

Zwei Tage nach seiner Geburt wurde Mozart am 28. Januar 1756 auf die Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft. Amadeus ist die lateinische Form für Theophilius, also Gottlieb. Gerufen wurde er zeitlebens Wolfgang, er selbst unterzeichnete auf Italienreisen als "Wolfgango Amadeo" und sonst als "Amadé", sofern er dem "Wolfgang" überhaupt einen zweiten Vornamen hinzufügte. Mit "Amadeus" hat er so gut wie nie unterschrieben. "Nachdem auch die Forschung so einstimmig das Amadé lanciert, der Meister selbst sich so nannte, ist uns das ein guter Grund für Amadé", teilt das Mozartfest auf Anfrage mit.
Warum gibt es ausgerechnet in Würzburg ein Mozartfest?

Es ist ein Running Gag, dass es in Würzburg nur deshalb ein Mozartfest gibt, weil der Komponist hier auf der Durchreise eine Tasse Kaffee trank. Und er stimmt. Mozart reiste als Mitglied der Wiener Hofkapelle im September 1790 zur Kaiserkrönung Leopolds II. nach Frankfurt. Über seinen Zwischenstopp in Würzburg berichtete er in einem Brief an seine daheimgeblieben Frau: "zu Würzburg haben wir auch unsere theuere Mägen mit koffè gestärkt, eine schöne, prächtige Stadt". Dass er für die Reise eine eigene Kutsche mietete, ist ein Beispiel für seinen Hang zu finanzieller Extravaganz. In Würzburg war für Mozart übrigens nichts zu holen: Mit Franz Ludwig von Erthal war 1779 ein Asket ohne Sinn für Musik Fürstbischof geworden.
Welche Stücke zeigen am besten Mozarts Genie?

Folgende Hörtipps sind alle auf Youtube verfügbar:
- Der verspielte Mozart: Die "Kleine Nachtmusik" haben vermutlich die meisten Menschen auf der Welt schonmal gehört. Zum Beispiel mit dem Kammerorchester des Concertgebouw Amsterdam.
- Der wilde Mozart: Die Arie "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" aus der "Zauberflöte". Eine Mutter versucht, ihre Tochter zu einem Mord zu zwingen. Am besten anhören mit der fabelhaften, in Würzburg ausgebildeten Diana Damrau.
- Der zärtliche Mozart: So viel Wärme, so viel Ruhe – den zweiten Satz des Klarinettenkonzerts (ab Minute 12) sollte man sich mit Sharon Kam anhören.
- Der dramatische Mozart: Besser kann man drohendes Unheil nicht in Töne setzen – die Ouvertüre zu "Don Giovanni", angeblich erst komponiert am Vormittag der Uraufführung. Hier mit dem Orchestra of The Royal Opera House.
- Der exotische Mozart: Mozart war wie seine Zeitgenossen fasziniert von allem Exotischen. Im Vorspiel zur "Entführung aus dem Serail" wird das sehr deutlich. Hier mit dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung des Komponisten Peter Eötvös.