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Würzburg
Mord verjährt nicht: Ungeklärte Tötungsdelikte in Unterfranken
Werden nach einem nach 40 Jahren gelöstem Mordfall in Aschaffenburg nun weitere alte "Cold Cases"-Fälle in Unterfranken wieder heiß?
CSI scene with pipette and rapid test       -  Symbolbild: Spurensicherung
Foto: CIPhotos (iStockphoto) | Symbolbild: Spurensicherung
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:46 Uhr

Die Aschaffenburger Mordermittler bekommen viel Lob: Sie haben vor kurzem wieder bewiesen, dass „Mord verjährt nicht“ keine leere Floskel ist. Schon vor zwei Jahren fassten sie dank verbesserter DNA-Analyse einen Mann, der vor fast 30 Jahren eine junge Frau vor der Disco abgepasst, vergewaltigt und fast getötet hatte. Nun schlug die Ermittlungskommission (Eko) „Altfall-Ermittlungen“ wieder zu: Sie hat jetzt einen Verdächtigen im 40 Jahre zurückliegenden Fall des „Schlossgartenmörders“.

Das getötete Mädchen kannte seinen Mörder

Der heute 56-jährige Mann soll die damals 15-jährige Christiane abgepasst haben, als sie im Advent 1979 nach dem Steno-Kurs kurz über den Weihnachtsmarkt schlenderte. Christiane kannte ihren Mörder, der sie zum nahen Schlosspark begleitete, Aschaffenburgs schönste Flaniermeile am Main. Dort soll der damals 17-Jährige die 15 Jährige vergewaltigt und erwürgt haben. Dann schleppte er den leblosen Körper zur Schlossmauer und warf ihn 15 Meter in die Tiefe.

Es ist der zweite Erfolg der Eko, die sich ganz auf alte Fälle konzentrieren kann – wie in Hamburg, wo sich die unterfränkischen Ermittler von Kollegen viele Anregungen geholt haben. Und wie in Jena, wo eine Eko "Altfälle" ähnlich erfolgreich ist. Im März 2018 schnappten sie den mutmaßlichen Mörder der elfjährigen Stephanie. Wie der MDR berichtete, war seine DNA bereits gespeichert, konnte aber Anfang der 90er Jahre nicht so ausgewertet werden wie heute.

Vor vier Monaten dann der zweite Erfolg: 23 Jahre nach dem Fund der zehnjährigen Ramona im Wald bei Jena nahmen Ermittler einen 76-jährigen Rentner fest. Er war gerade wieder auf freiem Fuß, nachdem ihn 1998 ein Gericht in Schweinfurt wegen des Missbrauchs mehrerer Mädchen für 15 Jahre hinter Gitter gesteckt hatte.

Schlaflose Nächte für Täter, die bisher ungeschoren davonkamen?

Quer durch Deutschland häufen sich jetzt solche Erfolgsmeldungen, weil sich Ermittler stärker auf diese Altfälle konzentrieren können. "Auch hier in Unterfranken haben jetzt hoffentlich einige Täter schlaflose Nächte, deren Taten lange zurückliegen", sagt ein langjähriger Ermittler. Nach wie vor ist der mysteriöse Thallium-Giftanschlag an der Universität Würzburg von 1983 noch nicht geklärt. Zwölf Opfer erlitten schreckliche Qualen und teils bleibende Schäden. Der 24-jährige Robert A. starb, der 21-jährige Peter S. wurde zum Invaliden.

Seit 1990 sucht die Würzburger Kripo den Mörder der jungen Irin Sharon Harper. Neben anderen stehen zwei US-Soldaten unter Verdacht, die wegen ähnlicher Morde in ihrer Heimat im Gefängnis sitzen. Aber die Bitte an US-Ermittler um Unterstützung blieb bis heute unbeantwortet.

Wer tötete Simone Strobel?

Auch der Fall der 2005 in Australien getöteten Kindergärtnerin Simone Strobel ist noch immer ungelöst? Erst kürzlich ermittelte die Kripo wieder – ohne einen Täter zu fassen. Aber auch in dem Fall ist die Akte noch nicht geschlossen.

Wohin verschwand 2005 die junge Mutter Brigitte Volkert in Burgsinn (Lkr. Main-Spessart)? Im vorigen Jahr suchte die Polizei wieder mit großem Aufwand nach ihrer Leiche.

Wer hat vor 26 Jahren die 13-jährige Sabine Back in Wiesenfeld ermordet und in der Jauchegrube eines Aussiedlerhofes versteckt? Wem war 1986 Evelyn Höbler so lästig, dass er sie in der Nähe der Veitshöchheimer Kaserne ermordete? Und wer glaubt bis heute, für den Mord an der Geschäftsfrau Waltraud Ess in Bad Neustadt 1993 ungestraft davonzukommen, die in der eigenen Wohnung überfallen, gefesselt und am Türgriff erhängt wurde?

Angehörige leiden unter der Ungewissheit

In Lichtenberg in Oberfranken lassen die Ermittler bei der Suche nach dem Mörder der kleinen Peggy nicht locker - auch wenn sie viel Kritik ernten. Nach 15 Jahren fanden sie 2016 die Leiche des Mädchens, seit 2018 haben sie einen Mordverdächtigen im Fokus.

Jede Menge Arbeit für "Cold Case"-Ermittler, denen jeder geklärte Fall - wie jetzt der in Aschaffenburg - Motivation ist. "Wir sind es den Opfern und ihren Angehörigen schuldig. Man muss sich nur einmal ansehen, wie die Eltern unter der Ungewissheit leiden. Da ist man verpflichtet, alles zu tun, um den Täter zu fassen", sagt ein langjähriger Mordermittler.

 
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