Vier Jahrzehnte lang schien es so, als würde der Mörder der 15-jährigen Christiane J. aus Aschaffenburg ungeschoren davonkommen. Doch jetzt nahmen sich Ermittler, die auf „Cold-Case“-Fälle, also auf lange zurückliegende, ungeklärte Morde, spezialisiert sind, die Akten noch einmal vor. Und sie gewannen eine neue Sicht auf den Fall – und nahmen einen Verdächtigen fest.
Tatverdacht erhärtete sich
Durch die neu gewonnenen Erkenntnisse habe sich der Tatverdacht gegen einen damals 17-jährigen Aschaffenburger, "der mit dem Opfer auch bekannt war“, erhärtet, sagt Pressesprecher Michael Zimmer vom Polizeipräsidium Unterfranken.
Der heute 56-Jährige hatte am Tag der Tat, dem 18. Dezember 1979, Geburtstag. Die 15-jährige Christiane J. war nach dem Besuch eines Abendkurses verschwunden. Ihre Leiche war am nächsten Tag unterhalb des sogenannten Frühstückstempels im Aschaffenburger Schlossgarten gefunden worden. Sie war, so Polizeisprecher Zimmer, offenbar über eine Brüstung etwa zehn Meter in die Tiefe gestoßen worden.
Noch gilt die Unschuldsvermutung
"Die Ermittlungen gestalten sich bei der fast 40 Jahre zurückliegenden Tat äußerst schwierig und werden voraussichtlich noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen", teilen Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Details, was neues Licht in den Fall brachte, nennen sie nicht. Zwar wiege der Verdacht gegen den 56-Jährigen so schwer, dass der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Aschaffenburg Haftbefehl erlassen hat. Es gilt aber die Unschuldsvermutung.
Für die Aschaffenburger Ermittler könnte es bereits der zweite Erfolg in einem "Cold-Case"-Fall binnen kurzer Zeit sein. Erst 2017 hatten sie den fast 30 Jahre zurückliegenden versuchten Sexualmord auf dem Hasenkopf-Berg bei Aschaffenburg geklärt. Das "Lebenslänglich"-Urteil, das das Landgericht Aschaffenburg im vergangenen Jahr wegen Mordversuchs verkündete, ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
"Es reicht nicht für die Kür"
Die SPD-Opposition forderte im vergangenen Jahr die Gründung solcher Spezialeinheiten bei allen zehn bayerischen Polizeipräsidien, die CSU hält das für überflüssig. Altfälle würden sowieso routinemäßig immer wieder geprüft. Zustimmung gibt es für solche Pläne indes nicht nur vom Opferhilfeverein „Weißer Ring“, sondern auch von führenden Ermittlern wie Markus Schlemmer, dem Chef der Kriminalpolizei in Aschaffenburg. „Wir geben zwar unser Bestes. Aber es reicht nur für die Pflicht, nicht für die Kür.“