zurück
Würzburg
Mögliche NS-Verbrechen: Ermittlungen gegen 96-Jährigen aus Unterfranken
Die Staatsanwaltschaft in Weiden ermittelt gegen einen früheren SS-Mann aus Unterfranken. Dem Wehrpass zufolge war er offenbar im Konzentrationslager Flossenbürg tätig.
Hat ein ehemaliger SS-Mann aus Unterfranken im KZ-Flossenbürg in der Oberpfalz Verbrechen begangen? Die Staatsanwaltschaft Weiden prüft den Fall eines 96-Jährigen. 
Foto: Armin Weigel, dpa | Hat ein ehemaliger SS-Mann aus Unterfranken im KZ-Flossenbürg in der Oberpfalz Verbrechen begangen? Die Staatsanwaltschaft Weiden prüft den Fall eines 96-Jährigen. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 11:49 Uhr

Ein 96-Jähriger aus Unterfranken ist ins Visier der Staatsanwaltschaft Weiden geraten. Sie prüft, ob der bei Kriegsende 20 Jahre alte Mann an möglichen Straftaten im Konzentrationslager Flossenbürg in der Oberpfalz beteiligt war. Christian Härtl, Sprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigt auf Anfrage die Ermittlungen, über die zuerst die Tageszeitung "Der neue Tag" in Weiden berichtet hatte. 

Gesundheitszustand des 96-Jährigen unklar

Offenbar wurden die Strafverfolger über ein früheres Ausweisdokument im Internet auf den Fall aufmerksam. "Im Moment ist noch gar nicht klar, wie der Gesundheitszustand des Mannes ist", teilte Härtl mit, ohne nähere Angaben über den Ort zu machen, in dem der Verdächtige heute lebt. Es sei auch noch nicht völlig klar, ob der 96-Jährige tatsächlich im KZ Flossenbürg Dienst tat. Vernommen worden ist der Mann Härtl zufolge noch nicht. 

Das KZ Flossenbürg war nach Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald das vierte große Konzentrationslager in der Zeit des Nationalsozialismus, eröffnet am 1. Mai 1938. Es erlangte traurige Bekanntheit dadurch, dass dort 1945 führende Köpfe des Widerstands gegen Adolf Hitler besonders brutal ermordet wurden.

Alte Wehrpässe im Internet frei zugänglich

Ins Rollen brachte die jetzigen Ermittlungen die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Das tschechische Militärarchiv in Prag hatte 2017 mehr als 1000 Wehrpässe von ehemaligen SS-Angehörigen frei zugänglich ins Internet gestellt - darunter auch den des 96-jährigen Mannes aus Unterfranken. Einem Sprecher der Zentralstelle in Ludwigsburg zufolge laufen bundesweit Ermittlungen gegen Verdächtige, die in Konzentrationslagern tätig gewesen sein sollen.

Im Wehrpass des Verdächtigen ist eine Zuweisung ins KZ Flossenbürg verzeichnet, das neben vielen anderen Außenlagern auch eines in Würzburg hatte. Dort waren von 1943 bis März 1945 knapp 60 Häftlinge zu Bauarbeiten an einem Lazarett der Waffen-SS eingesetzt, das sich auf dem Gelände der Universitätsnervenklinik in Würzburg befand. Sie mussten Bauarbeiten ausführen, nach Luftangriffen Bomben räumen und Leichen bergen.  Am 22. März 1945 wurde das Lager aufgelöst, die Häftlinge wurden nach Flossenbürg überstellt.

Ermittlung in Weiden seit April

Laut Oberstaatsanwalt muss nun geklärt werden, ob der 96-Jährige an NS-Verbrechen beteiligt gewesen sein könnte. Die Staatsanwaltschaft in Weiden beschäftige sich seit April mit dem Fall. Dem Wehrpass zufolge gehörte der heute 96-Jährige dem SS-Totenkopf-Sturmbann an. Die Staatsanwaltschaft Weiden ist zuständig, weil Flossenbürg in ihrem Einzugsgebiet liegt.

Von 2012 bis 2014 hatte Härtl schon einmal gegen einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher ermittelt. Der damals Beschuldigte soll in Auschwitz Dienst an der Rampe getan haben. Einen Tag, bevor über seine Auslieferung nach Deutschland entschieden worden wäre, starb er im Alter von 89 Jahren.

Auch Staatsanwaltschaft Würzburg ermittelte gegen KZ-Wärter

In Würzburg hatte zuletzt der Fall des 95-jährigen früheren KZ-Wächters Jakiv Palij für Aufsehen gesorgt. Nachdem er 2018 aus den USA abgeschoben worden war, ermittelte die Staatsanwaltschaft in Würzburg wegen Beihilfe zum Mord. Aus Mangel an Beweisen stellt die Behörde das Verfahren aber schließlich ein. Palij konnte nicht nachgewiesen werden, als SS-Mann an der Ermordung von 6000 Juden im Nazi-Arbeitslager im polnischen Trawniki beteiligt gewesen zu sein. Die Einstellung des Verfahrens hatte vor seinem Tod Anfang 2019 zu heftigen Protesten jüdischer Würdenträger in Deutschland geführt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manfred Schweidler
Adolf Hitler
Angeklagte
Das dritte Reich
KZ Flossenbürg
Konzentrationslager
Kriegsverbrecher
NS-Verbrechen
Personen bei der SS
Staatsanwaltschaft
Staatsanwaltschaft Würzburg
Straftaten und Strafsachen
Waffen-SS
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • 2186583
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt. Wir arbeiten bei allen unseren Artikeln nach journalistischen Leitlinien.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 2186583
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Horschti
    Viele Kommentatoren schwafeln hier gleich oberflächlich von Mord, der nicht verjährt (was eine Binsenweisheit ist), obwohl in dem MP-Bericht erst einmal „nur“ von Straftaten die Rede ist, die sicherlich nicht zu bagatellisieren sein dürften.

    Allerdings ist eine Verurteilung wegen Mordes nach der Rechtsprechung in den Fällen Demjanjuk und Grönig durch einen Paradigmenwechsel in den letzten Jahren einfacher als zuvor geworden. Dies führt zu der paradox anmutenden, allerdings rechtsstaatlichen Herangehensweise, dass man sich einerseits auch die alten Herrschaften jetzt noch vorknöpft, obwohl ein Urteil möglicherweise noch nach Jugendstrafrecht zu erfolgen hat.

    Ich frage mich allerdings auch, welchen Erkenntniswert dieser Bericht angesichts der dünnen Faktenlage zum jetzigen Zeitpunkt hat. Insofern hat es eher den Eindruck, dass man hier das journalistische Sommerloch mit einer etwas reißerischen Aufmachung und einem Thema, das immer polarisiert, zu füllen beabsichtigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    @Horschti: "Viele Kommentatoren schwafeln hier gleich oberflächlich von Mord, der nicht verjährt (was eine Binsenweisheit ist), obwohl in dem MP-Bericht erst einmal „nur“ von Straftaten die Rede ist, die sicherlich nicht zu bagatellisieren sein dürften."

    Wegen anderen Sachen würde doch sicher ermittelt werden? - die sind ja alle verjährt. Selbst Totschlag, der einem Mord sehr ähnlich sein kann verjährt nach 20 Jahren!

    Weswegen sollte ihrer Meinung nach dann ermittelt werden? Meiner Meinung nach können die Ermittlungen nur auf Mord hinauslaufen, alles andere würde doch kaum Sinn ergeben?

    Aber genau das ist das Grundproblem dieses Artikels. Nichts ist bekannt, nichts ist klar, der Beschuldigte wurde noch nicht einmal befragt, der Staatsanwaltschaft ist noch nicht einmal der Gesundheitszustand bekannt. Was soll also dieser Artikel?

    Der Artikel wirft mehr Fragen auf als er beantwortet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Es ist richtig, dass ermittelt wird. Es ist auch richt, dass Verbrecher im Falle des Falles bestraft werden, selbst wenn ihre Taten bereits vor 80 Jahren geschahen. Außer Mord dürte eh alles andere verjährt sein.

    Es ist aber nicht richtig, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf diese Art und Weise berichtet wird! So einen Artikel hätte ich eher in der "Zeitung" mit den vier Buchstaben vermutet. Der Mann wurde noch nicht einmal vernommen, auch alles weitere steht in den Sternen. Warum ein derartiger Bericht obwohl 0,0 bekannt ist?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mppthi
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Erding
    Gemach, gemach! Dass Ermittlungen laufen besagt noch gar nichts über eine Anklageerhebung. Weitere Auskünfte werden daher auch von der Staatsanwaltschaft nicht gegeben. Erst reden, wenn etwas Spruch reif wurde und eine wirkliche Schuld nachgewiesen worden ist. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung. Einer Demokratie nicht würdig sind die "Aufregungen" vor dem Abschluss und auch nach der Verkündigung am Ende. Auch bei Einstellungen wegen Mangel an Beweisen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • klafie
    man hätte schon viel früher mit den ns-verbrechen aufklären müssen. sicher - mord verjährt nicht - richtig. aber: ist der 96 jährige noch schuldzurechnungsfähig? wenn ja, dann gehört er dafür bestraft. ich frage mich aber nur: warum können solche verbrecher sich jahrelang verstecken oder das verbergen, was sie angerichtet haben, nicht nur einen einzigen,sondern gegen das ganze volk, ja gegen die welt derart scheußlige verbrechen auszuführen wie in der ns-zeit!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • johannes-fasel@t-online.de
    @: "warum können solche Verbrecher sich jahrelang verstecken oder das verbergen, was sie angerichtet haben?"
    Sie mussten sich ja gar nicht verstecken: Ohne die NS-Verbrecher hätte das 'Wirtschaftswunder' nicht geklappt. Und auch die Siegermächte waren nicht 'zimperlich', wenn Sie NS-Verbrecher vor den eigenen Karren spannen konnten.
    Konrad Adenauer lehrte: »Man schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat.«
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Was soll der Schmarrn noch? Will man den 96-jährigen jetzt noch ins Knast stecken so dass er im Gefängnishof seine Runden drehen kann und er dabei möglicherweise an einem Herzinfarkt stirbt? So kann man auch Steuergelder sinnlos verdummen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Mord verjährt nicht. Das sollte auch in die Köpfe der ewig gestrigen langsam vorgedrungen sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten