Den Menschen vor Augen führen, was hinter der Bezeichung Mainkuh ursprünglich steckt – für den Modellbauer Willi Treiblmaier ist das ein großes Anliegen. Der 84-Jährige ist sichtlich stolz, als er sein Modell der Original-Mainkuh präsentiert. "Die meisten Würzburger sagen, sie kennen die Mainkuh", sagt Treiblmaier. "Sie meinen damit das Restaurant am Ludwigkai. Doch dass die ursprüngliche Mainkuh ein ganz anderes Schiff war, das wissen nur die wenigsten."
Das Modell der Mainkuh erzählt ein Stück Würzburger Geschichte
In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts spielte die Kettenschifffahrt auf dem Main eine wichtige Rolle. An einer im Main verankerten, fast 400 Kilometer langen Kette "hangelten" sich die Schlepper zwischen Frankfurt und Bamberg flussaufwärts und zogen Lastenkähne hinter sich her. Die Bezeichnung Mainkuh, die im Volksmund gebraucht wurde, entstand durch die lauten Hupen der Schiffe. "Damals waren auf dem Main noch viele kleine Kähne unterwegs", berichtet Treiblmaier. "Als Warnung haben die Kettenschiffe vor größeren Kurven immer gehupt." Aufgrund der Ähnlichkeit des Hupens zum Muhen einer Kuh entstand daraus die Bezeichnung Mainkuh.
In mühevoller Handarbeit baute Treiblmaier die Mainkuh bis ins kleinste Detail nach. "K. Bay. KS V" steht auf dem Modell. "Offiziell hießen die Schiffe Königlich Bayerische Kettenschiffe", berichtet der Modellbauer. Insgesamt fünf Stück habe es davon gegeben. "Die größte Herausforderung war es, an Bilder und Pläne des Schiffs zu kommen." Die originalen Pläne habe er aus Aschaffenburg erhalten. Dort habe sich damals die Werft der Kettenschiffe befunden.
Treiblmaier hat nicht nur das Kettenschiff nachgebaut, ein im Original etwa 60 Meter langes Schiff mit Holzdeck und Masten, die eingeklappt werden mussten, wenn Brücken passiert wurden. Auch eines der Frachtschiffe hat er modelliert, wie sie von den Kettenschiffen üblicherweise gezogen wurden. Mit zahlreichen Maschinen, Pferden und Holz in Miniatur ist das Frachtschiff-Modell beladen. Ein Kettenschiff zog in der Regel eine ganze Reihe solcher Frachtschiffe hinter sich her.
Am Graf-Luckner-Weiher in der Würzburger Sanderau präsentierte er das Modell der Mainkuh
Bereits vor knapp zehn Jahren begann Treiblmaier, zwei Modelle der Kettenschiffe zu bauen. Eines der Modelle vermachte er bereits dem Modellsportclub Gemünden. "Die bauen dort gerade den Ort Gemünden nach", erklärt Treiblmaier. Seine zweite Mainkuh wolle er ebenfalls dem Club in Gemünden schenken, sagt er. Jedoch erst, nachdem er sie ein letztes Mal den Würzburgern präsentiert hat.
Bei einer Veranstaltung des Modellsportclubs Würzburg auf dem Vereinsgelände am Graf-Luckner-Weiher am Sonntagnachmittag präsentierte Treiblmaier seine Mainkuh. Während die Schiffe der anderen Modellbauer auch einen Kurs auf dem Weiher fuhren, blieb Treiblmaiers Modell aber trocken. "Ich fahre nicht mehr", erklärt er. "Seit meinem Schlaganfall habe ich dazu nicht mehr die Ruhe."
In früheren Jahren war der ehemalige Omnibusfahrer mit seinen Modellen auch auf Wettbewerben unterwegs. Unter anderem in Kiew, wo er bei der Europameisterschaft 1977 die Bronzemedaille für Deutschland gewann. Das Schiff, mit dem er diesen Preis gewann, steht prominent in seinem Wohnzimmer in Leinach im Landkreis Würzburg, die dazugehörige Medaille liegt griffbereit daneben. Die Mainkuh ist das letzte Schiff, das Treiblmaier in seiner Laufbahn als Modellbauer angefertigt hat. Seit dem Schlaganfall mache die Hand nicht mehr mit, sagt er. Umso größer ist sein Wunsch, mit seinem letzten Modell den Würzburgern die Geschichte der Mainkuh zu erzählen.