Sie ist das Gesicht vieler aktueller Werbekampagnen – von Versicherungen bis hin zum Fashion-Label: Greta Niewiadomski. Neben ihrer offenen und natürlichen Ausstrahlung gehört eine futuristisch anmutende Handprothese zu ihren Markenzeichen. Die 23-Jährige kam ohne rechte Hand auf die Welt und nutzt die Prothese seit einigen Jahren – "als Werkzeug", wie sie sagt. "Ich setze sie ein, wenn ich sie brauche, kann aber auch ohne sie leben." Und so ist die Prothese Teil der Kampagnen, hat aber meist nichts mit dem beworbenen Produkt zu tun.
Nun ist Greta Niewiadomski, die in Würzburg ihren Master in Psychologie, Psychotherapie und Neurowissenschaften macht, das Gesicht einer neuen Kampagne der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) – für "WüFi", das WLAN der WVV, mit dem man in Würzburg an verschiedenen Hotspots kostenlos surfen kann. Anlass für die Kampagne ist das zehnjährige Bestehen von WüFi, das 2025 gefeiert wird.
"Normalerweise haben wir bei unseren Shootings eher Privatpersonen und keine professionellen Models", erklärt Philipp Stühler, Referent Produktentwicklung & Projektmanagement bei WVV Energie. Doch Greta Niewiadomski kam von sich aus auf die WVV zu: "Ich will Produkte, die ich bewerbe, auch kennen und nutzen und finde es cool, wenn sie mit Technologie zu tun haben."
Model mit Wiedererkennungswert
"Die Fotos für unsere WüFi-Kampagne sollen zu 100 Prozent Würzburg widerspiegeln, das muss man auf den Bildern sehen", erklärt Philipp Stühler. Greta Niewiadomski als Wahlwürzburgerin und Person mit Wiedererkennungswert sei ein "super Match" gewesen. Da es WüFi künftig auch in Bussen des ÖPNV geben wird, stand eine der Foto-Locations für die Kampagne schnell fest: das Innere eines Busses.
Beim Shooting auf dem Gelände der NVG Omnibus-Betriebsgesellschaft geht es geschäftig zu: Greta sitzt in der letzten Reihe des Busses, auf dem Schoß hält sie ein Tablet, auf das sie konzentriert schaut. Während ihr die Visagistin noch ein paar Haarsträhnen zurechtzupft und das Gesicht nachpudert, hat der Fotograf erste Anweisungen: "Greta, schau' mal zum Fahrer, bitte!"
Modelkarriere startet mit einem Zeitungsartikel
Der Startschuss für Greta Niewiadomskis Modelkarriere kam durch einen Artikel über sie in der Süddeutschen Zeitung: "Eine Marketing-Firma hat ihn gelesen und mich empfohlen", erzählt die 23-Jährige, die in Hamburg geboren und in Bremen aufgewachsen ist. Mit der Zeit seien immer mehr Angebote gekommen: "Mit meiner Handprothese stehe ich auch für Diversität, das passt zum Zeitgeist", so die Studentin. "Indem ich sie bei den Shootings trage, kann ich dazu beitragen, dass sich das Bild von Menschen mit Behinderung ändert."
Gleichzeitig ist es ihr wichtig, für Produkte zu werben, die sie gut findet und die nichts mit der Prothese zu tun haben. Denn: "Die Behinderung ist ein Teil von mir, sie macht mich aber nicht aus. Ich wünsche mir, dass mir keine Fähigkeiten abgesprochen werden, nur, weil ich keine rechte Hand habe."
Prothese sorgt immer wieder für skurrile Situationen
Dass die schwarz-weiße Handprothese beim WVV-Shooting immer wieder Gesprächsthema ist, liegt nicht zuletzt an einer sehr speziellen Erinnerung Gretas ans Busfahren mit Prothese: Als der Akku ihrer Prothese plötzlich leer ist, kann sie die Hand nicht mehr von der Haltestange lösen. "Ich musste sie allein zum Busdepot fahren lassen, von zuhause Akkus holen und dann nachkommen", erinnert sich Greta und lacht. "Seitdem habe ich immer eine Powerbank dabei."
Skurrile Situationen, die sich durch die Prothese ergeben, kann die 23-Jährige viele aufzählen: der Club, in den sie nicht gelassen wurde, weil die Türsteher die Prothese als "Waffe" ansahen. Davon, dass die meistgestellte Frage in Sachen Prothese an sie die ist, ob sie damit den Mittelfinger zeigen kann. Von Fremden, die sie nach einem gemeinsamen Bild fragen – und von Menschen, die sie fotografieren oder filmen, ohne zu fragen.
Wer eine Prothese trägt, muss Aufmerksamkeit aushalten können
Ihre Prothese sei immer ein Anlass, um ins Gespräch zu kommen, so Greta Niewiadomski. "Ich bin aber froh, wenn Leute fragen und nicht nur gucken. Wenn man angestarrt wird und daraus keine Interaktion erfolgt, fühlt sich das nach einer Wertung und schlecht an."
Nicht immer ist ihr nach einem Gespräch zu ihrer Prothese zumute: "Man muss die Aufmerksamkeit aushalten können, sonst kann man sie nicht tragen. Wenn ich einen schlechten Tag habe, kann ich meine Behinderung zum Beispiel mit einem Pullover verstecken, das ist mein Privileg."
WVV-Kampagne ab 2025 zu sehen
Vier verschiedene Outfits und einige Ortswechsel später ist das WVV-Shooting zu Ende: "Es war richtig cool", so Gretas Fazit. Das Ergebnis wird Anfang 2025 zu sehen sein: auf der Rückseite von Bussen, Großflächenplakaten und im Internet.
Auf ihrem Instagram-Account gretamariq hat die 23-Jährige bereits erste Bilder und Videos vom WVV-Shooting gezeigt. "Dass andere Menschen dankbar sind, eine starke junge Frau zu sehen, die einfach mit ihrer Behinderung lebt, bedeutet mir sehr viel. Nur dadurch, dass ich ich bin, kann ich Leuten ein gutes Gefühl geben, das ist toll."
