
Genau 30 Tage nach der Wahl sitzen die beiden Würzburger Hülya Düber (CSU) und Aaron Valent (Die Linke) das erste Mal als Abgeordnete im Bundestag. Es ist ein feierlicher Tag. Es ist ein langer Tag. Wie haben die beiden die konstituierende Sitzung des Bundestags erlebt?
Hülya Düber: "Ein Augenblick, den ich nie vergessen werde."

Hülya Düber kommt schon Sonntagabend in der Hauptstadt an. Mit ihrem riesigen Koffer steht sie am Berliner Hauptbahnhof und wartet auf den Fahrdienst des Bundestags. "Mein Mann hat schon befürchtet, ich will ausziehen", erzählt sie am Telefon und lacht. Im Gepäck ist auch der neue, hellblaue Hosenanzug, den sie sich für die konstituierende Sitzung des Bundestags gekauft hat. "Extra für diesen besonderen Moment."
Hülya Düber betritt am Dienstag zum ersten Mal den Plenarsaal. Freilich war sie schon oft im ehemaligen Reichstagsgebäude, aber noch nie im "Herz der Demokratie". Denn hierhin dürfen nur Abgeordnete oder Ehrengäste. "Die ersten Schritte in das Hohe Haus – das war für mich ein überwältigender Moment; ein Augenblick, den ich nie vergessen werde", sagt die 46-Jährige.
Still, fast ehrfürchtig, habe sie diesen Zauber des Anfangs eine Weile auf sich wirken lassen. Und sich gedacht: "Wow, jetzt bin ich eine von 630 Abgeordneten." Gleichwohl sei ihr aber auch bewusst geworden, welche Verantwortung das nach sich zieht.

Die ehemalige Sozialreferentin der Stadt Würzburg ist eine Quereinsteigerin, sowohl politisch als auch in der CSU. "Diesen Weg zur Berufspolitikerin habe ich nicht geplant, ich habe auch nicht darauf hingearbeitet", sagt sie. "Aber es fühlt sich richtig an."
Eine Wohnung in Berlin hat Hülya Düber noch nicht. Vorübergehend hat sie sich ein Hotel in der Nähe des Regierungsviertels gesucht. Zehn Minuten Fußweg vom Bundestag entfernt. Ihren Fokus legt sie jetzt erstmal darauf, ein Büro einzurichten – und sie muss sich dabei um alles kümmern. Dann möchte sie in die inhaltliche Arbeit kommen und irgendwann auch eine Wohnung suchen. "Ich kann ja nicht jedes Mal einen halben Umzug veranstalten, wenn ich nach Berlin komme", sagt sie und schmunzelt.
In Berlin kümmert sich die Schweinfurter Abgeordnete Anja Weisgerber um die Neue aus Würzburg. "Sie nimmt mich an die Hand, hält mir einen Platz im Saal frei oder ist mein Telefonjoker, wenn ich mich in den verwinkelten unterirdischen Gängen mal wieder verlaufe." Und auch das trägt dazu bei, dass sich Hülya Düber wohl in ihrer neuen Aufgabe fühlt.
Nur eines war nicht so schön an ihrem ersten Arbeitstag: der Applaus von der rechten Seite des Hauses, von der AfD-Fraktion. "Der erfüllt den ganzen Plenarsaal. Das ist schon sehr bedrückend."
Aaron Valent: Vom Azubi plötzlich zum Arbeitgeber

"Es ist ein mit Formalien und Traditionen gefüllter Tag", sagt Aaron Valent. "Die Formalitäten ehren das Haus, sie gehören dazu, aber sie sind natürlich nicht der Grund, warum man im Bundestag sitzt." Es ist kurz nach 19 Uhr, als er am Dienstag am Telefon von den vielen, vor allem positiven Eindrücken des Tages erzählt.
Er sitzt dabei in seinem Berliner Übergangsbüro, dort, wo auch sein Arbeitstag mit einer kurzen Teambesprechung begonnen hat. Unterwegs Richtung Plenarsaal habe er andere Abgeordnete getroffen. Immer wieder müsse man einander aushelfen, um den Weg durch die verzweigten und verbundenen Gebäude zu finden.
Die eigentliche Sitzung hat er aus einer der hinteren Reihen verfolgt. Der vorhersehbar destruktive Auftritt der AfD habe die gute Stimmung in der Fraktion nicht trüben können, sagt Valent. Grund zur Freude habe es gleich doppelt gegeben: Gregor Gysi eröffnete die Sitzung als Alterspräsident und die Linke stellt, anders als die AfD, einen Vizepräsidenten des Bundestags: "Wir freuen uns sehr, dass Bodo Ramelow gewählt wurde."
Von Würzburg nach Berlin: Schwierige Wohnungssuche und ein Organisations-Marathon
Weiter ging es für Aaron Valent bei einem Empfang für alle Abgeordneten, bevor der Arbeitstag mit einer kurzen Abschlussrunde mit seinen Mitarbeitern endete.
Dass er überhaupt jetzt eigene Mitarbeiter anstellt, ist für den 28-Jährigen eine der vielen neuen Erfahrungen: "Ich als Azubi musste plötzlich Arbeitsverträge als Arbeitgeber unterschreiben, was ganz ungewohnt war."
Auch für ihn selbst überraschend ist Valent am 23. Februar in den Bundestag gewählt worden. Noch wenige Wochen vorher war die Linke quasi totgesagt, sein Listenplatz 6 wenig aussichtsreich. Dann holte die Partei Stimme um Stimme auf und landete am Ende überraschend bei 8,8 Prozent.
Darauf folgte erstmal ein Organisations-Marathon. Wohnungssuche? "Ist in Berlin ja nicht einfach. Ich bin jetzt erstmal bei Freunden untergekommen. Es gibt aber auch ein paar spaßige Themen – wie Kunst für mein Büro auszusuchen." Valent erzählt, dass der Bundestag eine eigene Kunstsammlung habe, aus der sich Abgeordnete Kunstwerke vier Jahre lang ausleihen könnten. "So etwas verrät einem ja keiner – bis man selbst Abgeordneter ist."
Alles Gute und viel Erfolg
für Euere neue Aufgabe.
Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !