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Würzburg
Missbrauchsprozess: Logopäde gesteht "ohne Wenn und Aber"
Die größte Hürde scheint genommen im Prozess um den Missbrauch von behinderten Kindern. Der Angeklagte legte am ersten Verhandlungstag in Würzburg ein Geständnis ab.
Mit einem Aktenordner verbirgt der Angeklagte Oliver H. im Gericht sein Gesicht vor den Kameras. 
Foto: Thomas Obermeier | Mit einem Aktenordner verbirgt der Angeklagte Oliver H. im Gericht sein Gesicht vor den Kameras. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:14 Uhr

Es war der Tag der Wahrheit. Im Gefängnis war der Angeklagte Oliver H. isoliert und unter hohen Sicherheitsmaßnahmen in seiner Zelle in der Untersuchungshaft in Würzburg gesessen. Seine Identität wurde geheim gehalten, um Übergriffe anderer Gefangener zu verhindern. Schließlich stehen Gefangene, die sich an Kindern vergangen haben, in der Hackordnung im Knast an allerletzter Stelle.

An diesem Donnerstagmorgen jedoch rief ein Wärter gut vernehmlich quer über den Gang: "Herr H., fertig machen für Ihren Prozess." Da war es vorbei mit der Geheimhaltung, wie Anwälte am Rande des Prozesses erzählten.

Vor den Blicken der Eltern kann sich der Angeklagte nicht schützen

Das Betreten des Sitzungssaals im Landgericht Würzburg wurde am Morgen zum Spießrutenlaufen für den Angeklagten. Mühsam verbarg der 38-Jährige sein Gesicht hinter einem Aktenordner vor den Kameras. Vor den Blicken der Eltern jener Kinder, die er missbraucht hatte, konnte ihn nichts schützen. Sie werden ihm mit ihren Anwälten elf Verhandlungstage lang buchstäblich im Nacken sitzen. 

Riesiges Medieninteresse: Verteidiger Jan Paulsen gibt in einer Verhandlungspause ein Statement ab.
Foto: Thomas Obermeier | Riesiges Medieninteresse: Verteidiger Jan Paulsen gibt in einer Verhandlungspause ein Statement ab.

Dem Mann wird 66-facher schwerer sexueller Missbrauch von behinderten Kindern sowie die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie vorgeworfen. Der Vorsitzende Richter Michael Schaller macht schnell klar, dass für das Verlesen der 27-seitigen Anklageschrift die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Zuhörer und Journalisten müssen nach draußen – wie noch öfter im weiteren Verlauf dieses ersten Prozesstages. Sie dürfen über weite Strecken der Verhandlung nicht beiwohnen. So soll vermieden werden, dass Details der Missbrauchstaten oder die Identität der Opfer bekannt werden.

Die Schilderungen der taten sind unerträglich

Es reicht auch schon, was die Journalisten in der Anklageschrift zu lesen bekommen: Die Schilderungen über die Misshandlungen von sieben kleinen Buben, die heute zwischen sieben bis 13 Jahre alt sind, sind nahezu unerträglich.

Gerichtssprecher Rainer Volkert informiert Vertreter der Presse.
Foto: Thomas Obermeier | Gerichtssprecher Rainer Volkert informiert Vertreter der Presse.

Später kündigt Jan Paulsen, der Verteidiger des mutmaßlichen Täters, ein "umfassendes Geständnis" seines Mandanten an. Und er hielt Wort – und legte offenbar die Wahrheit auf den Tisch: Er habe "ohne Wenn und Aber gestanden", sagte selbst einer der Nebenklage-Anwälte am Rande des Prozesses. Der Logopäde habe "die Taten aus der Anklage im vollen Umfang eingeräumt", sagt später Gerichtssprecher Rainer Volkert, der die Journalisten über die nichtöffentliche Sitzung informiert. Der Logopäde habe "unter Tränen" zugegeben, dass er inzwischen verstehe, wie sehr er Vertrauen missbraucht habe.

Der Angeklagte beantwortet die Fragen des Gerichts

Der 38-jährige Mann habe auch über mehrere Stunden hinweg ausführlich Fragen des Gerichts zu seinem Verhalten beantwortet, sagte der Sprecher, ohne ins Detail zu gehen. Schon mit 18 Jahren habe der Angeklagte Gefallen an Kinderpornos gefunden. Als die Angst vor Entdeckung immer größer wurde, suchte er ab etwa 2010 im Darknet auf verborgenen Plattformen nach Bildern, die ihn befriedigten.

Das perfide dabei: Die dortigen Anbieter, die verdeckte Ermittler fürchten, verlangten von ihm eine sogenannte "Keuschheitsprobe": Er musste zunächst selbst strafbare Bilder liefen, ehe er welche bekam – eine Möglichkeit, um sich vor Entdeckung zu schützen.

Verbotene Bilder für verbotene Bilder

Die Betreiber von Plattformen, die sich zynisch "The Love Zone" oder "Babyheart" nannten, verlangten detailliert Missbrauchshandlungen an ihm anvertrauten Kindern, die er filmen sollte. Und je härter die Bilder waren, die er wollte, umso härter war im Tausch der gefilmte Missbrauch, den er liefern musste. "Die Vorgaben beinhalteten Anweisungen zu den dargestellten Handlungen, zu konkreten Gegenständen, die zu verwenden seien und zur Kennzeichnung der Aufnahme mithilfe eines beschrifteten Zettels", heißt es in der Anklage.

Um Zutritt zu den geschlossenen Bereichen dieser Anbieter zu bekommen, begann der Logopäde zwischen 2008 und 2012 damit, eigene Aufnahmen zu machen, während er den kleinen Buben auf viele Arten Gewalt antat, deren Schilderung sich hier verbietet. Er wählte dazu Kinder aus seinen Therapiestunden aus, die geistig behindert waren oder starke Entwicklungseinschränkungen hatten und die sich gegenüber ihren Eltern nicht artikulieren konnten.

Weitere Details seines Vorgehens soll ein Ermittler im Zeugenstand erzählen – wenn der Prozess an diesem Freitag weitergeht. Dann sollen im Zeugenstand auch einige Eltern berichten, wie ihre Kinder auf den Missbrauch reagierten und wie es den Jungen heute geht.  

 
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  • Schutz, besonderer Schutz in der JVA? Ich kann gar nicht so viel Essen wie ich erbrechen möchte! So ein Wesen ( Mensch passt hier wohl nicht mehr) wird geschützt während viele Kinder und Familien daran zu Grunde gehen!? Egal welches Urteil fallen wird, es wird zu milde, zu wenig sein! Es macht einfach nur sprach und Fassungslos ....
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  • haba2908
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  • haba2908
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  • Baetz_Johannes@t-online.de
    Was Oliver H. gemacht hat, sowas macht einen nur sehr traurig und sprachlos - und dann wird soeiner auch noch vor der "Hackordnung" geschützt. Unglaublich - hier wird wieder einmal gezeigt, dass mehr für Täter als für die Opfer getan wird. Nach dem Motto oder - anders gesagt - scheinbar gilt in "D" Täter hat Vorrang (muss geschützt werden) vor Opfer (hat selber schuld). Wünsche den Betroffenen viel viel Kraft, Unterstützung und Hilfe um all das ganze verarbeiten zu können.
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  • jlattke
    Mir kommen wirklich die Tränen - auch wenn ich den Artikel gar nicht richtig lesen mag. Ich kann nur zu gut nachvollziehen mit welchen Wünschen und Erwartungen, mit welcher Hilflosigkeit Eltern mit ihren Kindern zu Therapeuten gehen. An einem solchen Ort der Hilfe so ekelhaft hintergangen und ausgenutzt zu werden ist wohl das niederträchtigste was ich mir vorstellen kann … und weil sich dieser Mensch ganz gezielt an wirklich hilfsbedürftigen Kindern vergangen hat, kann ich nur darauf hoffen, dass die Knast-Hackordnung zuverlässig greift und entsprechende Mitgefangene dafür sorgen, dass er lernt was er getan hat.

    Den betroffenen Kindern und Eltern kann man nur aus tiefsten Herzen wünschen, dass sie einfühlsame und verantwortungsbewusste Therapeuten finden, die sich umfassend und mit echter Hingabe um sie kümmern.
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Der Typ hat jedenfalls mehr Schaden angerichtet als Corona. Was er angerichtet hat ist wohl unheilbar.
    Ich wünsche ihm lebenslängliche Quarantäne in der forensischen Psychiatrie.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Wegsperren! Für alle Ewigkeit!!!
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