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Würzburg
Missbrauchs-Prozess: Neuer Beweisantrag verzögert Urteil
Die Verteidigung macht schwierige Haftbedingungen des angeklagten Logopäden zum Thema. Fällt eine Entscheidung jetzt erst im Juni?
Deutliche Worte fand im Missbrauchs-Prozess am Landgericht Würzburg der Vorsitzende Michael Schaller. Das Urteil zieht sich durch einen neuen Beweisantrag der Verteidigung weiter in die Länge. 
Foto: Thomas Obermeier | Deutliche Worte fand im Missbrauchs-Prozess am Landgericht Würzburg der Vorsitzende Michael Schaller. Das Urteil zieht sich durch einen neuen Beweisantrag der Verteidigung weiter in die Länge. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:47 Uhr

Das Urteil im Prozess um den Missbrauch von sieben Buben durch einen Würzburger Logopäden verzögert sich weiter – obwohl die Vorwürfe nach dem Geständnis sowie durch die Beweisaufnahme weitgehend bestätigt sind. Bevor am Landgericht am Donnerstag die Plädoyers beginnen konnten, zog die Verteidigung des 38-Jährigen in letzter Minute einen weiteren Beweisantrag aus der Tasche: In das Urteil müsse strafmildernd mit einfließen, dass der Angeklagte unter deutlich erschwerten Bedingungen in Untersuchungshaft sitze, meinen sie.

Plädoyers verschoben

Die Plädoyers wurden abgesagt. Der Vorsitzende Michael Schaller machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Er habe den Prozess ordentlich, aber zügig vorantreiben wollen. "Dem hatten alle zugestimmt", machte er deutlich. "Aber der weitere Verlauf war dann anders." Schaller machte deutlich, er werde sich nicht treiben lassen, aber auch die Sorgfalt nicht der Schnelligkeit opfern: "Wenn Beweise zu erheben sind, werden die erhoben – trotz Corona."

Das fünfköpfige Gericht äußerte zwar Bedenken, ob ausgerechnet Maßnahmen auf Wunsch und zum Schutz des Gefangenen als mildernde Umstände taugen. Doch das Gericht gab sich keine Blöße, sondern lud zwei Zeugen zum Beweis dieses Themas auf den nächsten Prozesstermin: Nun sollen am 18. Mai die Leiter der Justizvollzugsanstalten Würzburg und Bamberg über die Haftbedingungen Auskunft geben.

Urteil erst am 4. Juni?

Das Gericht betonte, dass die Maßnahmen teilweise zum Schutz des Angeklagten vor Übergriffen im Gefängnis dienen, überdies sah man zeitweise Suizidgefahr. Deshalb war seine Zelle zunächst rund um die Uhr mit Kameras überwacht worden, der Angeklagte konnte nur einzeln zum Hofgang und keinen Sport mit anderen Gefangenen machen. 

Erst nach diesen Zeugenaussagen könnten die Plädoyers der Staatsanwältin, der sechs Nebenkläger und der zwei Verteidiger beginnen. Da man unter Corona-Bedingungen nur halbe Tage verhandelt, dürften die Einschätzungen zu Schuld und angemessener Sühne des Logopäden am 25. Mai fortgesetzt werden. Dann hat der Angeklagte das letzte Wort. Ein Urteil könnte am gleichen Tag fallen – oder erst am 4. Juni.

 
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  • karibuka
    Um noch einmal zu verdeutlichen, wie immens groß und für die Zukunft unabsehbar der psychische und physische Schaden für die Opfer ist: Eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung kann auch Jahre oder Jahrzehnte nach sexuellem Missbrauch ausbrechen, beispielsweise wenn ein belastendes Lebensereignis zu den bestehenden Traumatisierungen hinzukommt. Dann sprudeln die Traumata sozusagen hervor wie aus einer tiefgründigen Quelle. Es kommt zu Symptomen wie traumatisches Wiedererleben/Flashbacks, Albträumen, Vermeidungsverhalten usw.
    Körperliche Verletzungen des Missbrauchs mögen zwischenzeitlich verheilt sein. Aber wie sieht es mit sexuell übertragbaren Krankheiten aus? Zum Beispiel humane Papillomviren können anal und oral übertragen werden, erst symptomlos bleiben und später Anal- oder Rachenkrebs verursachen. Ist das nicht schrecklich? Über so etwas müssen die Eltern von Kleinkindern!!! sich nun Sorgen machen. Hat der Täter je darüber nachgedacht, wie schädigend sein Missbrauch ist
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  • karibuka
    Ja, immer steht der Täter im Mittelpunkt, und man soll Mitleid mit ihm haben: Von den SEK-Beamten wurde er zu hart angefasst. Er könnte ein paar blaue Flecken bekommen haben. Ihm Gefängnis fühlt er sich unwohl, denn das Sportangebot ist nicht zufriedenstellend und ihm fehlt es an Geselligkeit. Wahrscheinlich ist ihm auch die Matratze zu hart, das Essen nicht delikat genug und das Unterhaltungs- und Fernsehprogramm nicht gut genug. Aber jetzt möchte ich einmal die Opferfamilien in den Fokus rücken: Welche körperlichen und seelischen Wunden haben die Opfer?Haben die Opfereltern noch Freude an Sport und Geselligkeit, oder sind sie in Depressionen versunken? Können die Kinder und Eltern noch gut schlafen, oder werden sie von Albträumen, Flashbacks, traumatischen Erinnerungen geplagt? Schmeckt ihnen noch ihr Essen, oder leiden sie unter Appetitlosigkeit oder Essattacken, um ihren Frust und ihre Wut herunterzuschlucken? Bitte, denkt mal jemand an die Opfer?
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  • Albatros
    @karibuka, genau das ist doch seit vielen Jahren die gelebte Rechtsprechung, Täterschutz vor Opferschutz, eingefordert von LINKEN und Grünen.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    15 Jahre Gefängnis und keinen Tag weniger!!!
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Wenn der Verbrecher gerne mit anderen zusammen aus dem Knast Sport treiben möchte - bitteschön! Ich bin mir sicher, es wird bei einem Versuch bleiben und der Angeklagte wird von anderen Strafgefangenen therapiert!
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  • mausschanze
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  • karibuka
    Gut, dann schreibe ich jetzt mal etwas, das zur Diskussion beiträgt. Niemand kann das, was der Logopäde den Opfern angetan hat, jemals wieder gut machen. Aber was die Opfer und die Opfereltern nun brauchen, ist, dass ihr Leid anerkannt und verifiziert wird. Die Strategie der Verteidiger macht das Gegenteil und verhöhnt die Opfer, indem sie das Leid des Täters in den Mittelpunkt rücken. Nur hat er sein Leid selbst verschuldet, die Opfer nicht. Die Opfer werden dadurch sekundär nochmals traumatisiert, da sie sich nicht gehört und gesehen fühlen. Dies sind Erkenntnisse aus der Traumaforschung. Daher mein Appell: Schützen Sie nicht den Täter, geben Sie den Opfern eine Stimme!
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  • karibuka
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  • karibuka
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