Lange drehten die vier Männer mit fremdem Geld das große Rad, am Donnerstag verurteile sie das Landgericht Würzburg zu drei bis sechseinhalb Jahre Haft. Die Wirtschafts-Strafkammer um den Vorsitzenden Alexander Milkau hatte in der großen Halle des Wöllrieder Hofs, ihrem weiträumigen Corona-Ausweichquartier außerhalb Würzburgs, deutlich gemacht: Die angeblich so lohnenden Kongo-Connections, mit denen Geldgeber zu Investitionen in angeblich millionenschwere Geschäfte in Entwicklungsgebieten gelockt wurden, waren "reine Luftschlösser" des ehemaligen Finanzberaters der der Apotheker- und Ärztebank und seiner drei Komplizen.
Der Vorsitzende zeigte sich bewandert in der griechischen Mythologie. Schmunzelnd wies Milkau darauf hin, dass die vier Angeklagten ihrer Firma den bezeichnenden Namen „Argos“ gegeben hätten - nach dem griechischen Ungeheuer mit hundert Augen, das gierig in alle Richtungen schaut. Da mussten im Zuhörerraum auch die Ermittler schmunzeln, die den Betrug aufgedeckt hatten und nun gespannt auf das Urteil warteten.
Richter spricht von "Geldvermehrungsmaschine"
Hinter den wortgewandt präsentierten Plänen der vier Angeklagten steckten nach Erkenntnis des Würzburger Gerichts keine realen Pläne. "Jeder von ihnen wusste, dass es nur darum ging, die Geldvermehrungsmaschine anzuwerfen", sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Damit habe man arglose Investoren teilweise um ihre ganze Altersversorgung gebracht.
Angebliche Investitionen in Entwicklungshilfe-Projekte
Der angeklagte Vermögensberater hatte im Prozess gestanden, Kontakte aus seiner früheren Tätigkeit als Berater bei der Ärzte- und Apothekerbank genutzt zu haben, um vermögende Kunden dazu zu bringen, in angebliche Entwicklungshilfe-Projekte zu investieren. "Tatsächlich verfügten die Angeklagten aber zu keinem Zeitpunkt über marktreife Konzepte für die Projekte", hieß es in der Anklage - und am Donnerstag in der Urteilsbegründung.
Dem hauptangeklagten wortgewandten Verkäufer war es gelungen, mit nachgemachten Prospekten, gefälschten Unterschriften und aberwitzigen Zinsversprechen rund 40 interessierte Kunden zu gewinnen: Als ihm das Geld knapp wurde, präsentierte er einen "streng geheimen" Finanzplan, der den Investoren bei zwölf Monaten Laufzeit 100 Prozent Zinsen versprach. Allein damit soll er zehn Anlegern knapp eine Million Euro abgeknöpft haben.
Kontakte zum Geheimdienst waren erfunden
Nur einer der vier Finanzberater hatte sich vor den Würzburger Richtern nicht damit begnügt, die Anklage wortkarg zu bestätigen, sondern detailliert ein Geständnis abgelegt. "Dafür hat er auch als einziger eine Strafe am unteren Rand des möglichen Strafmaßes bekommen", erklärte sein Verteidiger Jan Paulsen nach dem Urteil.
Bei den Ermittlungen und vor Gericht hatte einer der vier Männer zu seiner Verteidigung behauptet, die angeblich guten "Drähte" zum ehemaligen kongolesischen Herrscher Joseph Kabila oder zur Familie des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hätten sogar den Bundesnachrichtendienst (BND) interessiert. Der BND teilt auf Nachfrage dieser Redaktion mit: An der Behauptung ist nichts dran.
Handball-Verein des Hauptangeklagten muss absteigen
Den Preis für den Betrug zahlen nicht nur die geprellten Investoren. Der Hauptangeklagte, der zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, hatte sich mit seinem Teil der erschlichenen Gelder gesellschaftliche Anerkennung erkauft: als spendabler Präsident des niedersächsischen Handball-Zweitligisten WHV Wilhelmshaven, einem Konkurrenten der Rimparer Wölfe.
Ohne die Geldspritzen des angeblich schwerreichen Gönners musste die Spielbetriebs GmbH in Wilhelmshaven kürzlich Insolvenz anmelden, Spieler verlassen den Verein, dem vier Punkte abgezogen wurden. Die Konsequenz: Er muss jetzt aus der 2. Liga absteigen.