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Würzburg
Anlageberater vor Gericht: Geldgeber sehen ihre Millionen wohl nicht wieder
Der Würzburger Prozess, in dem vier Männer gerade einen Millionen-Betrug gestanden, wird auch in Wilhelmshaven verfolgt. Warum der Fall den Zweitliga-Handballverein trifft.
Verhandlung der fünften Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Würzburg - pandemiebedingt nicht im Justizzentrum, sondern im Wöllrieder Hof. Vier mutmaßliche Betrüger sind angeklagt - wegen Schneeball-Geschäften.  
Foto: Silvia Gralla | Verhandlung der fünften Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Würzburg - pandemiebedingt nicht im Justizzentrum, sondern im Wöllrieder Hof. Vier mutmaßliche Betrüger sind angeklagt - wegen ...
Franz Barthel
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:07 Uhr

Hinten in der großen Festhalle ist kaum zu verstehen, was vorne zu den Richtern gesagt wird. Dabei ist im laufenden Verfahren der Wirtschaftsstrafkammer ein Wort der "Entschuldigung" wohl das einzige, worauf die geschädigten Investoren hoffen dürfen. Vier Vermögensberater sitzen im Prozess um die angebliche "Kongo-Connection" in Würzburg auf der Anklagebank - pandemiebedingt und angesichts der vielen Beteiligten nicht am Justizzentrum selbst, sondern im 24o Quadratmeter großen Saal von Gut Wöllried am Stadtrand.

Luftnummern mit mächtigen Politikern

Die angeblichen guten "Drähte" der vier Angeklagten zu Kongos Ex-Präsident Joseph Kabila gab es wohl genauso wenig wie Verbindungen zur Familie des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. In ihrem Geständnis offenbarten die vier mutmaßlichen Hochstapler, dass sie durch ihre  Luftnummern - die vermeintliche Investition von Anlegern in Entwicklungshilfe-Projekte - nur ihr eigenes Luxusleben finanzierten.

Vor Gericht hat jetzt ein Wirtschaftsgutachter den leichtgläubigen Geldgebern auch die letzte Hoffnung genommen: Die Konten der vier geständigen Betrüger sind leer. Die Anleger werden von den investierten zweieinhalb Millionen Euro wohl nichts wiedersehen.

Bombendrohung verhinderte Versteigerung

Der Prozess des Würzburger Landgerichts findet indes große Aufmerksamkeit, die bis nach Norddeutschland reicht. Einer der Angeklagten ist bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er soll im Jahr 2010, als dort sein Elternhaus versteigert wurde, einen Freund zu einer telefonischen Bombendrohung gegen das Landgericht Mosbach angestiftet haben. Die Versteigerung musste abgebrochen werden, der jetzt erneut Angeklagte wurde später überführt. 

Hauptangeklagter hatte sich als Sponsor Anerkennung erkauft

Der Hauptangeklagte der Würzburger "Kongo-Prozesses" hat offenbar eine illustre Vergangenheit und ist in Norddeutschland in der Sportszene bekannt. Mit Geld seiner Anleger soll sich der prominente Vermögensberater Ansehen als Präsident und Hauptsponsor des Handball-Zweitligisten WHV Wilhelmshaven erkauft haben. Seine Verhaftung und die Durchsuchung der Geschäftsstelle des  niedersächsischem Vereins im vergangenen Herbst schlug dort hohe Wellen. Der Verein, ein Konkurrent der Rimparer Wölfe, hatte sich mit den Millionen des Mäzens einen teuren Kader geleistet.

Nach der Verhaftung des Geschäftsführers rutschte die WHV Sportmarketing GmbH in die Pleite, berichtet die Wilhelmshavener Zeitung. Sportler wanderten zu anderen Vereinen ab. Der Zeitung zufolge war in Wilhelmshaven auch gehofft worden, dass der vermeintlich finanzkräftige Sponsor der Stadt auch bei der Sanierung eines maroden Bades helfen würde. Die Würzburger Anklage entzauberte nun den vermeintlichen Finanzjongleur, der auf seiner Facebook-Seite noch vollmundig versichert: "Reichtum ist viel, Zufriedenheit ist mehr, Gesundheit ist alles".

Kontakte als Bankberater genutzt, 100 Prozent Zinsen versprochen

Vor der Wirtschaftsstrafkammer hat er nun gestanden, Kontakte aus seiner früheren Tätigkeit als Berater bei der Ärzte- und Apothekerbank missbraucht zu haben. Vermögende Kunde überredete er, in Entwicklungshilfe-Projekte seiner Partner zu investieren. "Tatsächlich verfügten die Angeklagten aber zu keinem Zeitpunkt über marktreife Konzepte für die Projekte", hieß es jetzt im Prozess.

Dem wortgewandten Verkäufer soll es gelungen sein, rund 40 Kunden in die Projekte zu locken - mit nachgemachten Prospekten, gefälschten Unterschriften und aberwitzigen Zinsversprechen: Als für  sein Schneeballsystem das Geld knapp wurde, präsentierte er einen Finanzierungsplan, der den Kunden bei zwölf Monaten Laufzeit 100 Prozent Zinsen versprach.

Ermittler kamen dem Netzwerk nach einer ersten Verhaftung auf die Spur

Allein damit soll er zehn Anlegern knapp eine Million Euro abgeknöpft haben. Geld, von dem offenbar die vier Angeklagten lebten. Als der mutmaßliche Betrug funktionierte, boten die Partner sogar 175 und 200 Prozent Zinsen – und weitere Kunden glaubten ihnen. Nachdem 2019 einer der vier Berater, der in Unterfranken sein Geschäft betrieben hatte, verhaftet worden war, wurde den Ermittlern der Kriminalpolizei Aschaffenburg klar: Er war Teil eines Netzwerkes, bei dem mutmaßliche Anlagebetrüger Hand in Hand gearbeitet hatten. Der hauptverdächtige Geschäftsführer des Handball-Zweitligisten aus Wilhelmshaven kam ein Jahr später in U-Haft. 

Das Würzburger Gericht lockte bei Prozessbeginn für Geständnisse der Angeklagten mit milderen Strafen und einem kurzen Verfahren: Die vier müssen mit Haftstrafen zwischen knapp drei und bis zu sieben Jahren rechnen. Das Urteil soll Anfang Juli fallen.

 
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  • H. K.
    Der vorstehende Kommentar sagt schon alles was man zu diesem Bubenstück sagen kann. Weitere Kommentare sind jetzt gar nicht mehr nötig, das spart Zeit
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  • A. S.
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  • M. F.
    "Gier frisst Hirn". Gesunder Menschenverstand sollte einem sagen, das bei einer derzeitigen "Nullzinsphase" wohl kaum mehr als 1-2% Zinsen im Maximalfall zu erwarten sein werden. Das Geld ist übrigens niemals weg oder verloren, es ist nur wo anderst!
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