
Hinten in der großen Festhalle ist kaum zu verstehen, was vorne zu den Richtern gesagt wird. Dabei ist im laufenden Verfahren der Wirtschaftsstrafkammer ein Wort der "Entschuldigung" wohl das einzige, worauf die geschädigten Investoren hoffen dürfen. Vier Vermögensberater sitzen im Prozess um die angebliche "Kongo-Connection" in Würzburg auf der Anklagebank - pandemiebedingt und angesichts der vielen Beteiligten nicht am Justizzentrum selbst, sondern im 24o Quadratmeter großen Saal von Gut Wöllried am Stadtrand.
Luftnummern mit mächtigen Politikern
Die angeblichen guten "Drähte" der vier Angeklagten zu Kongos Ex-Präsident Joseph Kabila gab es wohl genauso wenig wie Verbindungen zur Familie des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. In ihrem Geständnis offenbarten die vier mutmaßlichen Hochstapler, dass sie durch ihre Luftnummern - die vermeintliche Investition von Anlegern in Entwicklungshilfe-Projekte - nur ihr eigenes Luxusleben finanzierten.
Bombendrohung verhinderte Versteigerung
Der Prozess des Würzburger Landgerichts findet indes große Aufmerksamkeit, die bis nach Norddeutschland reicht. Einer der Angeklagten ist bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er soll im Jahr 2010, als dort sein Elternhaus versteigert wurde, einen Freund zu einer telefonischen Bombendrohung gegen das Landgericht Mosbach angestiftet haben. Die Versteigerung musste abgebrochen werden, der jetzt erneut Angeklagte wurde später überführt.
Hauptangeklagter hatte sich als Sponsor Anerkennung erkauft
Der Hauptangeklagte der Würzburger "Kongo-Prozesses" hat offenbar eine illustre Vergangenheit und ist in Norddeutschland in der Sportszene bekannt. Mit Geld seiner Anleger soll sich der prominente Vermögensberater Ansehen als Präsident und Hauptsponsor des Handball-Zweitligisten WHV Wilhelmshaven erkauft haben. Seine Verhaftung und die Durchsuchung der Geschäftsstelle des niedersächsischem Vereins im vergangenen Herbst schlug dort hohe Wellen. Der Verein, ein Konkurrent der Rimparer Wölfe, hatte sich mit den Millionen des Mäzens einen teuren Kader geleistet.
Nach der Verhaftung des Geschäftsführers rutschte die WHV Sportmarketing GmbH in die Pleite, berichtet die Wilhelmshavener Zeitung. Sportler wanderten zu anderen Vereinen ab. Der Zeitung zufolge war in Wilhelmshaven auch gehofft worden, dass der vermeintlich finanzkräftige Sponsor der Stadt auch bei der Sanierung eines maroden Bades helfen würde. Die Würzburger Anklage entzauberte nun den vermeintlichen Finanzjongleur, der auf seiner Facebook-Seite noch vollmundig versichert: "Reichtum ist viel, Zufriedenheit ist mehr, Gesundheit ist alles".
Kontakte als Bankberater genutzt, 100 Prozent Zinsen versprochen
Vor der Wirtschaftsstrafkammer hat er nun gestanden, Kontakte aus seiner früheren Tätigkeit als Berater bei der Ärzte- und Apothekerbank missbraucht zu haben. Vermögende Kunde überredete er, in Entwicklungshilfe-Projekte seiner Partner zu investieren. "Tatsächlich verfügten die Angeklagten aber zu keinem Zeitpunkt über marktreife Konzepte für die Projekte", hieß es jetzt im Prozess.
Dem wortgewandten Verkäufer soll es gelungen sein, rund 40 Kunden in die Projekte zu locken - mit nachgemachten Prospekten, gefälschten Unterschriften und aberwitzigen Zinsversprechen: Als für sein Schneeballsystem das Geld knapp wurde, präsentierte er einen Finanzierungsplan, der den Kunden bei zwölf Monaten Laufzeit 100 Prozent Zinsen versprach.
Ermittler kamen dem Netzwerk nach einer ersten Verhaftung auf die Spur
Allein damit soll er zehn Anlegern knapp eine Million Euro abgeknöpft haben. Geld, von dem offenbar die vier Angeklagten lebten. Als der mutmaßliche Betrug funktionierte, boten die Partner sogar 175 und 200 Prozent Zinsen – und weitere Kunden glaubten ihnen. Nachdem 2019 einer der vier Berater, der in Unterfranken sein Geschäft betrieben hatte, verhaftet worden war, wurde den Ermittlern der Kriminalpolizei Aschaffenburg klar: Er war Teil eines Netzwerkes, bei dem mutmaßliche Anlagebetrüger Hand in Hand gearbeitet hatten. Der hauptverdächtige Geschäftsführer des Handball-Zweitligisten aus Wilhelmshaven kam ein Jahr später in U-Haft.
Das Würzburger Gericht lockte bei Prozessbeginn für Geständnisse der Angeklagten mit milderen Strafen und einem kurzen Verfahren: Die vier müssen mit Haftstrafen zwischen knapp drei und bis zu sieben Jahren rechnen. Das Urteil soll Anfang Juli fallen.