Bei einer Messerattacke auf Passanten am Würzburger Barbarossaplatz hat ein Mann am Freitagabend gegen 17 Uhr drei Menschen getötet und zehn weitere schwer verletzt. Polizeibeamte nahmen den mutmaßlichen Täter fest, nachdem sie ihn angeschossen hatten. Der Verdächtige sei verletzt worden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr.
Die am Freitagnachmittag meist stark belebte Innenstadt wurde von der Polizei zunächst großräumig abgesperrt. Gegen 19 Uhr folgte die offizielle Bestätigung der Beamten, dass es keinerlei Hinweise auf einen zweiten Tatbeteiligten gebe und keine Gefahr für die Bevölkerung mehr bestehe.
Kleiner Junge unter den Opfern
Zur Identität der Toten und Verletzten konnte die Polizei zunächst wenig sagen. Überwiegend seien die Opfer Frauen gewesen, der Täter habe sie wohl wahllos ausgesucht, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann am Abend auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Würzburg. Unter den Schwerverletzten ist ein kleiner Junge. Eines seiner Elternteile ist laut Herrmann unter den Toten.
Bei dem Täter soll es sich nach Polizeiangaben um einen 24-jähriger Somalier handeln, der in Würzburg lebt. Laut dem Innenminister war er psychisch auffällig und hatte sich vor etwa zwei Wochen in Behandlung begeben. Bei seiner Tat soll er „Allahu Akbar“ gerufen haben, ein islamistisches Motiv könnte der Tat zu Grunde liegen, so Herrmann. Beamte hätten den Mann mit einem „glatten Durchschuss“ niedergestreckt, sagte Innenstaatssekretär Gerhard Eck, der Herrmann nach Würzburg begleitete.
Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt zeigte sich in einer ersten Stellungnahme „tief erschüttert“ darüber, „dass so ein Gewaltverbrechen über unsere Stadt hereingebrochen ist“. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote zu beklagen haben und um ihre schwer verletzten Angehörigen bangen. Die für den Abend in der Stadt geplante Veranstaltung im Rahmen des Christopher Street Days eröffnete Schuchardt mit einer Schweigeminute. Das Programm sei angesichts der Lage „adäquat abgeändert worden“.
Der Oberbürgermeister würdigte in seiner Stellungnahme auch die „Zivilcourage einzelner Bürger“, die sich dem Attentäter entgegengestellt haben. Videos, die im Internet kursieren, zeigen, wie Passanten mit Taschen und Stühlen in der Hand auf den mit einem Messer bewaffneten Täter zugehen, um weitere Angriffe zu verhindern.
Augenzeugin schildert Geschehen
Eine 33-jährige Augenzeugin, die in einem Geschäft nahe des Tatorts arbeitet, berichtete, dass sie gegen 17 Uhr plötzlich Schreie gehört habe. Sie habe nachgesehen und mitbekommen, wie eine Kollegin aus dem Nachbargeschäft von dem Täter niedergestochen wurde. „Überall war Blut, es lagen mehrere Menschen am Boden.“ Passanten seien mit Stöcken, Stühlen „und sogar einer Leiter“ hinter dem Täter hergerannt, um ihn aufzuhalten. „Es war schockierend, aber in dem Moment funktioniert man einfach nur“, beschreibt sie die Lage.
Sie habe versucht zu helfen und die Sanitäter zu den Verletzten zu lotsen, berichtet die Zeugin weiter. Später sei sie von der Polizei im nahegelegenen Restaurant „Habaneros“ befragt worden. Auch Seelsorger seien vor Ort gewesen. Ein weiterer Augenzeuge berichtet mit Tränen in den Augen, dass er selbst gesehen habe, wie der Täter eine Person niedergestochen hat. Kurz darauf habe er einen Schuss gehört.
Über Twitter meldete sich am Abend Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident nannte die Nachrichten aus Würzburg entsetzlich und schockierend . „Wir trauern mit den Opfern und ihren Familien“, schrieb Söder und fügte hinzu: „Wir bangen und hoffen mit den Verletzten.“ Zudem dankte er Zeugen: „Ein großer Dank und Respekt für das beherzte Eingreifen vieler Bürger, die sich dem mutmaßlichen Angreifer entschlossen entgegenstellten. Und allen Rettungskräften für ihren Einsatz vor Ort.“
Derweil rief die Polizei die Bürger zur Zurückhaltung in den sozialen Netzwerken auf. „Bitte teilt keine Bilder oder Videos“, hieß es in einem Tweet. Und weiter: „Respektiert bitte die Privatsphäre der Opfer!“
Franz Jung, der katholische Bischof von Würzburg, zeigte sich ebenfalls „tief erschüttert“ über die „abscheuliche Gewalttat“. Im Gebet sei er mit den Opfern und deren Angehörigen verbunden. Außerdem dankte er Polizei und den Rettungskräften. Jung wörtlich: „Bitten wir Gott um Frieden in unserer Stadt Würzburg und in unserer Gesellschaft.“
Der Tatort liegt mitten in der Würzburger Innenstadt rund um den Barbarossaplatz. Der Platz ist Kreuzungspunkt belebter Geschäftsstraßen wie Juliuspromenade, Kaiser- und Theaterstraße. Am frühen Freitagabend sind dort zahlreiche Menschen unterwegs. Unter anderem liegen dort auch stark belebte Umsteigebahnhöfe für Straßenbahn und Busse.
Erinnerung an das Axt-Attentat 2016
Die Messerattacke am Freitag weckt Erinnerungen an das Axt-Attentat vor knapp fünf Jahren. Am 18. Juli 2016 waren bei einer Attacke in einer Regionalbahn bei Würzburg vier Menschen schwer verletzt worden. Ein 17-jähriger afghanischer Flüchtling hatte mit einer Axt und einem Messer in einem Regionalzug auf dem Weg nach Würzburg die Reisenden angegriffen. Anschließend flüchtete er zu Fuß, attackierte eine Spaziergängerin und wurde schließlich von Polizisten erschossen.
Der Einsatzleiter der Rettungsdienste, Uwe Kinstle, sagte: „Wir sind noch selbst ganz schockiert.“ Etwa 140 Rettungskräfte waren im Einsatz, nahezu das gleiche Team wie damals beim Axt-Attentat. Von den Erfahrungen damals habe man profitieren können.